Über ein Drittel kann die Garantieverpflichtungen nicht erfüllen

Bei 30 von 84 Lebensversicherern reichen die 2018 (2017: 39) erwirtschafteten Erträge aus der Kapitalanlage nicht aus, um die Garantieverpflichtungen zu erfüllen und die gesetzlich vorgeschriebene Reserve zu bedienen. Diese Unternehmen müssen dafür Erträge aus Risiko und Verwaltung in die Rechnung einbeziehen. Das zeigt die Policen Direkt-Analyse der aktuell veröffentlichten Zahlen zur Mindestzuführungsverordnung.

30 der 84 Lebensversicherer verdienen in der Kapitalanlage zu wenig, um daraus allein noch ihre Garantieverpflichtungen erfüllen zu können.

 

Nur ein Versicherer (2017: fünf) schafft es auch mit Verwaltungs- und Risikogewinnen nicht, die Anforderungen zu erfüllen und zehrt damit von der Substanz. Die Reform der Zinszusatzreserve (ZZR) hat damit die erhoffte Wirkung gezeigt, so Policen Direkt.

„Die Zinszusatzreserve zur Absicherung der Garantien ist nützlich und sinnvoll. Für viele Versicherer wäre sie aber in der alten Form existenzbedrohend geworden,“ erklärt Henning Kühl, Chefaktuar von Policen Direkt und Versicherungsmathematiker (DAV).

Ohne eine Änderung der Berechnungsmethode hätte der zusätzliche Kundennutzen durch die weiteren Reservierungen in keinem Verhältnis mehr zur zusätzlichen Belastung für die Versicherer gestanden. „Durch den nun langsameren Aufbau der Reserve haben die Lebensversicherer jetzt Luft, Strategien zur Verbesserung ihrer Zukunftsfähigkeit weiterzuentwickeln.“

Die Finanzstärke als Quote aus den Kapitalerträgen im Verhältnis zu den Rechnungszinsanforderungen hat sich laut Policen Direkt nach der Anpassung auf durchschnittlich 114,03 Prozent verbessert (2017: 105,24 Prozent).

Nehme man sämtliche Erträge in die Rechnung, sei die Steigerung noch deutlicher. Die Gesamt-Ertragsstärke verbessert sich so von 126,02 auf 141,75 Prozent. Ein Grund dafür: Lebensversicherer mussten statt 20 Milliarden Euro im Vorjahr lediglich sechs Milliarden Euro neu in die Reserve einzahlen. Die Garantieanforderungen konnten so um rund 24 Prozent gesenkt werden auf den damit niedrigsten Stand seit fünf Jahren.

Ein weiteres Ergebnis der Analyse: Die Kennzahl der Finanzstärke alleine reicht nicht, um sichtbar zu machen, wie ein Lebensversicherer aktuelle Herausforderungen angeht. Der Markt ist längst weniger homogen als noch vor Beginn der Niedrigzinsphase.

Mit Blick auf die Gesamt-Ertragsstärke wird klar, dass unter den 29 Gesellschaften, die über Risikogewinne und übrige Gewinne die Garantieanforderungen querfinanzieren, mittlerweile zahlreiche Biometriespezialisten sind – die zwar tendenziell geringere Kapitalerträge erwirtschaften, dafür aber vergleichsweise höhere Risikogewinne.

Welche Versicherer bei der Überschussbeteiligung Spielräume haben

Die verbesserte Ertragslage spiegelt sich ebenfalls in der Überschussbeteiligung für 2019 wider, bei der der Abwärtstrend zumindest kurzzeitig unterbrochen werden konnte. Im Schnitt lag die laufende Verzinsung deutscher Versicherer dieses Jahr wie im Vorjahr bei 2,34 Prozent.

Einen starken Rückgang bei der Überschussbeteiligung erwartet Kühl für 2020 nicht, auch wenn die Ertragslage sich erneut verschärfen sollte: „Bei der Verzinsung sind die Gestaltungsmöglichkeiten weitgehend ausgeschöpft. Der Spielraum nach unten ist aufgrund der Garantieverzinsungen im Bestand bei den meisten Versicherern eng begrenzt.“

Kühl stellt klar: „Für den Großteil der Versicherer geht es auch mit der geringeren zusätzlichen Belastung durch die Zinszusatzreserve weiterhin darum, die garantierten Leistungsversprechen langfristig erfüllen zu können.“

Wer es schaffe mit dem aktuellen Geschäft starke Erträge zu erwirtschaften, könne seinen Kunden darüber hinaus überdurchschnittliche Überschussbeteiligungen bieten. Das gelte auch für Gesellschaften von besonders starker Substanz.

 

Seite 2: Schnell-Check für Verbraucher

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