Weiterbildung: Keine strukturierte Planung

Foto: Going Public
Wolfgang Kuckertz, Vorstand der Going Public Akademie für Finanzberatung

Während des Corona-Lockdowns haben Aus- und Weiterbildungsinstitute an die Makler appelliert, die Zwangspause zu nutzen, um ihren gesetzlichen Weiterbildungsverpflichtungen nachzukommen. Doch nicht alle haben das getan, zum Jahresende steigt nun der Druck.

Während des Corona-Lockdowns haben Aus- und Weiterbildungsinstitute an die Makler appelliert, die Zwangspause zu nutzen, um ihren gesetzlichen Weiterbildungsverpflichtungen nachzukommen. Doch nicht alle haben das getan, zum Jahresende steigt nun der Druck.

Es war Mitte Juni, als die Deutsche Makler Akademie (DMA) nach dreimonatigem Corona-Lockdown bekanntgab, wieder einen Schritt in Richtung Normalität machen zu wollen: die Rückkehr zu Präsenzveranstaltungen. Ein Wagnis schon damals, als die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland immer weiter zurückging und eine drohende “zweite Welle” durch Reiserückkehrer und nachlassende Disziplin in der Bevölkerung noch als eher theoretische Gefahr angesehen wurde.

Seit Juli nun bietet die DMA, die seit ihrer Gründung im Jahr 2006 auf die Aus- und Weiterbildung von Maklern und Mehrfachagenten spezialisiert ist, wieder alle Präsenzveranstaltungen an, die wegen der Corona-Pandemie vorübergehend nur online durchgeführt werden konnten. Dabei setzt man auf ein Hygienekonzept, das gemeinsam mit der Deutschen Versicherungsakademie (DVA) ausgearbeitet wurde. Bereits am kontaktlosen Check-In werden Mund-Nasen-Bedeckungen sowie Hinweise zu den obligatorischen Verhaltens- und Hygieneregeln bereitgestellt, die einen Mindestabstand von 1,50 Metern für den gesamten Veranstaltungsort vorsehen.

Außerhalb des Seminarraums ist das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes Pflicht, zudem stehen Desinfektionsmittel in allen Bereichen des Veranstaltungsortes zur Verfügung. In den Seminarräumen werden die Tische mit Einzelbestuhlung mit dem vorgeschriebenen Abstand platziert, in den Räumen wird regelmäßig gelüftet. Um unnötiges Gedränge zu vermeiden, stehen in den Pausen erweiterte Räumlichkeiten mit separaten Ein- und Ausgängen zum gastronomischen Bereich bereit. Man garantiere außerdem für das regelmäßige Reinigen und Desinfizieren von Oberflächen stark frequentierter Bereiche, so der Veranstalter.

Man fährt zweigleisig

Das funktioniere gut, versichert DMA-Geschäftsführer Ronny Schröpfer, die ersten Veranstaltungen im Juli seien bereits wieder sehr gut besucht worden. “Viele Teilnehmer haben sich gefreut, sich wieder persönlich austauschen zu können. Unser Hygienekonzept wurde mit den Hotels und Durchführungsorten besprochen und reibungslos umgesetzt, das schafft Vertrauen bei den Teilnehmern”, so Schröpfer. Soweit also nicht eine “zweite Welle” zu einem erneuten bundesweiten Lockdown führt, findet die Aus- und Weiterbildung von Maklern und Mehrfachagenten (auch) wieder analog statt. Daneben stellt die DMA weiterhin über 120 Online-Seminare und über 170 Stunden Selbstlernprogramme zur Verfügung. Man fährt also zweigleisig, damit die Makler ihren Weiterbildungspflichten auch in Zeiten von Covid-19 nachkommen können.

Schon während des Lockdowns hatten Aus- und Weiterbildungsinstitute sowie Branchenverbände speziell an die Versicherungsvermittler appelliert, die corona-bedingte Zwangspause in der persönlichen Kundenbetreuung zu nutzen, um ihren Weiterbildungsverpflichtungen nachzukommen und das Pflichtsoll von mindestens 15 Stunden Weiterbildungszeit pro Jahr zu erfüllen, die seit Inkrafttreten der IDD-Richtlinie im Jahr 2018 gesetzlich vorgeschrieben sind. Bei manchem Makler scheint das gefruchtet zu haben: So verzeichnete die DMA laut Schröpfer in der Zeit von März bis Juni extrem hohe Zugriffsraten auf ihre hauseigene “eLearning @kademie” – noch nie sei so viele Bildungszeit in diesem Zeitraum des Jahres gesammelt worden. “Die Makler haben aus unserer Sicht die Zeit des Lockdowns optimal genutzt”, so Schröpfer.

Ein Lob, das möglicherweise zu pauschal ausfällt. Dr. Wolfgang Kuckertz, Vorstand der Going Public Akademie für Finanzberatung, ist jedenfalls zurückhaltender in seiner Einschätzung. “Es gab Vermittler und auch ganze Vertriebe, die bewusst in den letzten Monaten die Weiterbildungspflicht für das laufende Jahr erfüllt haben. Einige haben auch gezielt Lehrgänge absolviert, um Qualifikationen zu erhalten, die schon lange auf der Wunschliste standen. Da es aber auch Vermittler gab, die in der Corona-Phase einen Anstieg der Arbeit zu verzeichnen hatten, zum Teil sogar verbunden mit einem Geschäftsanstieg, ergab sich bei diesen Personen eher eine Verschiebung der Weiterbildung in die zweite Jahreshälfte”, sagt er. Andere wiederum warten laut Kuckertz auf das Wiederanlaufen von Präsenzveranstaltungen. Das Bild sei “extrem uneinheitlich”. Nicht alle Makler scheinen also die Zeit des Lockdowns optimal genutzt zu haben.

Das Verschieben der für eine fundierte Kundenbetreuung unabdingbaren Weiterbildung in die zweite Jahreshälfte ist allerdings kein reines “Corona-Phänomen”. Schon vor der Pandemie war es bei vielen Vermittlern üblich, Weiterbildungsverpflichtungen zu einem Großteil erst ab Mitte November zu absolvieren, wo sie dann mit dem anstehenden Jahresendgeschäft kollidieren. Man könnte das als Indiz dafür werten, dass Weiterbildung noch immer zu sehr als “notwendiges Übel” angesehen wird, das man bis auf den letzten möglichen Termin aufschiebt.

So möchte Kuckertz das aber nicht verstanden wissen: „Das liegt an dem klassischen Konflikt zwischen Aufgaben, die dringend sind und Aufgaben, die wichtig sind. Weiterbildung ist stets wichtig, wird aber erst zum Jahresende dringend. Andere Aufgaben wie Schadensmeldungen oder Kundenanfragen müssen ganzjährig ganz oben auf der To-do-Liste stehen und verdrängen damit andere Tätigkeiten aus dem kurzfristigen Fokus.“ Deshalb sei es gut, dass es Weiterbildung im letzten Quartal ebenfalls in den oberen Bereich der Aufgabenliste schafft und dann auch wirklich angegangen wird. “Insofern werten wir das nicht als ein Zeichen dafür, dass Weiterbildung den Vermittlern nicht wichtig wäre”, so Kuckertz. Womit er hoffentlich recht hat.

“Nur allzu menschlich”

Beim Petersmann Institut, einem Berater-Verbund aus dem hessischen Bensheim, sieht man noch einen weiteren Grund für die oft allzu späte Inangriffnahme der Weiterbildung: Es sei nur allzu menschlich, dass als unangenehm empfundene Themen aufgeschoben werden, erklärt Gründer und Geschäftsführer Hartmut Petersmann. “Der Branche sind ja ohnehin die Themen, die man früher als Jahresendgeschäft bezeichnet hat, ausgegangen. Es ist wohl eher so, dass die weniger strukturierten Kollegen erst gegen Jahresende aufwachen, um ihr Jahresergebnis zu retten”, sagt er.

Bei Muster-Marktteilnehmern erfolge eine strukturierte Planung aller Ziele und Erfordernisse pro Quartal – so auch bei der Weiterbildung. “Unseres Erachtens geht es also eher um das Strukturieren, was für eine gewisse Qualität spricht, als um das Aufschieben des notwendigen Übels.” Wobei sich trefflich darüber streiten lässt, ob die Tatsache, dass viele Vermittler offenbar keine strukturierte Planung vornehmen, tatsächlich die bessere Nachricht ist.

Den vollständigen Artikel lesen Sie in der Cash. Ausgabe 10/2020, die am 17. September erscheint.

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