Viele Makler erwarten heute digitale Tools, die Beratungs- und Abschlussprozesse vereinfachen. Wie unterstützt Domcura seine Partner in dieser zunehmend hybriden Beratungswelt?
Schumacher: Ein Teil unserer Unterstützung besteht in Tarifrechnern und umfassenden digitalen Informationen, die online abrufbar sind. Dazu kommt unsere individuelle telefonische Vertriebsuntersützung. In Zukunft wollen wir KI auch im Beratungsprozess stärker einsetzen. Denkbar sind Szenarien, in denen der Vermittler zusammen mit dem Kunden Fragen beantwortet und KI-gestützt ein passender Versicherungsvorschlag erstellt wird – inklusive Hinweise auf Besonderheiten, Deckungslücken oder zusätzliche Absicherungsoptionen. Ich gehe davon aus, dass wir solche Systeme innerhalb der nächsten zwölf bis 18 Monate dem Vertrieb zur Verfügung stellen werden.
Stichwort Vertrieb: Was sind derzeit die größten Chancen und Herausforderungen beim Verkauf von Hausrat- und Wohngebäudeversicherungen?
Schumacher: Ein zentrales Thema sind die stark steigenden Prämien im Wohngebäudebereich. Das stellt den Vertrieb vor die Herausforderung, Kunden diese Entwicklung transparent und nachvollziehbar zu erklären. Es geht darum, Wege aufzuzeigen, wie man möglicherweise sparen kann – aber eben an der richtigen Stelle. Beispielsweise durch eine Selbstbeteiligung, die einerseits die Prämie wirksam senkt, im Schadenfall aber dennoch tragbar bleibt. An dieser Stelle ist der Vertrieb besonders gefordert und kann echten Mehrwert leisten: nämlich dafür zu sorgen, dass der Kunde wirklich bedarfsgerecht abgesichert ist – und das nicht erst merkt, wenn der Schaden schon eingetreten ist.
Wir sitzen heute bei schönstem Wetter im Garten von Ehren und man konnte es in den vergangenen Wochen deutlich sehen: Der Klimawandel beeinflusst unser Wetter zunehmend. Vor dem Hintergrund: Das Thema Nachhaltigkeit prägt viele gesellschaftliche Debatten, und besonders auch die Versicherungsbranche. Domcura ist als Assekuradeur stark im Bereich Wohngebäude- und Hausratversicherung positioniert. Wie stellt ihr euch vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen auf?
Schumacher: Wir zählen zu den wenigen Versicherern, die in diesem Bereich bereits vor einigen Jahren vorgeprescht sind. Wir haben frühzeitig einen Nachhaltigkeitsbaustein in der Wohngebäudeversicherung eingeführt. Wer sich also nachhaltig versichern möchte, kann das bei uns tun. Damals waren wir unter den ersten zwei, drei Anbietern am Markt mit einem solchen Produkt. Rückblickend muss ich jedoch sagen: Man sieht – wie auch in anderen Bereichen der Gesellschaft –, dass das verbale Bekenntnis zu Nachhaltigkeit oft leichter fällt als die konkrete Entscheidung mit finanziellen Konsequenzen. Viele Menschen wollen durchaus nachhaltig leben und handeln, auch bei der Versicherung. Aber wenn es dann konkret wird – etwa bei einem Abschluss und es Alternativen gibt, die 20, 30 oder 50 Euro günstiger sind – dann rückt Nachhaltigkeit in der Entscheidung schnell in den Hintergrund.
Aber auch beim Vertrieb scheint das Thema aktuell nicht die allererste Wahl zu sein. Das hören wir zumindest immer wieder in Gesprächen.
Schumacher: Das sehe ich genauso. Natürlich können wir nachhaltige Produkte anbieten – und das tun wir. Aber es gibt viele Aspekte rund ums Wohnen oder rund um die Immobilie, die vielleicht sinnvoll wären zu fördern – nur ist nicht immer klar, ob ein Versicherer der richtige Anbieter dafür ist. Wenn man solche Leistungen über eine Police abbilden will, kommt zum Beispiel Versicherungssteuer obendrauf. Und es gibt andere regulatorische Hürden, die das erschweren. In den letzten Jahren haben wir eher Rückschritte erlebt. Denken wir an die sogenannten „Ökosysteme“, die vor fünf, sechs Jahren stark gehypt wurden – auch in der Versicherungswelt. Viele dieser Ansätze sind inzwischen wieder verschwunden oder wurden deutlich zurückgefahren.
Und man muss ja auch sagen: Nachhaltige Produkte im Markt zu finden, ist aktuell immer noch ziemlich schwierig. Analysehäuser wie Franke und Bornberg kritisieren das doch sehr überschaubare Angebot insbesondere in der Sachsparte.
Schumacher: Wobei ich hier gar nicht unbedingt von einem Henne-Ei-Problem sprechen würde. Unsere Erfahrung zeigt: Auch als das Thema vor drei bis fünf Jahren sehr stark in der Öffentlichkeit war, als Nachhaltigkeit überall diskutiert wurde und viele sagten: „Ich will so etwas abschließen“ – auch da zeigte sich: Wenn es zur konkreten Entscheidung kam, waren am Ende doch meist andere Faktoren entscheidend. Nachhaltigkeit war und ist für viele ein wichtiges Thema – aber beim tatsächlichen Kauf einer Police zählen häufig Preis und Leistungsumfang klassischer Kriterien mehr. Deshalb ist das Angebot aus Sicht der Versicherer auch zurückhaltend gewachsen.
Lass uns über dich sprechen. Das Jahr 2025 wird für dich zu einer Zäsur, weil du als Vorstandsvorsitzender bei Domcura zum Jahresende ausscheiden wirst. Was waren rückblickend die prägenden Stationen deiner Karriere?
Schumacher: Wenn ich ganz an den Anfang zurückgehe, hatte ich im Wesentlichen drei Stationen. Zunächst war ich rund achteinhalb Jahre beim damaligen Beratungsunternehmen – Mummert + Partner. Dort habe ich ausschließlich an Projekten in der Versicherungsbranche gearbeitet und die Branche erst richtig kennengelernt – mein Hintergrund lag ja in Informatik und Physik. Danach war ich 17 Jahre bei der Direct Line Versicherung – heute heißt sie Verti –, die ursprünglich als Allstate Direkt gegründet wurde. Ich war der erste deutsche Mitarbeiter und habe das Unternehmen von Grund auf mit aufgebaut. Als ich ging, waren wir rund 400 Mitarbeitende und hatten 800.000 versicherte Fahrzeuge. Die letzten 13 Jahre war ich bei der Domcura. Gleich zu Beginn stand die große Aufgabe, das gesamte Portfolio umzustellen. Dann kam Corona, gefolgt vom Ahrtal-Hochwasser – ein Ereignis, das uns als Wohngebäudeversicherer stark gefordert hat. Alles in allem eine sehr dichte Zeit mit spannenden Entwicklungen.
Wenn wir jetzt ein dreiviertel Jahr in die Zukunft blicken – was wirst du am meisten vermissen?
Schumacher: Ich glaube, am meisten die vielen Gespräche mit Geschäftspartnern. Klar, sie waren inhaltlich getrieben, aber da sind über die Jahre auch viele Beziehungen entstanden, die über das rein Geschäftliche hinausgingen. Viele dieser Menschen sind mir ans Herz gewachsen – man hat gute und schlechte Zeiten miteinander durchlebt, sich auch mal außerhalb des Büros getroffen. Solche Verbindungen werde ich sicherlich vermissen.
Du bist aktuell ja noch Vorstandsvorsitzender. Kann sich ein Uwe Schumacher wirklich zurückziehen?
Schumacher: Ob ich das kann, weiß ich selbst noch nicht genau – wahrscheinlich irgendwie schon. Die wichtigere Frage ist aber: Will ich das überhaupt? Und da lautet die Antwort ganz klar: Nein, noch nicht. Ich habe noch Pläne. Ich kann mir sehr gut vorstellen, der Branche über den 31. Dezember hinaus in irgendeiner Form verbunden zu bleiben.
Wir sitzen hier ja im Garten von Ehren im Hamburger Süden. Um uns herum, viel Natur. Du hast ja ein Haus in Hamburg-Wandsbek mit rund 1.000 Quadratmeter Garten. Bist Du ein leidenschaftlicher Gärtner?
Schumacher: Bedingt. Ich mähe gerne Rasen – das macht mir Spaß. Aber damit hat es sich eigentlich auch schon. Bäume pflanzen und Beete anlegen habe ich alles mal gemacht – vor 30 Jahren. Insofern kann ich zwar überall die Haken setzen, aber aktuell steht Gartenarbeit nicht oben auf meiner Liste.
Was sind denn dann deine Hobbys?
Schumacher: Ich leiste mir ein altes Auto – einen englischen Roadster, etwa 55 Jahre alt. Mit dem fahre ich gerne durch die Lande. Viel daran geschraubt wird allerdings nicht mehr – ich genieße vor allem das Fahren.
Ich erinnere mich, du warst mit dem Wagen mal bei uns in der Redaktion. Ein echtes Schmuckstück! Wo hast du den her?
Schumacher: Den habe ich von einem Investmentbanker aus Frankfurt. Der hatte eine kleine Sammlung mit sechs Fahrzeugen dieses Typs und hat sich von vier getrennt. Ich habe eines davon übernommen – und es nie bereut.
Gibt es noch andere Hobbys oder Dinge, für die du jetzt mehr Zeit hast?
Schumacher: Ich mag es, mit den Händen zu arbeiten und ein greifbares Ergebnis zu sehen. Früher habe ich Möbel gebaut, getischlert. Das habe ich seit rund 20 Jahren nicht mehr gemacht, aber ich könnte mir gut vorstellen, diese Leidenschaft wieder aufleben zu lassen.
Uwe, herzlichen Dank für dieses Gespräch. Und ich hoffe, wir sehen uns auf der Cash.Gala am 26. September auf dem Süllberg in Hamburg-Blankenese.
Schumacher: Ich gehe fest davon aus, dass ich dabei bin. Der Termin ist notiert, und ich freue mich wie jedes Jahr sehr darauf. Es ist eine tolle Location, ein schöner Anlass – und eine Gelegenheit, viele Weggefährten wiederzusehen. Gerade in diesem Jahr ist mir das besonders wichtig.
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