Brexit-Unsicherheit ist Gift für die Finanzmärkte

Streit ist vorprogrammiert

Zum einen möchte die Europäische Union Großbritannien sicherlich den Binnenmarkt behalten. Zum anderen muss Brüssel bei der Rosinenpickerei aber hart bleiben, da sonst andere Staaten ebenfalls einen Austritt planen könnten. Insbesondere Nettozahler wie Dänemark oder Niederlande könnten sich in einem solchen Szenario über wegfallende Mitgliedsbeiträge bei vollem Erhalt der Vorteile des EU-Binnenmarktes freuen. Würde Brüssel also schnell nachgeben, wäre der gesamte Staatenbund damit ernsthaft in Gefahr.

Deshalb droht auf den politischen Bühnen in Brüssel und London nun ein langer Verhandlungspoker. Die Absicht der Briten nicht sofort den Austritt zu beantragen, und das Drängen der übrigen Länder diesen Schritt schnell zu vollziehen, deuten auf extrem schwierige Verhandlungen hin. Das innenpolitische Chaos, welches das Vereinigte Königreich erfasst hat, lässt ebenfalls weitere Komplikationen befürchten.

Für die Finanzmärkte ist diese Ungewissheit extremes Gift. Schon in der Vergangenheit entschieden sich Investoren in ähnlichen Phasen eher dazu, risikobehaftete Anlagen zu verkaufen. Entsprechend gerieten die Börsen auch am Montag massiv unter Druck, als deutlich wurde, dass die Verhandlung schwierig und lang werden könnten. Aus wirtschaftlicher Sicht wäre ein Brexit im Falle eines Verbleibs im EU-Binnenmarkt durchaus zu verkraften. Allerdings müssen sich alle Akteure über die Konditionen einigen.

Die Kurse können davon laufen

An den internationalen Aktienmärkten dürfte es deshalb nur eine schnelle Erholung geben, wenn sich diese Einigung abzeichnet. Deshalb müssen Anleger die politische Entwicklung in den kommenden Tagen sehr genau beobachten. Auch überraschende Wendungen wie ein zweites Referendum sind möglich. Dieses forderte sogar ein britischer Minister zuletzt. Jetzt als Investor von der Seitenlinie den Aktienmarkt zu beobachten ist keinesfalls ungefährlich. Zeichnet sich eine politische Lösung ab, so dürfte der Dax wieder extrem schnell um 500 Punkte oder mehr steigen, wobei auf dem Frankfurter Börsenparkett mehr Ruhe einkehrt. Aktionäre die zu deutlich tieferen Kursen verkauft haben, hätten dann unnötig hohe Verluste realisiert.

Tim Rademacher ist leitender Redakteur im Bereich Investmentfonds bei Cash. und analysiert die Geschehnisse am Kapitalmarkt direkt vom Finanzplatz Frankfurt aus.

Foto: Cash.

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