Wie mittelständische Unternehmen „Investor Ready“ werden

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Foto: Panthermedia / nndanko
Investoren investieren nicht in die Vergangenheit, sondern in das Potenzial der Zukunft.

Realismus versus Wunschdenken: Über die psychologische Balance in der Investorenansprache. Gastbeitrag von Nela Novakovic und Martina Lackner

Die Suche nach Investoren verlangt von Unternehmer:innen neben betriebswirtschaftlichem Wissen auch ein feines Gespür für psychologische Prozesse. Unternehmer:innen müssen eine inspirierende Vision vermitteln, die Mut und Zuversicht ausstrahlt, aber zugleich realistisch und glaubwürdig bleibt. Wunschdenken oder unrealistische Prognosen wirken abschreckend, weil sie Zweifel an der Kompetenz und Umsetzbarkeit wecken. Ein zu nüchterner, defensiver Ton kann hingegen das tatsächliche Potenzial eines Unternehmens unterschätzen und das Interesse der Investoren mindern.

Die Fähigkeit zur realistischen Selbsteinschätzung ist daher zentral: Unternehmer:innen sollten wissen, was sie tatsächlich leisten können, Risiken offen ansprechen und dabei eine überzeugende, positive Perspektive präsentieren. So entsteht die notwendige Vertrauensbasis für eine erfolgreiche Investorenansprache.


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Am Anfang jeder Kapitalsuche steht eine klare Vision: Wo möchte das Unternehmen in den kommenden drei bis fünf Jahren stehen? Investoren investieren nicht in die Vergangenheit, sondern in das Potenzial der Zukunft. Ein mittelständischer Hersteller von smarten Industriekomponenten, etwa vernetzten Ventilsteuerungen für die Prozessindustrie, formuliert sein Ziel so: „Wir wollen in fünf Jahren europäischer Technologieführer für intelligente Steuerungssysteme in der Prozessautomatisierung sein – mit einem Umsatz von über 30 Millionen Euro und einem Exportanteil von mehr als 50 Prozent. Der Markt befindet sich im Umbruch, und mit unserer skalierbaren Lösung für Industrie 4.0-Anwendungen sind wir bestens positioniert.“

Genauso muss die Vision die Frage beantworten, warum gerade jetzt der richtige Zeitpunkt für ein Investment ist. Was unterscheidet das Unternehmen von Wettbewerbern? Ein klarer, nachvollziehbarer Zukunftsentwurf schafft Orientierung – und verhindert, dass Unternehmer:innen sich in unübersichtlichen Detailplanungen verlieren.

Ein Finanzplan wie aus dem Wunschkonzert?

Vertrauen entsteht durch Transparenz und Realismus. Eine Finanzplanung über mindestens drei Jahre ist unerlässlich – idealerweise mit mehreren Szenarien, die Chancen und Risiken abbilden. Der Kapitalbedarf muss nachvollziehbar begründet werden. Ein Hersteller modularer Wärmepumpensysteme, der in den DACH-Raum expandieren möchte, kann aufzeigen, dass mit einem Wachstumskapital von drei Millionen Euro der Umsatz in drei Jahren um über 150 Prozent steigt und eine zweistellige EBITDA-Marge erzielt wird. Die Planung basiert auf validierten Aufträgen und realistischen Annahmen, nicht auf Wunschdenken.

Dies verdeutlicht, dass das Unternehmen nicht nur Träume verkauft, sondern auf fundierte Daten und nachvollziehbare Prognosen setzt – ein wesentliches Kriterium für Investoren. Solche Zahlen geben Investor:innen die nötige Sicherheit, um in das Wachstumspotenzial zu investieren.

Bevor die externen Finanzkennzahlen den Weg ebnen, ist es aber ebenso wichtig, dass auch interne Prozesse und Strukturen diesen Ambitionen gerecht werden. Die solide finanzielle Basis muss von einer ebenso robusten organisatorischen Vorbereitung begleitet werden, um bei der späteren Due Diligence keine Schwachstellen zu offenbaren. Nur so lässt sich ein durchgängig professioneller Eindruck vermitteln, der das Vertrauen der Investoren nachhaltig stärkt.

Wie interne Strukturen das Vertrauen entscheiden

Die Qualität der internen Organisation spiegelt sich in der Vorbereitung auf die Due Diligence wider. Ein aktualisierter Cap Table, saubere Verträge und dokumentierte Schutzrechte sind Voraussetzungen. Ein Kunststoffverarbeitungsunternehmen, das eine Series-A-Finanzierung über fünf Millionen Euro plant, hat seine Gesellschafterstruktur klar dokumentiert, einen ESOP-Pool für Mitarbeiterbeteiligungen eingerichtet und alle wichtigen Unterlagen in einem digitalen Datenraum organisiert. Dadurch kann es Investoren sofort und unkompliziert Zugang zu relevanten Dokumenten gewähren, was Vertrauen schafft und den Prozess beschleunigt.

Wie Unterlagen überzeugen – oder abschrecken

Das Pitch Deck muss die Geschichte des Unternehmens auf den Punkt bringen: Problem, Lösung, Marktpotenzial, Geschäftsmodell, Team, Zahlen und Kapitalbedarf. Ein professionelles und stimmiges Design unterstützt dabei die Glaubwürdigkeit und sorgt für Aufmerksamkeit. Auch mittelständische Unternehmen profitieren von klar strukturierten Präsentationen, die ihr Potenzial überzeugend darstellen.

Wenn der Investor nicht zum Unternehmen passt

Nicht jeder Investor passt zu jedem Unternehmen. Ein Hersteller nachhaltiger Reinigungstechnologien, der in den DACH-Raum expandiert, vermeidet Early-Stage-VCs, weil sein Geschäftsmodell kein klassisches Tech-Startup ist. Stattdessen sucht er strategische Partner mit Branchenkenntnis und langfristigem Engagement, die ihn bei der Internationalisierung unterstützen. Dieses bewusste Matching vermeidet spätere Konflikte und fördert eine produktive Zusammenarbeit.

Kommunikation ist kein Nebenschauplatz

Investoren investieren in Menschen, nicht nur in Zahlen. Ehrliche und transparente Kommunikation, auch bei Rückschlägen, ist entscheidend. Ein MedTech-Unternehmen in der Seed-Phase hält Investoren durch strukturierte Updates informiert und zeigt, wie das Team Herausforderungen lösungsorientiert meistert. So entsteht ein Vertrauensverhältnis, das über reine Zahlen hinausgeht.

Wie Sie Investorengespräche professionell führen

Eine gute Vorbereitung auf Vertragsverhandlungen ist essenziell. Wer die Inhalte von Term Sheets versteht, klare Ziele definiert und rechtliche Begleitung hat, kann Verhandlungen auf Augenhöhe führen. Ein Filtersystemhersteller, der eine Series-A-Finanzierung plant, kennt seine roten Linien und verhandelt strukturiert und fair – ohne böse Überraschungen.

Das Zusammenspiel aus klarer Strategie, solider Organisation und offener Kommunikation bildet die Grundlage, um „Investor Ready“ zu sein. Nur wer diese Balance aus Realismus und visionärem Denken meistert, schafft Vertrauen und legt den Grundstein für ein nachhaltiges „Beziehungsmanagement“ zwischen Unternehmen und Investoren und erhöht die Chancen auf ein finanziell tragfähiges Geschäftsmodell auf Wachstumskurs.

Nela Novakovic ist Expertin für Investoren- & Unternehmensstrategie. Martina Lackner ist Psychologin, Autorin und Inhaberin der PR-Agentur cross M.

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