Politisches Europa: Schicksal wie Sandburgen am Meer?

Europa steckt tief in der Krise, zunächst wirtschaftlich. Das seit dem Vertrag von Lissabon 2007 erzählte Märchen, wonach die EU die wachstumsstärkste Region der Welt werde, hat bislang kein Happy End gefunden. Die Eurozone stagniert vielmehr. Die Halver-Kolumne

Robert Halver, Baader Bank
Robert Halver, Baader Bank

„Hochkonjunktur“ gibt es nur bei Arbeitslosigkeit und Staatsverschuldung. Geradezu pathologisch ist die Einstellung vieler europäischer Politiker – auch in Deutschland – das Wettbewerbsprinzip ausgerechnet im Zeitalter der Globalisierung zu meiden wie Katzen das Wasser. Dagegen sind die Schwellenländer dabei, sich mit wirtschaftlichen Rosskuren am eigenen Schopf aus der Wachstumskrise zu ziehen. Auch der nach der US-Immobilienkrise hämische Blick von Brüssel Richtung Amerika ist längst als Bumerang zurückgekommen. Denn während in Villa-EU die Immobilien- und Staatschuldenkrise noch weggeputzt wird, wird in Villa-USA schon Aufschwung gefeiert.

Warum sollten sich eigentlich Menschen in Griechenland, Portugal, Spanien oder auch Frankreich für die europäische Idee erwärmen, wenn sie sie mit der Kälte von Arbeitslosigkeit, Steuererhöhungen und Rentenkürzungen verbinden?

Welchen Sinn macht eine Interessengemeinschaft wie die EU für ihre Bürger, die auf die epochalen Anforderungen Globalisierung und Digitalisierung nur mit lässiger Reformfeindlichkeit reagiert? Überall in Europa kennt man von Müttern und Vätern die Aussage „Du sollst es einmal besser haben als ich“. Aber die EU-Politik scheint diesem verständlichen Ansinnen immer mehr einen Riegel vorzuschieben. Würde man privat einem Verein angehören wollen, der viel Mitgliedsbeitrag kostet, aber für die eigenen Interessen wenig tut?

Die Griechenland-Rettung ist gescheitert

Der Politik geht es nur darum, die Vereine EU und Eurozone irgendwie zusammenzuhalten. Dabei schreckt sie auch vor Ausschaltung des gesunden Menschenverstands nicht zurück. Und sie vernachlässigt schluderhaft die Stabilitätskriterien von Maastricht, deren strikte Einhaltung damals zwar knallharte Bedingung für das Eingehen der Währungsunion war, aber deren Rechtsbeugung heute alternativlos ist. Das Gleiche gilt für die EZB, die die Politik der Deutschen Bundesbank fortsetzen sollte, heute aber längst in der Rolle des fröhlichen Mundschenks für Schulden fröhnende Finanzminister ist. Zugleich bezahlt sie beim Schuldengelage jeden Deckel und macht damit ihrem Spitznamen alle Ehre: Einer Zahlt Bestimmt! Soweit die politisch schöne Verpackung von EU und Eurozone mit geldpolitisch bunter Schleife.

Seite zwei: Griechenland hat keine Luft zum Atmen

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