Noch mehr geldpolitischer Dampf gegen neue Deflationssorgen

Deflation bedeutet einen anhaltenden Rückgang des Preisniveaus für Güter und Dienstleistungen. Wenn Unternehmen und Konsumenten ihre Portemonnaies zunageln, weil es morgen noch billiger wird, ist das Tor für Wirtschaftskrisen und soziale Probleme weit geöffnet. Die Halver-Kolumne

Robert Halver, Baader Bank

Nein, mit dieser schlimmsten aller Konjunkturgefahren haben wir es zurzeit nicht zu tun. Doch sind Politiker immer gut beraten, Deflation frühzeitig zu bekämpfen. Denn ist sie erst einmal da, klebt sie wie Kaugummi am Schuh. Leider vernachlässigt die aktuelle Politik diese Prävention sträflich.

Trumps Handelskriege und Drohungen sind ökonomische Massenvernichtungswaffen: Mit seiner unverhohlenen Sympathie für einen ungeordneten Brexit will er die EU handlungsunfähig machen.  Europäische Unternehmen werden sanktioniert, wenn sie nicht Trump-genehm investieren. Ohnehin, nicht in den USA gebaute deutsche Autos sind für ihn Pickel, die ausgedrückt werden müssen. Und bei China holt er den ganz großen Vorschlaghammer heraus.

Da die EU und China aufgrund ihrer Exportabhängigkeit mehr leiden als die USA, glaubt Trump, dass sie sich letztlich Gewalt beugen. Doch schon aus Gründen der Selbstachtung kann Peking – das sicher handelspolitischen Dreck am Stecken hat – nicht nach der Wirtschafts-Pfeife der USA tanzen.

Da Trump die hohe diplomatische Kunst fehlt und er China keine ehrenhaften Freiräume für Eingeständnisse gewährt, hat er sich selbst in eine Sackgasse begeben. Wenn er vor allem im anstehenden, vermutlich schmutzigsten US-Präsidentschaftswahlkampf aller Zeiten zur eigenen Gesichtswahrung all seine Handelsdrohungen umsetzt, wird die Weltwirtschaftsleistung 2020 laut Internationalem Währungsfonds um mindestens eine halbe Billion US-Dollar dezimiert. In der nächsten Quartalsberichterstattung werden verstärkte Gewinnwarnungen von US-Unternehmen beweisen, dass auch Amerika keine Wachstumsinsel ist. Läuft im Extremfall die Wirtschaftswelt auf die Zweiteilung in eine US-dominierte und chinesisch beherrschte Hemisphäre zu, würden die seit 1989 langwierig aufgebauten, hocheffizienten globalen Produktions-, Liefer- und Absatzketten reißen.

Da Europa nur mit Moral gewinnen will, hat es wirtschaftspolitisch schon verloren

Doch auch die EU glänzt nicht durch anti-deflationäre Wirtschaftspolitik. So betreibt z.B. Italien unverhohlen europäische Wehrkraftzersetzung. Und statt innovativer Wirtschaftspolitik scheint Brüssel bestrebt zu sein, aus Europa ein kollektives Industriemuseum zu machen. Und Deutschland? Die Stimmung in der GroKo ist so schlecht, dass jede Beerdigung im Rheinland lustiger ist. Wenn insofern selbst Deutschland keine heißen Reform-Eisen mehr anpackt, wird Europa langsam, aber sicher zu einem kollektiven Industriemuseum.

Lieber überbietet man sich mit Moralpredigten an Orten, wo einem der Applaus sicher ist. Mit populistischen Themen wie Mietpreisdeckeln und Enteignungen glaubt man allen Ernstes mehr Wohnraum zu schaffen. Damit werden Privatinvestoren aus Berlin vertrieben wie Unkraut durch Glyphosat. Welche sozialistischen Gemeinheiten drohen noch? Und dem Klimaschutz läuft man hinterher, ohne darüber nachzudenken, wie man ihn mit der Ökonomie versöhnen kann. Was machen wir eigentlich, wenn aufgrund von Umweltauflagen die Produktion aus Deutschland ins Ausland und die Arbeitsplätze gleich mit verlagert werden?

Seite zwei: Suche nach industriellen Alternativen

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