AfW zu ESG-Pflichten: „Absurder Zustand“

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Norman Wirth, geschäftsführender Vorstand des AfW

Dass 34f-Finanzdienstleister zunächst nicht verpflichtet sind, die Präferenzen ihrer Kunden zum Thema Nachhaltigkeit (ESG) abzufragen, schlägt hohe Wellen. Der Vertriebsverband AfW rechnet mit einer baldigen Gesetzesänderung.

„Absurder Zustand bei ESG-Präferenzabfrage im Kapitalanlagebereich“ – so überschreibt der AfW seine Pressemitteilung zu der Antwort auf eine gemeinsame Anfrage mit dem Votum-Verband beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Votum hatte dazu schon eine eigene Mitteilung veröffentlicht.

Unabhängige Finanzanlagenvermittlerinnen und -vermittler mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung sind demnach nicht dazu verpflichtet, ab dem 2. August 2022 die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden abzufragen und das Ergebnis dann in eine eventuelle Produktempfehlung einfließen zu lassen.

„Damit nimmt das Ministerium eine für viele Fachleute recht überraschende gesetzlichen Auslegung vor, bestätigt aber andererseits eine schon vor einigen Wochen von der BaFin diesbezüglich getätigte Äußerung gegenüber dem markt intern Verlag“, heißt es in der AfW-Mitteilung.

„Starrer“ Verweis auf EU-Verordnung

Es werde im Ministerium davon ausgegangen, dass es sich bei dem Verweis in Paragraf 16 Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinVermV) auf Artikel 54 der Delegierten Verordnung der EU um einen starren Verweis handelt, der nicht auf die jeweils gültige Verordnung verweist, sondern auf die Verordnung zum Zeitpunkt der Verabschiedung der FinVermV.

So heiße es wörtlich aus dem Ministerium: „Finanzanlagenvermittler sind weder aufgrund von direkt geltendem EU-Recht noch durch die FinVermV rechtlich verpflichtet, die Nachhaltigkeitspräferenzen ihrer Kunden zu ermitteln. Dennoch wäre es sinnvoll, wenn sie diese Anforderung freiwillig erfüllen würden“, berichtet der AfW.

Das führt dem AfW zufolge nun zu dem „absurden Zustand“, dass Finanzanlagenvermittlerinnen und -vermittler mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung wahrscheinlich für einen Übergangszeitraum andere regulatorische Pflichten haben werden als Banken, Vermögensverwalter und andere Wertpapierdienstleister. „Aber auch andere, als Versicherungsvermittlerinnen und -vermittler in Bezug auf das Thema Nachhaltigkeit“, betont der AfW.

Startschuss für Versicherungsvermittler bleibt 2. August

„Wir gehen davon aus, dass der Gesetzgeber aktiv und die FinVermV kurzfristig angepasst wird und damit bald auch die entsprechende gesetzliche Pflicht für alle 34f-Zulassungsinhaber kommt. Zum 2.August dürfte das aber – insbesondere wegen der anstehenden parlamentarischen Sommerpause und der Notwendigkeit der Zustimmung auch des Bundesrates – schwer umsetzbar sein. Wir bleiben bei unserer Empfehlung, sich auch mit Zulassung nach Paragraf 34f Gewerbeordnung intensiv mit dem Thema Nachhaltigkeit zu befassen, zu qualifizieren und das Thema beim Kunden entsprechend der gesetzlichen Vorgaben umsetzen. Soweit möglich, auch schon ab dem 2. August“, so Norman Wirth, Geschäftsführender Vorstand des AfW.

Der Verband weist darauf hin, dass die Diskussion die 34d-Zulassungsinhaber (Versicherungsvermittler und -vermittlerinnen) nicht tangiert. „Für sie steht der 2. August als Startschuss für die neuen Pflichten nicht in Frage!“, hebt der AfW hervor.

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