Anlegen, wenn Andere Angst haben

Wer erinnert sich noch an den Crash von 2008? – Was für eine Frage: wir alle natürlich. Und immer noch kauft heute kaum jemand ohne Bauchschmerzen Bankaktien. Zu sehr hat unser Vertrauen in den Bankensektor unter immer neuen Nachrichten über Insolvenzen, Bail-Outs und „too big to fail“ gelitten. Auch die jüngsten Stresstests europäischer Banken haben dazu beigetragen, das Thema präsent zu halten.

Gastbeitrag von Juan Nevado, M&G Investments

Anleger lassen sich nicht von ihrer auf Sicherheit bedachten Strategie abbringen. Das zeigt, wie tief die Angst sitzt.

Dramatische Verwerfungen wie diese bleiben den Anlegern lange im Gedächtnis. Kein Wunder, wenn man schmerzhafte Verluste wegstecken muss. Manche Assetklassen, Branchen oder Regionen erholen sich lange nicht von einem solchen Vertrauensverlust – Jahre oder sogar Jahrzehnte sind keine Seltenheit. Der Run auf die als sicherer Hafen wahrgenommenen Staatsanleihen ist dafür ein guter Indikator.

Anleger lassen sich nicht von ihrer auf Sicherheit bedachten Strategie abbringen, obwohl Staatsanleihen guter Bonität kein attraktives Investment mehr darstellen. Das zeigt, wie tief die Angst sitzt.

Verunsicherung kann Chancen eröffnen

Im Forschungsgebiet der Behavioural Finance, der so genannten Verhaltensökonomie, nennt man diesen Mechanismus „Availability Bias“. Im Kern geht es um Folgendes: Wir halten ein Ereignis für umso wahrscheinlicher, je leichter wir uns daran erinnern. So wie eben den Crash von 2008. Das heißt, wir könnten das Risiko einer Wirtschaftskrise und neuerlicher Liquiditätsprobleme von Großbanken für größer halten, als es im Moment tatsächlich ist – nur weil uns die letzte Krise noch so plastisch vor Augen steht.

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Dieser Effekt wird häufig verstärkt durch ein Paradoxon. Viele Krisen lassen Probleme zu Tage treten, die tatsächlich schon lange zuvor angelegt waren, die aber lange Zeit keine oder nur wenige Marktbeobachter wahrgenommen hatten. In dem Zeitpunkt, in dem eine Krise sich ereignet, manifestieren sich diese Probleme zwar – sie werden aber durch den Ausbruch der Krise nicht gefährlicher als vorher.

Seite zwei: Sind Banken heute riskanter als vor 2008?

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