„Ohne Nachhaltigkeit geht es nicht mehr“

Glauben Sie, dass das Thema Nachhaltigkeit und Nachhaltige Produkte zu einem echten Wettbewerbsfaktor werden kann?

Lamsfuß: Ja, ich bin mir sicher, dass Nachhaltigkeit zukünftig ein Wettbewerbsfaktor sein kann. Noch mehr sehe ich aber, dass Nachhaltigkeit ein sehr wichtiges Reputationsthema geworden ist. Ohne Nachhaltigkeit geht es nicht mehr. Unternehmen, die sich nicht nachhaltig ausrichten, werden es zukünftig sehr schwer haben, am Markt zu existieren.

Die Barmenia hat sich schon vor langer Zeit auf den Weg gemacht, verantwortungsbewusst zu handeln. Deshalb werden wir auch unseren Teil dazu beitragen, dass die EU ab 2050 klimaneutral wirtschaftet. Und wir sind jetzt schon gut aufgestellt. Im letzten Jahr haben namhafte Ratingunternehmen wie Assekurata und Medienhäuser wie Capital und Handelsblatt Barmenia-Fonds mit Höchstnoten bewertet.

Auch in diesem Jahr wurde ein Fonds mit der Höchstnote „A“ bei einem ECO-Rating von Euro ausgezeichnet. Wir sind heute schon gut aufgestellt, werden aber auch in der Zukunft innovative Versicherungslösungen schaffen.

Sie bekennen sich als Versicherungsunternehmen zu den Prinzipien des verantwortlichen Investierens. Wie viel Prozent der Kapitalanlagen sind mittlerweile nachhaltig ausgerichtet? 2018 lagen Sie bei 82 Prozent.

Bongwald: Staaten und Unternehmen werden von Investitionen ausgeschlossen, wenn sie gegen unsere Ausschlusskriterien verstoßen. Dazu gehören Verstöße wie Menschenrechtsverletzungen oder gegen Umweltkriterien. Die von Ihnen benannte Quote konnte für den Barmenia-Konzern auf 89 Prozent gesteigert werden. Bei der Barmenia Lebensversicherung a. G. liegt sie Ende 2019 bei 93 Prozent.

Diese Quote veröffentlichen wir in unseren nichtfinanziellen Berichten, die man unter www.nachhaltige.versicherung findet. Wir berichten seit 2015 nach den Kennzahlen des Deutschen Nachhaltigkeitskodex, wo die Angabe dieser Kennzahl transparent dargelegt werden soll. Die Quoten sind nahezu ausgereizt, da unsere Ausschlusskriterien nicht auf Immobilien, Hypotheken und Beteiligungen im Eigenbestand angewendet werden können.

Wir beobachten die Entwicklung internationaler Nachhaltigkeitskonzepte für diese Anlageklasse und beschäftigen uns natürlich auch mit diesem Thema. Mitte des Jahres veröffentlichen wir unsere neuen nichtfinanziellen Berichte des Jahres 2020 für den Barmenia-Konzern und die Barmenia Lebensversicherung, da erfahren Sie mehr über unsere Entwicklung.

Eine Orientierung bietet auch der Transparenzbericht, den wir jährlich an das PRI-Sekretariat der Vereinten Nationen geben, der in Teilen auf www.unpri.org veröffentlicht wird. Dies ist eine Verpflichtung aus unserem Bekenntnis zu den Grundsätzen für verantwortungsvolles Investieren der Vereinten Nationen, das wir 2014 abgegeben haben.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen bei der nachhaltigen Ausrichtung eines Versicherungsunternehmens?

Lamsfuß: Die größte Herausforderung ist die Durchdringung des gesamten Unternehmens personenbezogen, vom Vorstand bis zu den Auszubildenden, und entlang der Wertschöpfungskette von der verantwortungsvollen Kapitalanlage bis zum klimaneutralen Geschäftsbetrieb.

Als einer der ersten deutschen Versicherer haben wir uns zu den UNPRI bekannt. Seit 2015 wirtschaften wir am Wuppertaler Hauptstandort mit 94 Prozent der Innendienstmitarbeiter klimaneutral. Eine solche nachhaltige Durchdringung wird erreicht, wenn der Vorstand das Thema ausdrücklich wünscht und es von allen mit Herzblut gefüllt wird. Das Ergebnis sollte eine gelebte nachhaltige Verantwortungskultur mit agilen Rahmenbedingungen sein, die eine Weiterentwicklung dauerhaft zulassen.

Zahlt sich das Engagement für das Image der Barmenia aus?

Bongwald: Ein klares Ja. Mir macht es Freude zu sehen, wie positiv unser Engagement bei den verschiedenen Anspruchsgruppen aufgenommen wird. Ich spreche mit Kunden, Beratern, Medien, Studenten, Wissenschaftlern und auch unser Nachhaltigkeitsbeirat äußert sich immer wieder positiv. Schon im Jahr 2008 konnte ich dabei sein, wie wir mit einem Sonderpreis beim Deutschen Nachhaltigkeitspreis ausgezeichnet wurden und auch in diesem Jahr haben wir schon zwei weitere Auszeichnungen erhalten.

Capital hat uns als „klimabewusstes Unternehmen Deutschlands“ und besten Versicherer gesehen und DIE WELT und ServiceValue mit der Auszeichnung „sehr hohe unternehmerische Verantwortung“ bedacht. Wir können stolz darauf sein, dass wir schon heute fester Bestandteil der deutschen und europäischen Nachhaltigkeitsentwicklung sind.

Sie gehören zu den 16 Gründungsmitgliedern der Branchen-Initiative Nachhaltigkeit in der Lebensversicherung (BINL). Welche Ziele hat sich die Initiative gesetzt?

Lamsfuß: Die neue Branchen-Initiative soll Akteure auf dem Markt der Altersvorsorge beziehungsweise Biometrie vernetzen und die Diskussion zu den nachhaltigen Zukunftsthemen anregen. Die Barmenia bringt sich aktiv in diesen Wissenstransfer ein. Dies tun wir in dieser Branchen-Initiative von infinma, in Verbänden und im Dialog mit unseren Stakeholdern. Wir sehen uns als Teil der Lösung. (dr)

Das Interview führte Cash.-Redakteur Jörg Droste

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