Was beim „Mieterkauf“ zu beachten ist

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Es steht Ärger ins Haus: Ein Paar erhält die Kündigung ihres Mietvertrags, weil die Wohnung verkauft werden soll.

Immer wieder fallen Mieter aus allen Wolken, wenn sie erfahren, dass die Wohnung, in der sie leben, den Besitzer wechseln soll. Viele fürchten dann eine Mieterhöhung, Sanierungsarbeiten mit Baulärm und Dreck – oder gar die Kündigung des Mietvertrags. Wie man sich dann verhalten soll.

In den meisten Fällen können sich Mieter aber auch freuen, wenn es zur Aufteilung und somit zum erstmaligen Verkauf der Wohnungen in ihrem Mietshaus kommt. Denn daraus ergibt sich die Chance, die bislang gemietete Wohnung selbst zu erwerben.

Was viele Mieter nicht wissen: Mieter haben ein gesetzliches Vorkaufsrecht. Aber dieses Vorkaufsrecht besagt nur, dass sie in einen abgeschlossenen Kaufvertrag einsteigen dürfen. Wenn der Verkauf der Wohnung also bereits erfolgt ist, ist es zu spät mit dem Verkäufer selbst zu verhandeln. Mieter sollten daher frühzeitig aktiv werden und direkt auf ihre Vermieter zugehen, sobald sie davon erfahren, dass Wohnungen in ihrem Haus verkauft werden sollen. Dann kann sich der Kauf der Wohnung, in der der Mieter bislang zur Miete lebt, in vielen Fällen auch finanziell rechnen.

Wir haben die fünf wichtigsten Punkte für den sogenannten Mieterkauf zusammengefasst.

1. Frühzeitig mit dem Eigentümer sprechen

Beim Mieterkauf besteht die Chance, dass der Mieter einen Vorzugspreis erhält. Denn der Eigentümer hat, wenn die Entscheidung, die Wohnung zu verkaufen, gerade frisch getroffen ist, noch keinen Makler eingeschaltet oder Anzeigen veröffentlicht.

Das heißt: Die Verkaufskosten des Eigentümers sind noch sehr gering, und das bringt Verhandlungspotenzial für den Mieter. Daher gilt grundsätzlich: Je früher man mit dem Eigentümer in die Verhandlungen tritt, desto besser. Am klügsten ist es, man meldet sich sofort beim Eigentümer, wenn man von einem geplanten Verkauf erfährt – damit geht man noch keine Verbindlichkeiten ein und ist zu nichts verpflichtet, erhält aber frühzeitig Informationen.

2. Der Mieterkauf lohnt sich für den Verkäufer

Leer stehende Wohnungen sind grundsätzlich mehr wert als solche mit einem laufenden Mietvertrag. Eine „Wohnung mit Mieter“ kann heutzutage häufig nur noch als Kapitalanlage genutzt werden, Eigenbedarfskündigungen werden bekanntlich immer schwieriger. Beim Mieterkauf fallen also neben den Werbungskosten auch Sonderzahlungen weg, die Eigentümer häufig erbringen müssen, um Mieter von einem freiwilligen Auszug aus der Wohnung zu überzeugen. Der Eigentümer spart also beim Mieterkauf Zeit und Kosten – und von diesen Faktoren sollte der Mieter beim Mieterkauf unbedingt profitieren.

Daher gilt: Augen auf, wenn der Eigentümer die Wohnung an den Mieter zum gleichen Preis verkaufen will wie an Dritte. Hier gibt es Verhandlungspotenzial!

3. Passt eine Eigentumswohnung zu meinem Lebensmodell?

Als Mieter lebt es sich bequem. Anders als der Vermieter kann der Mieter jederzeit seinen Mietvertrag kündigen. In der Regel gilt: Drei Monate – und schon ist man weg. Das ist eine Flexibilität, die Eigentümer in den meisten Fällen nicht haben. Darüber muss man sich beim Erwerb einer Immobilie im Klaren sein, unabhängig davon, ob man ein Eigenheim baut, eine leer stehende Wohnung erwirbt oder den Mieterkauf nutzt.

Daher sollte man als Mieter genauso prüfen, ob der Erwerb einer Immobilie zu den eigenen Lebensvorstellungen passt. Wie ist die Situation im Beruf? Wie sehen das partnerschaftliche und familiäre Umfeld aus? Und gefallen einem die Stadt und die Lage? Auch beim Mieterkauf sollte man sich objektiv informieren und zunächst die gleichen Fragen beantworten wie beim Kauf einer fremden Wohnung. Das zeigt sich im Übrigen bei der Frage der Finanzierung: Die Bank, mit der man der Erwerb einer Immobilie plant, macht bei ihrer Prüfung keinen Unterschied, ob es sich um einen Mieterkauf handelt oder nicht.

Diese strengen Fragen dürfen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Erwerb einer Immobilie sich in vielen Fällen lohnt, insbesondere angesichts der anhaltend niedrigen Zinsen. Das Sparbuch bringt einem nichts ein, Aktien mögen eine feine Sache sein, sind aber riskant – dagegen ist die selbst genutzte Immobilie eine sichere, sinnstiftende und zugleich auch dankbare Investition. Freilich haben viele Mieter vor dieser großen Kaufentscheidung Angst, zumindest großen Respekt. Den sollte man auch haben – ganz gleich, ob Mieterkauf oder nicht. Die Faustregel lautet: Es muss gut überlegt sein, eine Immobilie zu kaufen aber man darf sich nicht davor abschrecken lassen, eine solche Lebensentscheidung zu treffen.

4. Der Mieter kennt Wohnung und Lage bereits

Einer der größten Vorteile beim Mieterkauf ist, dass man die Wohnung, die man erwirbt, bereits über längere Zeit kennt. Bei vielen Immobilienkaufentscheidungen müssen sich Interessenten nach einer oder zwei Besichtigungen entscheiden. Dass nicht jeder ohne weiteres so schnell sagen kann, ob eine Wohnung passt oder nicht, leuchtet ein. Manch ein Kaufinteressent würde am liebsten auch einmal probeschlafen – wie ruhig ist die Straße, wie fällt morgens das Licht in die Wohnung, wann und wie geht die Sonne am Abend unter? Das sind alles Aspekte, die sich bei einer Maklerbegehung kaum in Erfahrung bringen lassen.

Die Vorteile des Mieterkaufs: Als Mieter kennt man die Vor- und Nachteile des Objekts und kann daher deutlich klarer entscheiden, ob diese Wohnung für den Eigentumserwerb passt oder nicht. Auch kennt sich der Mieter in seinem angestammten Kiez aus – der Wechsel aus der Miet- in die Eigentümerposition ändert also wenig am Lebensumfeld, sondern ist eine finanzielle Entscheidung.

5. Was lohnt sich: Miete versus Annuität?

Nicht jeder Mieterkauf lohnt sich, das ist klar. Denn manche Mieter haben alte und sehr günstige Mietverträge, wie man sie heutzutage nicht mehr bekommen kann. Ob solche Mietverträge mit Mietzinsen von vor 30 Jahren und mehr fair gegenüber anderen Mietern sind oder nicht, gehört nicht hierher – das ist eine andere Diskussion.

Für den Mieterkauf gilt lediglich die ökonomische Gegenüberstellung. Als Mieter muss man durchrechnen, ob sich der Kauf der eigenen Mietwohnung lohnt. Dafür muss man die monatliche Nettokaltmiete mit dem Kapitaldienst vergleichen, mit dem bei einem Erwerb zu rechnen wäre. Eine Vorabprüfung durch den Bankberater genügt dabei meist, um sich ein Bild zu machen.

Die Nebenkosten kann man dabei zunächst unbeachtet lassen, da man sie als Mieter ebenso wie als Eigentümer zahlen muss und sie nur unterschiedlich heißen. Aufgrund der niedrigen Zinsen wird man dabei selbst in vielen Metropolen und Großstädten zum Ergebnis kommen, dass sich ein Kauf rentiert. Die Kosten für Zins und Tilgung werden zwar etwas über den bisherigen Mietzahlungen liegen, aber dafür zahlt man in sein eigenes Vermögen ein, statt in den Geldbeutel des Vermieters.

Als Faustregel sollte man sich merken: Bei monatlichen Mehrkosten bis 20 Prozent im Vergleich zur Miete lohnt sich die Investition in den Mieterkauf auf jeden Fall!

Autor Oliver Koch ist Vorstand Fortis Real Estate Investment AG.

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