Klimapolitik: „Das Verfassungsgericht stellt Aufgaben, die schon erfüllt sind“

Foto: nitpicker/Shutterstock

Das Bundesverfassungsgericht hat der Politik eine gewaltige Ohrfeige verpasst: In der Klimapolitik zu kurz gedacht und zu wenig gemacht, lautet das Urteil. Dabei hätte es gar nicht so harsch ausfallen müssen. Die Branche der Erneuerbaren Energien etwa ist da bereits viel weiter: Die Projekte sind auf Jahrzehnte angelegt, zeigen langfristig den Weg auf, kommen mittlerweile ohne Subventionen aus und setzen die Karlsruher Ideen schon heute weitgehend um, sagt Markus W. Voigt, CEO der aream Group, einem Investment- und Asset-Manager mit Fokus auf nachhaltige Infrastruktur im Sektor Erneuerbare Energien.

Die Verfassungsrichter ärgerte, dass der Staat zwar ein Klimaziel für 2030 vorgibt, danach aber eher wolkig bleibt. Und das vor allem bei der Umsetzung. Die Frage steht also im Raum: Wie können junge Menschen sicher sein, dass nicht ein großer Teil der notwendigen Einsparungen bei ihnen anfällt und ihr Leben stärker als notwendig beeinträchtigt? Diese Angst ist real. Die konkrete Umsetzung der Klimaziele ähnelt einem Tilgungsplan für eine Anschaffung, bei der ein zukünftiger Lottogewinn sicher eingeplant wird. Das Verfassungsgericht hinterfragt nun die These vom Lottogewinn.

Fahren auf Sicht keine Option für Wirtschaft

Doch während die Politik auf diesen Lottogewinn setzt und erst einmal nur auf Sicht fährt, ist dieser Weg für die Wirtschaft unmöglich zu gehen. Die im Bereich Infrastruktur angeschobenen Projekte, von Solarparks und Windrädern über Speicher bis zu den Netzen sind alle auf die kommenden Jahrzehnte geplant und ausgerichtet. Nicht nur, weil Investoren nur dann Geld geben, wenn auch ein klarer Tilgungsplan zu sehen ist. Sondern auch, weil Unternehmen es gewohnt sind, in langen Zeiträumen zu denken. Die Branche ist also bereits da, wo das Verfassungsgericht die Politik gerne hätte.

BVG sieht Klimaziele nur durch Verzicht erreichbar

Interessant dabei, dass die Richter die Klimaziele nur durch Verzicht, durch Einschnitte erreichbar sehen. Dabei zeigt der Umbau der Stromwirtschaft, dass mehr und vielleicht besser bezahlte Jobs entstehen, neue Unternehmen gegründet und damit auch Lebensqualität und Einkommen geschaffen werden. Es ist also gar nicht klar, dass es den heute jungen Menschen schlechter geht, wenn sie die Klimaziele verstärkt schultern müssen. Aber das nur am Rande.

Climate-Tech-Start-ups wachsen rasant

Derzeit entwickelt sich mit atemberaubender Geschwindigkeit ein Ökosystem der Climate-Tech-Start-ups: Hard- und Software, Services und Künstliche Intelligenz bieten Arbeitsfelder, um die Leistungsfähigkeit der nachhaltigen Energieversorgung zu verbessern. Hier schlummert so viel Potenzial, dass die Erreichung der Klimaziele dadurch mit Sicherheit unterstützt wird. Eine Wirtschaft, die sich neu erfindet, ist wettbewerbsfähig und profitabel, Verzicht ist gar nicht angesagt.

Bereits langlaufende Verträge

Dazu kommen die bereits getätigten Investitionen in Anlagen und Dienste rund um die Erneuerbaren Energien. Manche Verträge laufen länger, als die Amtszeit jedes Verfassungsrichters bemessen sein wird – auf Jahrzehnte. Sie sind berechenbar, sie sind profitabel, sie liefern Rendite und sie bieten der Gesellschaft einen klaren Pfad raus aus der fossilen Verbrennungs-Hölle. Insofern sind die Vorgaben des Verfassungsgerichts von der Branche bereits erfüllt – jetzt muss die Politik nur noch nachziehen und eben auch für verlässliche Rahmendbedingungen für weitere Investitionen in diesem Sektor sorgen.

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