Schwarz (BVSV): „Taping geht gar nicht.“

Das Taping ist beschlossene Sache. Während viele Makler noch miteinander diskutieren, nimmt Cash.Online die Entscheidung zum Anlass und fängt Stimmen aus der Branche ein. Als Nächster äußert sich Andreas Schwarz, Erster Vorsitzender des Bundesverbandes der Sachverständigen für das Versicherungswesen (BVSV) e.V..

Was halten Sie von der Entscheidung für Taping?

Taping liest sich für mich wie ein schlechter Scherz. Gehen wir doch ein wenig in uns und schauen mal alltägliche, bekannte Probleme an. Ein Beispiel:

Jeder von uns hat schon einmal davon gehört, wie einfach es sei, in Deutschland an Drogen zu kommen. Gleichwohl erscheint dann und wann in den Medien ein Beitrag, darüber wie an bestimmten Orten in Deutschland gedealt wird. An dieser Stelle frage ich mich jedes Mal, wie es sein kann, dass ein Fernsehteam darüber berichtet und zugleich die Polizei keine Handhabe besitzt.

Ich vermag es nicht zu verstehen, wie vor unseren Augen eine Straftat begangen und die Ordnungshüter nicht eingreifen, verhindern oder gar prozessual verfolgen. Selbst wenn sie eingreifen würde, kann es weder verfolgt noch geahndet werden. Die Gründe dafür lasse ich bewusst offen. 

Zugleich entscheidet sich der Gesetzgeber in dieser Woche dafür, dass extrem vertrauliche Gespräche über Wünsche, Ziele im Leben, Gesundheitszuständen, vielleicht sogar Ängste im Leben, dokumentiert und aufgezeichnet werden? Was kommt dann als nächstes: Chips unter die Haut? Für mich besteht hier ein enormes Ungleichgewicht.

Eins möchte ich ganz klar sagen: Taping geht gar nicht. Ich befürchte, dass in der Konsequenz mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit das Vermittlersterben beschleunigt wird und kaum noch 100.000 Vermittler tätig sein. Daraus entstehen aus meiner Sicht dann erst richtige Probleme. 

Dient diese Entscheidung neben dem Verbraucherschutz auch dem Vermittler, indem Dokumentation und Rechtssicherheit auf beiden Seiten steigen?

Diese Entscheidung dient dem Verbraucherschutz in keinster Weise. Im Gegenteil: Stellen wir uns doch einmal die Frage, was wir uns selbst erzählen würden, wenn wir wüssten das dies aufgezeichnet würde?

Jeder Trainer weiss aus Rollenspiele, die das Verkaufsverhalten von Teilnehmern aufzeichnen, wie wenig diese die Realität abbilden und wie sehr sich die Teilnehmer verstellen. Es ist eben alles nur gespielt. Deshalb heißt es ja auch Rollenspiel: Es geht nicht um die Wahrheit, sondern es wird ein optimaler Zustand eingeübt.

Übertragen wir dies nun auf die Beratungssituation: Wie verhält sich nun ein potentieller Kunde, wenn er weiß, dass alles aufgezeichnet wird? Bereits heute ist es schwierig vollkommene Antworten auf Gesundheitsfragen zu erhalten. Da wird ein gestellter und abgelehnter Antrag oder die tägliche genommenen Pillen gerne mal vergessen. 

Diese neue Situation stellt den Vertrieb somit vor folgende Aufgabe: Welche Fragen stellt der Verkäufer damit die richtigen Antworten kommen werden? Was passiert, nachdem die Aufzeichnung abgestellt ist und der Kunde doch noch einmal Angaben zum Gespräch macht?  

Ich befürchte, dass unter dem Deckmantel des Verbraucherschutzes die Rechtssicherheit des Vertriebs in Frage gestellt wird. Aus einem seriösen Beruf wird ein Schauspiel gemacht, was dann wieder das negative Bild auf Seiten der Verbraucher stützt: Der Täter ist immer der Versicherungsverkäufer und nicht mehr der Gärtner. Ein schönes Klischee mit bitterem Beigeschmack für den durch Regulierung ohnehin schon gebeutelten Vertrieb.

Für mich stellt sich deshalb die Frage, wie viel Rechtssicherheit alle Beteiligten wirklich erhalten, während zeitgleich hochverzinsliche Anlagen trotz geltender Verträge serienweise gekündigt werden dürfen? Meine Antwort ist: Es gibt keine. Aus all diesen Gründen ist Taping für mich der größte Unfug, seit ich in der Branche tätig bin.

Welchen Schritt erwarten Sie als Nächstes in Sachen Regulierung?

Das ist einfach nicht mehr zu kalkulieren. Bis heute habe ich nicht verstanden, welche großen Skandale durch die Vermittlung von Versicherungen hervorgerufen wurden?

Deshalb ist es für mich nicht klar, worauf sich berufen wird, wenn es heißt, die Branche der Finanzanlagenvermittlung muss reguliert werden. Insbesondere die Vermittlung von Versicherungen wirkt auf mich aktuell überreguliert: Wie viele Schiffscontainer, Windkraftanlagen, Immobilien und dergleichen Anlagen sind durch Banken mit gravierenden Nachteilen für die einzelnen Kunden vertrieben worden?

Da frage ich mich: Wo bleibt der Aufschrei der Politiker dazu? Liebe Politiker sprecht doch vor dem Erlass unsinniger Gesetze mit der Branche, die was davon verstehen.

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