Weltklimakonferenz: Unternehmen müssen ehrgeiziger werden

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In fünf Tagen beginnt die Weltklimakonferenz 2021. Die Erwartungen sind groß! „COP 26“ soll ein transformatives Gipfeltreffen für den gesamten Planeten sein. Es werden wichtige Ankündigungen zu verschiedenen Themen erwartet.

Die folgenden Themenfelder stehen dabie im Fokus:

  • Länderspezifische Emissionsreduktionsziele für 2030, um sicherzustellen, dass die Länder auf dem richtigen Weg bleiben, um bis 2050 eine Netto-Null-Emission zu erreichen.
  • Politische Strategien und Maßnahmen, einschließlich der Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kohlenutzung, der Eindämmung der Abholzung, ein schnellerer Übergang zu Elektrofahrzeugen und der Förderung von Investitionen in erneuerbare Energien.
  • Weitere Entwicklungen zur Finanzierung des Übergangs zu einer kohlenstoffarmen Welt.

Welche Beschlüsse sollten dort gefällt werden? Wie können Unternehmen und Wirtschaft dazu beitragen, die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens zu erreichen? Und vor allem: Reichen die bisherigen Anstrengungen überhaupt aus, um diese Ziele zu erreichen, oder müssen sie verschärft werden – und wenn ja, wie? Die Experten von Federated Hermes geben in dieser Woche in einer mehrteiligen Informationsreihe Antworten auf diese Fragen. Federated Hermes ist ein globaler Investmentmanager mit einem verwalteten Vermögen von mehr als 553 Milliarden Euro und Pionier im Bereich des nachhaltigen Investierens. 

Den Auftakt der Informationsreihe bilden zwei Einschätzungen von Silvia Dall’Angelo – Senior Economist sowie von Bruce Duguid – Head of Engagement, EOS, im internationalen Geschäft bei Federated Hermes.

Silvia Dall’Angelo

Silvia Dall’Angelo fordert in ihrem Kommentar, dass „die fortgeschrittenen Volkswirtschaften sicherstellen müssen, dass die Schwellenländer über die Mittel verfügen, um ihre Entwicklungsziele innerhalb der ökologischen Grenzen zu erreichen.“ Zugleich sieht sie „reichlich Spielraum für positive Überraschungen“: 

„Die Messlatte für einen Erfolg der COP26 liegt hoch. Immer mehr Länder verpflichten sich, innerhalb der nächsten 30 bis 40 Jahre das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Wenn sie allerdings ihre derzeitigen Klimapläne gemeinsam verwirklichen, würde sich die Welt in diesem Jahrhundert um mehr als 3°C erwärmen (weit entfernt von den Pariser Zielen von 1,5 bis 2°C). Die großen Länder müssen ihre Zusagen verstärken und ihren Verpflichtungen konkrete Taten folgen lassen. 

Zu den Knackpunkten gehören die Rolle Chinas, das Fehlen einer glaubwürdigen Führungsrolle der USA und die Notwendigkeit, eine grüne Entwicklung in den Schwellenländern zu finanzieren. Die Diskrepanz zwischen den chinesischen Dekarbonisierungsplänen und den Pariser Zielen ist sehr groß. Der Kurs für die chinesischen Emissionen bedeutet, dass China allein mehr als 50 % des verbleibenden globalen Kohlenstoffbudgets für die Pariser Ziele verbrauchen würde.

Die abwartende Haltung der USA lässt kaum darauf schließen, dass sie eine glaubwürdige Führungsrolle im Kampf gegen den Klimawandel übernehmen werden. Die Zusage der USA, die Emissionen bis 2030 auf 50 % unter das Niveau von 2005 zu senken, scheint weit hergeholt. Große Ungewissheit herrscht über das Schicksal des mehrjährigen 3,5-Milliarden-Dollar-Gesetzes „Build Back Better“ der Biden-Regierung, das umfangreiche Bestimmungen für umweltfreundliche Investitionen enthält.

Die Industrieländer müssen sicherstellen, dass die Schwellenländer über die Mittel verfügen, um ihre Entwicklungsziele innerhalb der ökologischen Grenzen zu erreichen. Bislang haben sie ihre Zusage, den Schwellenländern jährlich 100 Milliarden Dollar zur Unterstützung ihrer Energiewende zur Verfügung zu stellen, nicht eingehalten. In Anbetracht der Herausforderungen sind die Erwartungen an konkrete Maßnahmen auf der COP26 bescheiden, aber es gibt reichlich Spielraum für positive Überraschungen.“

Bruce Duguid

Bruce Duguid hofft, dass „COP26 mehr Unternehmen dazu ermutigt, kurz-, mittel- und langfristige Ziele festzulegen, die auf 1,5°C ausgerichtet sind“ und wünscht sich eine stärkere Einbeziehung von Sektoren wie Lebensmittel, Landwirtschaft und Bekleidung:

„Die Nationally Determined Contributions (NDCs) – das heisst die Pläne der einzelnen Länder, die festlegen, wie sie die Erwärmung auf 1,5 Grad oder zumindest deutlich unter zwei Grad begrenzen wollen – sind weit von dem entfernt, was wir erreichen müssen. Wir hoffen, dass sich die Länder auf der COP zu ehrgeizigeren NDCs verpflichten, die von detaillierten Plänen zur Erreichung dieser Ziele begleitet werden. Wir sind der Meinung, dass Artikel 6 des Pariser Abkommens unbedingt wasserdicht sein muss, um das Pariser Abkommen zu unterstützen und seine Glaubwürdigkeit nicht zu beschädigen. Dies ist der Artikel, der es Nationen, die ihre Ziele nicht erreichen, ermöglicht, das Übertreffen der Ziele durch andere Länder zu nutzen, um die Gesamtziele zu erreichen.

Im Jahr 2020 hat sich die Zahl der Unternehmen mit einer Netto-Null-Verpflichtung verdreifacht. Die Daten der Benchmark Climate Action 100+ zeigen jedoch, dass zwar 52 % der 159 weltweit größten Emittenten ein Netto-Null-Ziel haben, aber nur 20 % kurz- und mittelfristige Ziele haben, die den Großteil ihrer Emissionen abdecken. Nur 7 % haben Ziele, die auf 1,5°C ausgerichtet sind. 

Angesichts dieser besorgniserregenden Aussichten und der begrenzten Zeit, die uns noch bleibt, hoffen wir, dass COP26 mehr Unternehmen dazu ermutigt, kurz-, mittel- und langfristige Ziele festzulegen, die auf 1,5°C ausgerichtet sind. Dies muss durch eine umfassende Strategie untermauert werden, bei der die Investitionsausgaben an den Pariser Zielen ausgerichtet sind und die Fortschritte entsprechend den Empfehlungen der Task Force on Climate-related Financial Disclosures (TCFD) offengelegt werden. Der letzte Schritt besteht darin, dass sich die Unternehmen durch den Nachweis von Fortschritten bei der Erreichung dieser Ziele „angleichen“. Dies sollte bis 2030 oder früher zu einem Portfolio von Netto-Null-Unternehmen führen. 

Ein verstärktes Engagement ist wichtig, um sicherzustellen, dass die Unternehmen Veränderungen vornehmen. Dazu gehören die nachweisliche Beaufsichtigung des Klimawandels durch den Vorstand, die Ausrichtung der Vergütung von Führungskräften auf die Erreichung von Netto-Null-Zielen, der Verzicht auf Lobbyarbeit, die den Pariser Zielen zuwiderläuft, und die Gewährleistung eines „gerechten Übergangs“ für Mitarbeiter und Interessengruppen. Im Laufe der Zeit möchten wir sehen, dass die Einnahmen im Einklang mit den Anforderungen an eine nachhaltige Finanzberichterstattung an grüne Taxonomien angepasst werden.

Wir würden uns auch eine Ausweitung des Engagements über die größten Emissionssektoren hinaus wünschen, um wichtige Sektoren wie Lebensmittel und Landwirtschaft sowie Bekleidung und deren Lieferkette einzubeziehen.“

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