Kommunikation auf Augenhöhe – wie geht das?

Foto: Verena Reinke
Mareike Fell

Kommunikation auf Augenhöhe – klingt da was bei Ihnen an? Dann lesen Sie unbedingt weiter! Die Fürstenberg-Kolumne mit Mareike Fell

Na? Wie geht es Ihnen? Wo erwische ich Sie gerade? Ich möchte Ihnen heute ein Phänomen aus meiner Beratung* vorstellen, wie es mir am Fürstenberg Institut immer wieder begegnet:

Auf Augenhöhe zu kommunizieren klingt eigentlich ganz einfach: Ich schreie mein Anliegen dem Gegenüber eben nicht ins Gesicht, sondern erkläre mich. UPS! Und schon in die Falle getappt. Anbei ein kleiner Leitfaden, wie Kommunikation auf Augenhöhe funktioniert und Kommunikation und Stimmung im Team verbessert werden können.

Frau F., 54 Jahre, ist seit sechs Jahren Geschäftsführerin eines größeren Unternehmens. Sie hat eine klare Idee davon, welche Kommunikationskultur sie sich wünscht, doch hier hakt es immer wieder. Auf Führungsebene herrscht zum Teil ein rauer Ton und Themen eskalieren, da sich einzelne Personen persönlich angegriffen fühlen. Genau wie bei Herrn T., 48 Jahre. Er ist Leiter eines Teams, in dem sich immer wieder Konflikte aufschaukeln, da eine Kommunikationskultur der Schuld und daraus abgeleitet der Verteidigung herrscht.

Das Thema einer Kommunikationskultur auf Augenhöhe, auch „gewaltfreie“ Kommunikation genannt, taucht immer wieder auf und ist doch mit ein wenig Struktur leicht zu lösen. Dabei gilt es, zunächst einmal zu verstehen, was „gewalttätige“ Kommunikation sein kann, wobei diese in der Regel nicht so gewollt ist, sondern aus einem Gefühl der Hilflosigkeit des Kommunizierenden, des Senders, erfolgt. Dieser hat zumeist keine anderen Strategien zur Hand, seinen Standpunkt oder seine Grenzen zu vermitteln.

So zeichnet sich eine „gewalttätige“ Kommunikation durch Drohung, Verurteilung, Erniedrigung, Pauschalisierungen, Verallgemeinerungen, Zuschreibungen und Bewertungen aus, was auf der anderen Seite zu Reaktanz und Widerstand führt. Auch Erklärungen sind oft nicht die Lösung, da sie meist davon gefärbt sind, das Gegenüber zu überzeugen – es soll bitte verstehen und einlenken. Das Gegenüber, der Empfänger, spürt, dass er nicht gleichwertig und auf Augenhöhe angesprochen wurde und geht in Verteidigung, Rechtfertigung und – um auf Augenhöhe zu kommen – oft auch in eine ähnliche Gesprächskultur.

Wie also dann? Ein einfacher Dreischritt kann die Situation schnell und einfach entspannen. Davon ausgehend, dass ein Konflikt dabei ist, zu eskalieren, kann eine der beteiligten Personen zunächst mal versuchen, die „Landkarte“ des Gegenübers zu verstehen und klar zu beschreiben. Dabei sollten mindestens drei Dinge benannt sein, zu denen es offensichtlich unterschiedliche Haltungen gibt, zu erkennen an einem „Ja, genau!“ des Gegenübers. Die andere Person fühlt sich in diesem Moment wahrgenommen und gesehen.

Im nächsten Schritt kann die erste Person ihre Grenze, ihr Nein, sichtbar machen mit einem schlichten „Ich sehe und verstehe Dich und trotzdem bin ich hier anderer Meinung“ und so ihren Standpunkt klar machen. Ab diesem Moment sind Personen und Sache getrennt und das Problem liegt „zwischen“ den Kommunizierenden. Aus dieser Position heraus kann es beiden sogar leid tun, dass hier keine Übereinstimmung vorliegt.

Der dritte und letzte Schritt besteht dann lediglich aus der Suche nach einer gemeinsamen Lösung, einem Kompromiss oder – wenn ein Konsens nicht möglich ist – aus der Gestaltung einer friedlichen Koexistenz der beiden Haltungen.

Auf diese Weise kann eine „gewaltfreie“ Kommunikation stattfinden, in der keine der Parteien in die Verteidigung gezwungen ist oder angreifen muss – die Augenhöhe bleibt trotz unterschiedlicher Standpunkte gewahrt.

Dieser einfache und klare Gesprächsstruktur kann die Kommunikation in Teams nicht nur leiten, sondern auch in Konfliktsituationen schnell und einfach entspannen.

Hier meine Tipps für eine Kommunikation auf Augenhöhe:

  • Sehen Sie Ihr Gegenüber, die Landkarte des anderen: Benennen Sie mindestens drei Dinge, die Ihr Gegenüber abnicken kann mit einem „Ja, genau!“
  • Im Weiteren wird die eigene Grenze sichtbar gemacht mit einem schlichten „Ich verstehe Dich und trotzdem: Das geht leider nicht“. Nun ist das Nein gesetzt, die Grenze gezogen.
  • Das Problem liegt jetzt „zwischen“ den kommunizierenden Personen. Es kann von beiden besehen werden, getrennt von der jeweils anderen Person. Zur dieser konkreten Sache können beide gemeinsam eine Lösung suchen.
  • Findet sich keine gemeinsame Lösung, ein Konsens, kann gemeinsam überlegt werden, unter welchen Bedingungen eine Koexistenz der Positionen möglich ist.

*Der Fall wurde mit dem Einverständnis der Betroffenen anonymisiert.

Autorin Mareike Fell ist systemischer Coach und Heilpraktikerin für Psychotherapie und ist als Beraterin und Trainerin in der externen Mitarbeiterberatung für das Fürstenberg Institut tätig. Internet: www.fuerstenberg-institut.de 

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