Brexit und Hedgefonds: Welche neuen Vorschriften die EU plant

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Großbritanniens Hauptstadt London: Sitz von Schroders Capital

„We are not amused!“ könnte man die europäische Sichtweise auf das Delegieren von Hedgefonds, Immobilien- und Beteiligungsfonds titulieren, die auf dem europäischen Festplatz aktiv sind, sich aber der Kontrolle durch die EU entziehen. Wesentliche Managementaufgaben werden in Drittstaaten ausgeübt, während beispielsweise eine Briefkastenfirma in der EU ansässig ist. Die neuen EU-Vorschriften sollen nun für eine eindeutige Rechtslage sorgen. Gastbeitrag von Dr. Simon G. Grieser und Dr. Anselm Reinertshofer, Reed Smith LLP

Am 25. November 2021 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Legislativvorschlag im Anschluss an die Überprüfung der Richtlinie über die Verwalter Alternativer Investmentfonds (AIFMD). Der Vorschlag konzentriert sich auf die Übertragung von Aufgaben, das Liquiditätsrisikomanagement, die aufsichtliche Berichterstattung, die Erbringung von Verwahr- und Depotdienstleistungen und die Kreditvergabe und beinhaltet beabsichtigte Änderungen der AIFMD, der Richtlinie über Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapiere (OGAW) und der Verordnung über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF).

Die Übertragung von Portfolio- und Risikomanagementfunktionen an Dritte war ein wesentlicher Bestandteil der Post-Brexit-Planung vieler im Vereinigten Königreich ansässiger Vermögensverwalter. Wie freizügig die diesbezüglichen Delegationsbestimmungen der AIFMD und der OGAW-Richtlinie sein sollten, ist seit einiger Zeit ein Streitpunkt in der Europäischen Union. Politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden in der EU sind zunehmend besorgt über die Aussicht, dass im Vereinigten Königreich ansässige Vermögensverwalter sich auf das Delegationsmodell verlassen, um in den Genuss der Vorteile des „EWR-Passporting“ zu kommen, während sie weiterhin den Löwenanteil ihrer Geschäfte vom Vereinigten Königreich aus betreiben.

Die EU-Regulierungsbehörden wollen daher sicherstellen, dass sie eine angemessene Aufsicht über Verwalter Alternativer Investmentfonds (AIFM) und OGAW-Verwalter haben, die ein Delegationsmodell anwenden.

In vielerlei Hinsicht untermauert der Vorschlag lediglich die bestehenden Verpflichtungen unter der AIFMD, die eine Übertragung in einem solchen Ausmaß verhindern, dass der AIFM zu einer Briefkastenfirma wird. Die verstärkte Überwachung von Übertragungsvereinbarungen wird jedoch natürlich zu einer genaueren Prüfung führen, was wiederum zu strengeren Regeln führen kann, da die ESMA versucht, die Ansätze der zuständigen nationalen Behörden (NCA) der Mitgliedstaaten zu harmonisieren und Aufsichtsarbitrage zu verhindern.

Angemessene personelle und technische Ressourcen

Der Vorschlag stellt klar, dass AIFM und OGAW-Verwalter über angemessene technische und personelle Ressourcen verfügen sollten, wenn sie eine Zulassung beantragen. Obwohl diese Anforderungen zunächst für den Fall gelten, wenn ein AIFM oder OGAW-Verwalter eine Zulassung beantragt, ist es nicht unwahrscheinlich, dass diejenigen, die bereits zugelassen sind, ebenfalls sicherstellen müssen, dass sie über angemessene personelle und technische Ressourcen im Sinne des Vorschlags verfügen.

Der Vorschlag sieht darüber hinaus vor, dass jeder AIFM und OGAW-Verwalter mindestens zwei Personen in Vollzeit beschäftigen oder zwei Personen beschäftigen muss, die nicht beim AIFM angestellt sind, aber dennoch verpflichtet sind, die Geschäfte des AIFM auf Vollzeitbasis zu führen, und die in der EU ansässig sind. Diese Personen, die die Geschäfte des AIFM tatsächlich führen, müssen zuverlässig sein und über ausreichende Erfahrung in Bezug auf die Anlagestrategien verfügen, die von den vom AIFM verwalteten AIF verfolgt werden.

Die Anforderung, dass mindestens zwei Personen beim AIFM angestellt oder beschäftigt sein müssen, ist keine gravierende Anforderung und untermauert lediglich die bestehende AIFMD-Anforderung, Funktionen nicht in einem solchen Ausmaß zu übertragen, dass der AIFM zu einer Briefkastenfirma wird. Dies ist jedoch nur eine Mindestanforderung und die NCAs können eine größere Mindestanzahl von Mitarbeitern festlegen, um eine angemessene Personalausstattung sicherzustellen.

Der Vorschlag wird nun dem EU-Gesetzgebungsverfahren unterzogen, bevor er angenommen und im Amtsblatt der EU veröffentlicht wird. Nach dem Inkrafttreten der Richtlinie haben die Mitgliedstaaten 24 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften in nationales Recht umzusetzen.

Simon G. Grieser ist Gründungspartner des Frankfurter Büros und Mitglied der Financial Industry Group der internationalen Wirtschafts- und Anwaltskanzlei Reed Smith LLP. Anselm Reinertshofer ist Rechtsanwalt und Associate im Münchener Büro von Reed Smith LLP und Mitglied der Financial Industry Group.

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