Hinter der Omikron-Wand lauert die Inflation

Foto: Fürst Fugger Privatbank
Norbert Frey, Fürst Fugger Privatbank: „Bis weit ins vierte Quartal 2021 herrschte die Meinung vor, dass der starke globale Preisanstieg eine Folge der Corona-Pandemie und der damit gestörten Lieferketten sei. So einfach ist es offensichtlich nicht.“

Es klingt zunächst paradox: Obwohl wir gerade mit Schwung gegen die Omikron-Wand laufen, rückt das Thema aus Sicht der Börsen in den Hintergrund. Es scheint so, als sei Licht am Ende des Pandemie-Tunnels erkennbar und die Anzahl der schweren Erkrankungsverläufe würde abnehmen.

Norbert Frey, Leiter Fondsmanagement der Fürst Fugger Privatbank, sieht stattdessen die Inflation in den Fokus rücken – und mit ihr die damit verbundenen geldpolitischen Implikationen. „Bis weit ins vierte Quartal 2021 herrschte die Meinung vor, dass der starke globale Preisanstieg eine Folge der Corona-Pandemie und der damit gestörten Lieferketten sei. So einfach ist es offensichtlich nicht.“ Dies beginne damit, dass die Notenbanken die Dauer der Inflationsphase unterschiedlich einschätzten. So spräche die Fed mittlerweile offen von vier Zinsanhebungen in diesem Jahr, während von der EZB keine Reaktion zu erwarten sei, um die Inflation zu dämpfen. „Wir rechnen damit, dass die Inflation auf hohem Niveau bleibt und die Marktzinsen stärker steigen könnten, als die Investoren es heute erwarteten“, meint Frey.

Dies würde für ihn dazu führen, dass die fundamentalen Bewertungen von Aktien stärker im Fokus der Investoren stünden: „Das steigende Zinsumfeld führt zu einer Neubewertung aller Geschäftsmodelle. Wir denken, dass das Jahr 2022 ein Jahr der Value-Aktien werden kann.“ In diesem Umfeld seien Banken, Energietitel aber auch Pharmatitel attraktiv. Letztgenannte Branche leide derzeit stark unter Gewinnmitnahmen, könnte aber Chancen bieten, so Norbert Frey: „Ausgelöst durch die Pandemie, könnte in der Pharmabranche ein neuer Innovationszyklus begonnen haben, der derzeit noch bei weitem nicht in den Kursen enthalten ist“.

Nach Einschätzung von Frey seien kurzfristig sich besser entwickelnde Aktienmärkte in Europa und Japan zu erwarten, während die amerikanischen Börsen aufgrund der höheren Bewertungen im Technologiesektor neutral zu gewichten seien. Der „Build-back-better“-Plan der Regierung Biden komme höchstens in einer deutlich reduzierten Form und alte Fiskalprogramme würden auslaufen.

Zusätzlich zur Straffung der Geldpolitik ist für Frey daher auch eine Bremswirkung seitens der Fiskalpolitik denkbar: „Es ist durchaus möglich, dass erstmals seit längerem die Wachstumsraten in den USA unter denen von Europa liegen.“ Aber auch in einem derartig veränderten Umfeld blieben die Rentenmärkte für den Privatanleger unattraktiv und Aktien seien für Norbert Frey vorzuziehen: „Die anziehende Volatilität bietet immer wieder Chancen für Investments an den Aktienmärkten.“

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