Pflegekosten: Selbst die Enkel haften mit

Immer häufiger sind vor allem Frauen von Altersarmut betroffen, weil die Pflegekosten für den Partner das Vermögen aufbrauchen. Ist sie schließlich selbst auf fremde Hilfe angewiesen, lautet meist die einzige Alternative: Pflegeheim. Doch das ist teuer.

Gastbeitrag von Margit Winkler, Institut Generationenberatung

„Es scheint unvorstellbar, aber selbst die Enkel haften für die Pflegekosten indirekt mit. Denn das Gesetz sieht nach den Kindern die Unterhaltspflicht bei den Kindeskindern der Blutslinie.“

Fünf Jahre Pflege kosten rund 100.000 Euro. Geld, das sich über den Pflegezuschuss des Staates nicht abdecken lässt. Heime wenden sich deshalb nicht selten direkt an das Sozialamt, um die Pflegekosten einzufordern – und damit beginnt das Unheil.

Das Amt geht in Vorkasse

Das Sozialamt geht in Vorlage und macht einen sogenannten Überleitungsanspruch an die Unterhaltspflichtigen geltend. Laut Gesetz ist genau geregelt, wer unterhaltspflichtig ist und in welcher Reihenfolge zur Kasse gebeten wird: Bevor es zum Unterhalt kommt, wird zunächst das Vermögen des Bedürftigen bis zu einem Betrag von 2.600 Euro aufgebraucht. Danach ist bei Immobilienvermögen die Eintragung einer Hypothek auf das Wohneigentum möglich. Schenkungen der letzten zehn Jahre können zurückgefordert werden.

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Zündstoff Patchwork-Familie

Dann zahlt der Ehegatte – genauer gesagt alle noch lebenden Ehegatten – unabhängig davon, wie lange man verheiratet ist. Handelt es sich um eine Patchwork-Situation, wird es schnell kompliziert. Denn kommt etwa die neue Ehefrau für die Pflegekosten auf, hat dies zur Folge, dass für ihre eigene Pflege möglicherweise kein Rückhalt mehr bleibt und deshalb ihre Kinder Unterhalt zahlen müssen. Für diese scheint das System äußerst ungerecht, denn sie zahlen indirekt für einen Fremden und fühlen sich damit oft erst um ihr Erbe gebracht und dann auch noch zum Unterhalt verpflichtet.

Nachdem der neue Ehegatte gezahlt hat, kann laut Gesetz der geschiedene Ehegatte zur Kasse gebeten werden. Danach sind die leiblichen Kinder an der Reihe. Diese haften immer gesamtschuldnerisch. Das heißt: Sie werden aufgefordert, Einkünfte und Vermögen offenzulegen. Eines kann zur Zahlung aufgefordert werden und dann Anspruch auf Ausgleich gegenüber seinen Geschwistern geltend machen.

Eine Regelung, die ebenfalls für ordentlich Streitpotenzial sorgt. Denn es wird immer als ungerecht angesehen, dass der eine mehr hat und zur Kasse gebeten wird, während der andere womöglich lieber konsumiert und deshalb kein Vermögen angesammelt hat.

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Doch nicht nur die Kinder bringen ihr Erspartes ein – auch die Einkünfte der Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnerschaften zählen laut gesetzlichem Unterhaltsanspruch. Zu welchen Emotionen das führt, wenn etwa der Schwiegersohn für die Pflegekosten der Schwiegermutter zahlen soll, liegt auf der Hand.

Schonvermögen darf behalten werden

Beim Vermögen zählt dagegen nur das des Kindes. Damit zeigt sich, dass es nicht immer des „Engels Lösung“ ist, alles auf Gemeinschaftskonten zu platzieren, wie von Kreditinstituten oftmals geraten. Besser ist dagegen, wenn das Vermögen dem Ehepartner gehört, der bereits „Vollwaise“ ist.

Grundsätzlich gibt es ein geringes Schonvermögen, das sich auch dadurch unterscheidet, ob eine Immobilie vorhanden ist oder nicht. Der Ehegatte und die unterhaltspflichtigen Kinder von 40, 50 oder 60 Jahren haben jedoch einen beachtlichen Freibetrag für die eigene Altersvorsorge: fünf Prozent des aktuellen Bruttoeinkommens für jedes Berufsjahr, kapitalisiert mit vier Prozent.

Ein Beispiel: Bei einem Jahresbrutto-Einkommen von 60.000 Euro entfallen 3.000 Euro für die Altersvorsorge. Kapitalisiert auf 35 Berufsjahre macht dies 108.760 Euro. Dieser Betrag abzüglich bereits angesparter privater Altersvorsorge ergibt das Schonvermögen für die Altersvorsorge des Unterhaltspflichtigen. Im aktuellen Beispiel entfallen 40.000 Euro auf die private Vorsorge, sodass ein Schonvermögen von 68.760 Euro bleibt. Hinzu kommt eine jährliche Sparleistung von 3.000 Euro, die der Staat nicht antasten darf.

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Bei der GenerationenBeratung wird auf diese und andere Punkte genau eingegangen und individuell errechnet, wie das eigene Vermögen für die Vorsorge bestmöglich eingesetzt werden kann.

Pflegekosten: Enkel haften indirekt mit

Es scheint unvorstellbar, aber selbst die Enkel haften indirekt mit. Denn das Gesetz sieht nach den Kindern die Unterhaltspflicht bei den Kindeskindern der Blutslinie. Sozialämter lassen dafür einen sogenannten Titel auf das Kind eintragen.

Das bedeutet, dass die ausstehenden Zahlungen nicht einfach verfallen, sondern bis zu 30 Jahre später eingefordert werden können. Stirbt das Kind, kann sein Rechtsnachfolger das Vermögen also nur mit Titel erhalten oder andernfalls das Erbe ausschlagen. Ein Grund mehr, rechtzeitig vorzusorgen!

Autorin Margit Winkler ist Inhaberin des Instituts Generationenberatung.

Foto: Institut Generationenberatung

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