Studie: „Das Thema Pflege ist eine tickende Zeitbombe“

27 Millionen Bundesbürger werden voraussichtlich in spätestens zehn Jahren einen Pflegefall in der Familie haben, so eine Studie der R+V Versicherung. Dennoch haben nur rund zwei Prozent eine private Pflegeversicherung abgeschlossen. Vor allem Frauen seien von Pflegerisiko und Altersarmut betroffen.

Bereits heute haben zehn Millionen Menschen in Deutschland ein Familienmitglied, das gepflegt wird. Weitere 17 Millionen rechnen demnach in den nächsten fünf bis zehn Jahren damit. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Weil Zukunft Pflege braucht“ der R+V Versicherung auf Basis einer repräsentativen Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach.

Hinter diesen Zahlen verbergen sich aktuell gut 2,4 Millionen Pflegebedürftige in Deutschland – in den nächsten 20 Jahren steigt diese Zahl nach offiziellen Schätzungen auf 3,4 Millionen. „Das Thema Pflege ist eine tickende Zeitbombe und hat eine genauso große Sprengkraft wie das viel diskutierte Thema Altersarmut“, so Tillmann Lukosch, Vorstandsmitglied der R+V Krankenversicherung AG. „Unsere Gesellschaft rast im Eiltempo in die Pflegefalle‘“, so Lukosch weiter.

Pflegerisiko trifft Frauen doppelt

Frauen seien von Altersarmut und vom Pflegerisiko am stärksten betroffen, so der Versicherer. Vor allem das Thema Pflege treffe Frauen gleich doppelt: als Pflegende und als Pflegebedürftige. So sind es demnach überwiegend Frauen, die die Pflege von Angehörigen übernehmen.

Und auch unter den Pflegebedürftigen sind laut der Studie aktuell doppelt so viele Frauen wie Männer. Aufgrund ihrer durchschnittlich fünf Jahre längeren Lebenserwartung hätten Frauen im Vergleich zu Männern ein viel höheres Risiko, im Alter zum Pflegefall zu werden.

Pflegende Frauen stecken im Beruf zurück

Laut der Umfrage kümmern sich 62 Prozent der Deutschen, die pflegebedürftige Angehörige haben, selbst um die Betreuung. Eine „typische Pflegende“, so die Studie, ist 61 Jahre alt, verheiratet, hat zwei erwachsene Kinder, pflegt länger als drei Jahre und ist nicht berufstätig.

Aktuell sind demnach nur 42 Prozent der Frauen, die Angehörige pflegen, überhaupt berufstätig, vorwiegend in Teilzeit. Von diesen habe die Mehrheit ihre Arbeitszeit reduziert oder flexibler gestaltet, zusammen 52 Prozent. Betrage die Dauer der Pflege mehr als drei Stunden täglich, seien es sogar 69 Prozent, die Kompromisse im Job machen.

Positiv bewerten die Studienautoren, dass 73 Prozent der berufstätigen Frauen, die Angehörige pflegen, bei ihrem Arbeitgeber auf Verständnis treffen. Dennoch empfinden es demnach 55 Prozent der pflegenden Frauen, die berufstätig sind, dennoch schwer, die Pflege mit dem Beruf zu vereinbaren.

Pflege kostet Zeit, Kraft und Nerven

53 Prozent der pflegenden Frauen verbringen der Studie zufolge täglich drei Stunden und mehr mit der Pflege. Bei berufstätigen Frauen sind es demnach noch 37 Prozent, die diesen Pflegeaufwand jeden Tag zusätzlich leisten. 40 Prozent der pflegenden Frauen seien schon zwischen drei und zehn Jahren mit Pflege beschäftigt, neun Prozent sogar länger als zehn Jahre.

Trotz Unterstützung bleiben die meisten Pflegeaufgaben an den Frauen hängen, so die große Mehrheit der befragten Frauen, ob berufstätig oder nicht. 40 Prozent der pflegenden Frauen, die einen festen Partner haben, geben an, dass die Pflege die Beziehung belaste.

Die psychische Belastung wiege insgesamt deutlich schwerer als die körperliche, so die Studie. Zwei Drittel der pflegenden Frauen ziehen demnach die Bilanz, dass die Pflege sie psychisch stark oder sogar sehr stark belastet – unabhängig von Alter, Zeitaufwand und Pflegestufe des Angehörigen.

 

Seite zwei: Nur zwei Prozent der Bundesbürger haben Pflegezusatzversicherung

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