Cash. EXTRA Immobilien & Sachwertanlagen: Vom Fluch und Segen der Inflation

Foto: PantherMedia / bluebay2014

Aus vier Segmenten der Sachwertbranche stammen die Teilnehmer des digitalen Roundtables im Rahmen des Cash. EXTRA Immobilien & Sachwertanlagen: Deutsche Bestands-Wohnimmobilien, Pflegeapartments, Private Equity sowie Erneuerbare Energie, speziell Photovoltaik. Die Ausgangslage.

Die Teilnehmer decken einen großen Teil des aktuellen Spektrums von Immobilien- und Sachwertanlagen ab. So ist Dr. Thomas Peters Geschäftsführer der Alpha Ordinatum GmbH, der Kapitalverwaltungsgesellschaft der Primus Valor Gruppe. Sie ist auf deutsche Bestands-Wohnimmobilien spezialisiert, wertet diese durch Renovierung/Sanierung und energetische Modernisierung sowie durch die Optimierung des Gebäude- und Mietmanagements auf. Den Fonds ImmoChance Deutschland 11 Renovation Plus hat Primus Valor Ende 2022 mit einem finalen Eigenkapitalvolumen von 118 Millionen Euro geschlossen. Ein Nachfolgefonds ist in Vorbereitung. Er soll die Anforderungen von Artikel 8 der EU-Offenlegungsverordnung erfüllen, also die entsprechenden Vorschriften zur Nachhaltigkeit berücksichtigen. 

Ebenfalls auf deutsche Immobilien, wenn auch auf ein anderes Segment, ist Sandro Pawils, Geschäftsführer und CSO der Carestone Group GmbH, fokussiert. Das Unternehmen plant, baut und vermarktet Seniorenwohn- und Pflegeimmobilien als Kapitalanlage. Dies erfolgt im Teileigentum, also durch den Verkauf einzelner Pflegeapartments. Carestone ist aus zwei vormals inhabergeführten Unternehmen hervorgegangen, verfügt damit über eine Historie von 25 Jahren und ist nach eigenen Angaben in Deutschland der führende Entwickler und Realisierer im Bereich der real geteilten Pflegeimmobilien. 

International aktiv hingegen ist Thorsten Eitle, Geschäftsführer, CSO und (Mit-)Gründer der Hep-Gruppe. Das Unternehmen ist auf Solarprojekte weltweit spezialisiert, zuletzt hauptsächlich in Nordamerika und Japan. Mit dem neuesten Fonds plant Hep aber auch wieder Investitionen in Europa, speziell Deutschland. Der HEP – Solar Green Energy Impact Fund 1, den das Unternehmen Ende 2022 auf den Markt gebracht hat, investiert international in Photovoltaikprojekte und ist ein „Impact Fonds“. Er berücksichtigt Artikel 9 der EU-Offenlegungsverordnung sowie die EU-Taxonomieverordnung und damit die höchsten Nachhaltigkeitsanforderungen.

Ebenfalls global ausgerichtet ist Nico Auel, Geschäftsführer der RWB Partners GmbH. Die RWB Gruppe legt seit fast 25 Jahren Private-Equity-Dachfonds für Privatanleger auf, die über Beteiligungen an einer Vielzahl von Zielfonds international breit gestreut in nicht-börsennotierte Unternehmen investieren. Seit 1999 hat RWB demnach mittelbar in über 3.900 Zielunternehmen aus über 50 Ländern investiert. Anfang des Jahres ist der RWB Direct Return 5 in den Vertrieb gegangen, der das Kapital (plus Gewinne) relativ zügig nach nur einer Investitionsrunde zurückzahlen soll. Daneben ist der RWB International 8 in der Platzierung, der monatliche Ratenzahlungen der Anleger zulässt und auch die Re-Investition von Rückflüssen vornimmt.

So unterschiedlich die Branchen und Konzepte, so gleichartig sind die Herausforderungen durch das allgemeine Umfeld, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Auf der Marktseite wirbeln neben den Energie- und generellen Kostenerhöhungen sowie Material-Engpässen insbesondere die steil gestiegenen Zinsen die Branche ordentlich durcheinander. So hat die Europäische Zentralbank (EZB) den Leitzins ab Mitte 2022 in schnellen und großen Schritten erhöht, um der hohen Inflationsrate, die zeitweise auf über zehn Prozent geschnellt war, zu begegnen. Immobilien sind hiervon im Besonderen betroffen, weil fast alle Objekte fremdfinanziert sind und die höheren Zinsen zum einen die Bauzeit-Finanzierungen verteuern, zum anderen den Spielraum der Käufer verringern beziehungsweise deren laufende Kapitalkosten signifikant erhöhen. Zudem steigen die Rendite-Anforderungen von Kapitalanlegern, da Alternativanlagen wieder positive Zinsen bieten.

So bröckeln in vielen Segmenten des Immobilienmarkts nach dem langen Boom die Preise, wodurch sich wiederum entsprechende Einstiegsmöglichkeiten ergeben können. Der Wohnungsneubau in Deutschland ist 2022 zudem eingebrochen. Endgültige Zahlen liegen noch nicht vor; die Schätzungen der Verbände liegen lediglich zwischen 250.000 und 290.000 fertiggestellten Wohnungen in 2022 – weit weniger als die 400.000 neuen Wohnungen jährlich, die von der Bundesregierung angepeilt und für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt als notwendig erachtet werden.

2023 werden es wohl noch einmal deutlich weniger neue Wohnungen werden. Darauf jedenfalls lassen die ersten Zahlen des laufenden Jahres schließen. Laut Statistischem Bundesamt wurden im Januar 21.900 Wohnungen in Deutschland genehmigt, 26 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Auch fiel der Geschäftserwartungsindex, den das Münchener Ifo-Institut für die Wohnungsbau-Branche errechnet hat, im Februar auf den niedrigsten Wert seit Beginn der Erhebung im Jahr 1991. Und: 14,3 Prozent der von Ifo befragten Unternehmen berichten demnach davon, dass Aufträge storniert werden. 

Wohnraum bleibt also knapp, und wegen der gestiegenen Zinsen können sich weniger Menschen Eigentum leisten. So steigt der Druck auf dem Mietmarkt. „Wir merken jetzt, dass die Nachfrage von Mietern wächst und wächst“, bestätigt Thomas Peters. So zeichnet sich ab, dass die Mieten weiter kräftig steigen werden. Dazu trägt auch die hohe Inflation bei. Sie führt zu hohen Gehaltsforderungen beziehungsweise -abschlüssen in den aktuellen Tarifverhandlungen. Diese wiederum müssen die Unternehmen durch höhere Preise für ihre Produkte und Dienstleistungen wieder hereinholen, was erneut Inflation und dann Gehaltsforderungen auslöst: die gefürchtete „Lohn-Preis-Spirale“. Die EZB wird wohl mit weiterhin hohen oder noch steigenden Zinsen versuchen, den Teufelskreis zu durchbrechen – eigentlich Gift für den Immobilienmarkt und die Wirtschaft generell.

Auf der anderen Seite treffen spürbar höhere (Nominal-) Einkommen auf ein weiterhin eingeschränktes Wohnungsangebot. Die absehbare Folge: Über kurz oder lang werden auch die Kaufpreise für Immobilien wieder steigen, selbst wenn zumindest in einigen Regionen oder bei bestimmten Objekttypen zunächst ein Preisknick zu erwarten ist. Die hohe Inflation kann für Eigentümer sowie für die generelle Stabilität des Marktes (einschließlich des Bankensystems) insofern auch ein Segen sein, zumal sie den realen Wert von Schulden verringert, also auch von Hypothekendarlehen.

In den USA, deren Konjunkturzyklus Europa um einige Monate voraus ist, zeichnet sich eine solche Trendwende bereits ab. Dort stiegen im Februar 2023 sowohl die neu begonnenen Bauten als auch die Baugenehmigungen an und lagen deutlich über den Erwartungen. Auch ein weiterer Frühindikator ist im Februar überraschend weiter gestiegen: Die Zahl der noch nicht ganz abgeschlossenen Hausverkäufe legte im Monatsvergleich zum dritten Mal in Folge zu, wie die Maklervereinigung National Association of Realtors (NAR) mitteilte. „Nach fast einem Jahr geht die Schrumpfung des Immobiliensektors dem Ende zu“, kommentierte NAR-Chefökonom Lawrence Yun.

Davon ist Deutschland noch entfernt. So klafft auch bei Pflegeimmobilien eine riesige Lücke. „Es gibt einen Bedarf von mindestens 400 Neubauhäusern pro Jahr, es werden aber nur etwa 200 Häuser fertiggestellt“, berichtet Sandro Pawils. Die Kluft wird schon seit Längerem kontinuierlich größer. Und die Zahl der Pflegebedürftigen wächst. Die Objekte werden damit knapp und wohl auch teuer bleiben.

Im Segment der Pflegeimmobilien verursacht die hohe Preissteigerungsrate indes eine spezielle Herausforderung für die Betreiber. Die Pacht ist in der Regel indexiert, also an die Inflationsrate geknüpft. Für die Eigentümer ist das eine feine Sache – solange der Pächter nicht in die Bredouille gerät. Denn die Betreiber der Einrichtungen können ihre Einnahmen nicht ohne weiteres an die Mieterhöhungen anpassen, da die Pflegesätze gesetzlich reguliert sind und mit den Pflegekassen verhandelt werden müssen. „Da ist schnelles Handeln der Politik notwendig“, so Pawils.

Ob Politiker immer auf der Höhe der Zeit sind, ist indes – jedenfalls auf lokaler Ebene – nicht sicher. So berichtet Thorsten Eitle vom Besuch bei den Fraktionen in einer deutschen Gemeinde, um ein Solarprojekt vorzustellen. „Von den 28 Gemeinderatsmitgliedern konnte niemand mit dem Begriff ESG etwas anfangen“, so Eitle, also mit dem Kürzel für die Nachhaltigkeits-Faktoren Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung). Insgesamt bestätigt Eitle für seine Branche jedoch, dass es in Deutschland grundsätzlich positive Tendenzen und es – nicht nur hierzulande – politischen Rückenwind für Erneuerbare Energien gibt. 

Für nicht gut gemacht hält er hingegen die Vorschriften zur Abfrage der ESG-Präferenzen der Kunden durch den Vertrieb. „Wieder einmal wurde eine gute Idee schlecht umgesetzt“, so Eitle. Auch Nico Auel hält die ESG-Vorschriften für „wenig praxistauglich“. Generell sei Bürokratie, speziell in Europa und in Deutschland, ein enormes Hemmnis, so Auel, der auch den „ideologisch motivierten Versuch, ein Provisionsverbot durchsetzen zu wollen“, scharf kritisiert. 

Von der Marktseite ist seine Zielbranche indes bislang gut durchgekommen. Private Equity habe sich insbesondere im Vergleich mit den Aktienmärkten in den letzten Jahren und Monaten äußerst stabil entwickelt, berichtet Auel. Doch lesen Sie selbst: Die gesamte Diskussion finden Sie auf den folgenden Seiten.

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