Wohl doch kein Provisionsrichtwert in der Lebensversicherung

Foto: Martina van Kann
Votum-Chef Martin Klein

Die Finanzaufsicht Bafin hat den Entwurf eines Merkblatts zu "wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukten" veröffentlicht – und damit nach Einschätzung von Votum-Vorstand Martin Klein die von ihr selbst initiierte Debatte um einen Provisionsrichtwert beendet. Nun herrsche Klarheit, dass die Bafin – entgegen ihrer ursprünglichen Ankündigung – keine Obergrenzen vorgibt, so Klein.

„Die Aufsicht betont, dass sie bei der Preis-Leistungs-Beurteilung von Produkten zukünftig noch stärker die Effektivkosten in den Mittelpunkt ihres risikobasierten Aufsichtsansatzes rückt. Dass sie dabei den Abschlusskosten weiterhin hohe Aufmerksamkeit schenken wird, war zu erwarten“, kommentiert Klein den Bafin-Entwurf in einer Pressemitteilung. Die Aufsicht laufe jedoch Gefahr, sich zu einseitig auf die Kostenseite von Produkten zu fokussieren.

Die Bafin will vor allem die Versicherer näher prüfen, bei denen die Effektivkosten der kapitalbildenden Lebensversicherungsprodukte im Branchenvergleich deutlich erhöht sind. Das sollen laut Entwurf die Unternehmen sein, deren Hauptverkaufsprodukte Effektivkosten oberhalb der 75-Prozent-Grenze der Branchenwerte aufweisen. Näher prüfen will die Bafin auch die Versicherungsunternehmen, die durch hohe Aufwendungen für Versicherungsvermittler auffallen. Dabei soll es vor allem um hohe Abschlussprovisionen gehen. Bei Bedarf will die Bafin ergänzende Kriterien heranziehen, etwa die Stornoquote oder Rückvergütungen an Vertriebspartner durch Fondsgesellschaften. Im Einzelfall sollen Versicherer auch aufgrund anderer Auffälligkeiten näher geprüft werden. Interessierte Unternehmen und Organisationen können sich nun bis Mitte Januar 2023 zu dem Entwurf äußern.

Die Bafin gehe weiterhin davon aus, dass es zwischen dem Interesse des Versicherungsvermittlers an einer auskömmlichen Provision und dem Interesse des Kunden, bestmöglich beraten zu werden, einen immanenten Widerspruch gibt, kritisiert Klein. Dies sei tatsächlich nicht der Fall. „Gerade die Bereitstellung angemessener Provisionszahlungen seitens der Versicherungsunternehmen ermöglicht es dem Vermittler, eine umfassende und die Belange des Kunden ganzheitlich berücksichtigende Beratung anzubieten. Ein signifikantes Reduzieren der Provisionssätze würde gerade nicht zu einem höheren Kundennutzen führen, da Berater in diesem Fall gezwungen wären, aus Gründen der Kosteneffizienz auf einen schnellen Abschluss zu drängen, welcher die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden nur oberflächlich berücksichtigen kann.“  


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