Nachfolgeplanung: „Sehr viele Schlitzohren unterwegs“

Cash.-Interview mit Andreas Grimm, Geschäftsführer des Resultate Instituts, über die Defizite vieler Makler in der Nachfolgeplanung, die Folgen eines privaten „Run-offs“ und die größten Fallstricke für Verkäufer und Käufer.

Andreas Grimm, Geschäftsführer des Resultate Instituts

Laut Maklerbarometer von Policen Direkt haben 85 Prozent der Versicherungsmakler ihre Nachfolge noch nicht geregelt, obwohl fast jeder Dritte plant, in den nächsten fünf Jahren in Ruhestand zu gehen. Wie kommt es, dass die Zahlen so dramatisch hoch sind?

Grimm: Ich sehe drei Gruppen von Maklern: Die erste Gruppe unterschätzt die Komplexität dieses Themas und den Zeitbedarf für eine vernünftige Vorbereitung total und geht viel zu blauäugig an das Ganze heran. Außerdem liegt der gefühlte Zeitpunkt der möglichen Übergabe noch weit in der Zukunft, was soll man sich damit jetzt schon belasten? Die zweite Gruppe verschließt konsequent die Augen. Da ist einerseits die Angst vor der Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit oder die Angst vor desillusionierenden Erkenntnissen, wenn eine Analyse ergeben könnte, dass das Unternehmen bei weitem nicht den Wert hat, den der Makler als Kaufpreis benötigen würde, um seinen Lebensabend sorgenfrei bestreiten zu können. Und nicht zuletzt treibt die Angst vor dem, was danach kommt, viele Makler dazu, das Thema zu ignorieren. Beide Gruppen haben das Problem, dass sie sich viel zu spät mit dem Thema auseinandersetzen. Meist liefert ein externer Impuls oder ein Schicksalsschlag den Anlass, dann doch anzufangen. Doch auf den „weißen Ritter“, der genau zu diesem Zeitpunkt um die Ecke kommt und ein traumhaftes Entgelt auf den Tisch legt, warten sie dann vergebens. Das sind dann oft die Kandidaten, die sich, ohne es tatsächlich kontrollieren zu können, auf die Marketing-Versprechen professioneller Bestandskäufer verlassen müssen, weil sie weder die Zeit haben, ihr Unternehmen noch zu optimieren oder sich auf eine Kandidatensuche zu machen, über die sie einen wirklich attraktiven Kaufpreis erzielen können. Und die dritte Gruppe entscheidet sich aufgrund vermeintlich gesunkener Bestandspreise für das Weitermachen, bis es nicht mehr geht oder ein Schicksalsschlag zum Aufhören zwingt. Dabei ist diese Entscheidung oft keine freiwillige, sondern finanzielle Not. Wenn Sie sehen, dass laut aktuellem Vermittlerbarometer des AfW der durchschnittliche Gewinn eines Maklerunternehmens bei 55.000 Euro liegt, können Sie vielleicht nachvollziehen, dass etliche Makler sich das Aufhören vor dem siebzigsten Geburtstag schlichtweg nicht leisten können. Natürlich gibt es auch Menschen, die aus Berufung weiterarbeiten, solange sie fit sind. Das ist voll und ganz in Ordnung. Die sollten allerdings darüber nachdenken, ob sie nicht irgendwann doch den Betrieb übergeben, sich allerdings in verantwortlicher Position weiter um ihre Kunden kümmern und dafür sogar noch vergütet werden.

13 Prozent der Befragten wollen den Ruhestand bewusst nicht regeln und ihren Bestand unbetreut einfach auslaufen lassen. Welche Folgen hat das für den Makler und seine Kunden?

Grimm: Die meisten Makler, die sich für ein solches Vorgehen entscheiden, machen dies im Glauben, dass sie für ihren Bestand keinen vernünftigen Preis mehr erhalten würden. Das ist aber absolut falsch. Makler lassen sich da viel zu leicht ins Bockshorn jagen. Ich rate jedem Makler, der sich für seinen privaten „Run off“ entscheidet, sich vorher seinen Maklervertrag einmal sehr genau durchzulesen, seine Vertriebsvereinbarung mit Produktgebern und Pools zu prüfen und auch noch einen Blick ins Gesetz zu werfen. Ein Makler hat vertragliche und gesetzliche Pflichten, die er erfüllen muss. Dafür bekommt er seine Vergütung und dafür haftet er bei sehr groben Verstößen in bestimmten Fällen auch mit seinem Privatvermögen. Dieses Risiko sollte er nicht unterschätzen. Wer sich für den privaten „Run off“ entscheidet, verstößt offensichtlich und vorsätzlich gegen seinen Maklervertrag und gegen seine sonstigen Verpflichtungen als Makler. Er verhält sich damit sogar noch illoyaler gegenüber seinen Kunden, als es die Versicherer tun, die ihre Bestände an „Run off“-Gesellschaften übertragen. Aber auch persönlich kann die Entscheidung fatal sein: Wir haben bei Resultate regelmäßig mit Angehörigen zu tun, die verzweifelt eine Lösung suchen, weil der Makler nichts geregelt hat und seinen Bestand einfach auslaufen lassen hat. Das kann soweit gehen, dass Haftungsrisiken aus dem Maklerbestand das Erbe kontaminieren und die Angehörigen ihre Erbschaft ausschlagen müssen.

Seite zwei: „Viele Verkäufer merken gar nicht, dass sie über den Tisch gezogen worden sind“

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