Viele Kommunen unversichert: Große Lücken beim Schutz vor Naturgefahren

Sandsäcke sollen vor Überschwemmung schützen, Naturgefahren, Elementargefahren, GDV
Foto: Smarterpix / heiko119
Viele Rathäuser, Schulen oder Feuerwehrhäuser in Deutschland sind unzureichend gegen Naturgefahren wie Starkregen oder Überschwemmungen abgesichert.

Trotz zunehmender Extremwetterereignisse sind zahlreiche kommunale Gebäude in Deutschland nicht ausreichend gegen Naturgefahren versichert. Eine neue GDV-Studie zeigt, wie groß die kommunalen Versicherungslücken tatsächlich sind und warum sich viele Kommunen auf staatliche Hilfe verlassen.

Viele Rathäuser, Schulen oder Feuerwehrhäuser in Deutschland sind unzureichend gegen Naturgefahren wie Starkregen oder Überschwemmungen abgesichert. Das ergab eine aktuelle Untersuchung der Universität Hohenheim im Auftrag des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Forscher warnen: Fehlt der Versicherungsschutz, kann das weitreichende Folgen für das öffentliche Leben haben. „Fallen Rathäuser, Kindergärten oder Feuerwehrhäuser aufgrund des fehlenden Versicherungsschutzes lange aus oder können nur unzureichend wiederaufgebaut werden, trifft das alle Bürgerinnen und Bürger in der Kommune“, sagt GDV-Hauptgeschäftsführer Jörg Asmussen.

Große Unterschiede zwischen den Bundesländern

Für die Studie wurden Gemeinden in Baden-Württemberg, Hessen und Thüringen befragt. Während in Baden-Württemberg rund 70 Prozent der Kommunen eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen haben, sind es in Thüringen nur 55 Prozent und in Hessen sogar lediglich 50 Prozent. Die vergleichsweise hohe Absicherungsquote im Südwesten lässt sich laut den Autoren auf die frühere Versicherungspflicht in Baden-Württemberg zurückführen. Auch private Wohngebäude sind dort deutlich besser geschützt: 94 Prozent der Häuser sind gegen Elementarschäden versichert, bundesweit liegt die Quote bei nur 57 Prozent.

Neben der Versicherungsdichte interessierte die Wissenschaftler, ob Kommunen im Schadensfall auf Unterstützung von Bund oder Ländern setzen. „In Hessen haben 31 Prozent der antwortenden Kommunen angegeben, unversicherte Schäden durch Zahlungen von Land oder Bund finanzieren zu wollen“, erklärt Prof. Dr. Jörg Schiller von der Universität Hohenheim. „In Baden-Württemberg gaben das 48 Prozent an, in Thüringen sogar 60 Prozent.“ Laut Schiller ist diese Erwartung jedoch trügerisch, da staatliche Hilfe nur bei größeren Naturkatastrophen zu erwarten sei.

Fehlendes Bewusstsein für Risiken

Trotz steigender Gefahren durch den Klimawandel führt selbst eine schnelle Schadenregulierung oder Beratung durch Versicherer in vielen Gemeinden nicht zu einer höheren Versicherungsbereitschaft. „Die Studie zeigt exemplarisch die Versorgungslücke, die wir in Deutschland hinsichtlich Naturgefahren haben“, betont Asmussen. „Zu wenige Gebäude – private wie kommunale – sind gegen Elementarschäden versichert. Es fehlt an Bewusstsein, wie sehr das eigene Wohnhaus oder die örtliche Schule durch Überschwemmungen gefährdet sein könnten.“

Zur Einschätzung der individuellen Risikosituation verweist der GDV auf den kostenlosen Hochwasser-Check, der adressgenau über potenzielle Gefährdungen informiert.

Prävention statt Reaktion

Doch Asmussen warnt, dass Versicherungsschutz allein nicht genügt. „Wir brauchen in Deutschland ein umfassendes Gesamtkonzept, das den Fokus auf Prävention und Klimafolgenanpassungen legt“, sagt er. Dazu gehörten verbindliche Vorgaben für risikobewusstes Planen und Bauen, wie etwa Bauverbote in Überschwemmungsgebieten, ein bundesweiter Naturgefahrenausweis sowie eine verpflichtende Gefährdungsbeurteilung bei Baugenehmigungen. „Die besten Schäden sind die, die gar nicht erst entstehen“, so Asmussen.

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