„Pay how you drive“: Neodigital entwickelt Telematics-as-a-Service

Foto: Anna Mutter
Stephen Voss, Neodigital

Bereits zur kommenden Wechselsaison wird Neodigital eine eigene Police am deutschen Kfz-Telematikmarkt anbieten. Anderen Versicherungsunternehmen soll das Angebot in Form eines „Telematics-as-a-Service-Modells“ in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt werden.

Die Neodigital Versicherung wagt den Sprung in den Kfz-Versicherungssegment und bringt einen Telematik-Tarif auf den Markt. Unterstützt wird der Digitalversicherer dabei durch die in Köln ansässige aktuarielle Beratungsgesellschaft Meyerthole Siems Kohlruss (MSK).

Bereits zur kommenden Wechselsaison will Neodigital die eigene Police am deutschen Kfz-Telematikmarkt anbieten. Anderen Versicherungsunternehmen soll das Angebot in Form eines „Telematics-as-a-Service-Modells“ in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellt werden. Elf Versicherungen beteiligen sich nach Angaben von Neodigital bereits am Pilotprojekt und nutzen die digitale Telematiktechnologie des Versichers.

Die Zukunft der Mobilität liege in individuellen Telematiklösungen, betont der Versicherer: Derzeit gibt es rund 750.000 Telematikverträge im deutschen Versicherungsmarkt. Bis 2022 soll die Zahl die Millionengrenze überschreiten und für das Jahr 2025 rechnen Experten mit mehr als zehn Millionen derartiger Policen.

Telematik wird sich in absehbarer Zeit also zum Kfz-Standardprodukt entwickeln – auch vor dem Hintergrund sich wandelnder Mobilitätsbedürfnisse. Aus diesem Grund hat Neodigital die Service GmbH „we enable“ gegründet, um das Angebot von volldigitalisierten Telematiktarifen zu beschleunigen.

Schlüsselfertiges Telematik-as-a-Service-Modell

Neodigital und MSK streben mit dem Angebot „Telematics-as-a-Service“ nach eigenen Aussagen eine Technologie- und Kostenführerschaft an. Geplant ist, Kfz-Versicherern über die Tochtergesellschaft „we enable“ die komplette Telematik-Lösung (inklusive App, Gerät zur Fahrdatenerfassung, API-Schnittstelle und Backend-Abwicklung) für den Preis von einen Euro pro Monat und Kunde anzubieten.

Dadurch könnten Versicherungsunternehmen ihre digitalen Telematiktarife komplett outsourcen und Entwicklungskosten sparen, betont der Digitalversicherer. Neodigital selbst habe dabei keinen Zugriff auf die erhobenen Telematikdaten, sondern bietet den Unternehmen ein schlüsselfertiges Technologiegerüst, das sich modular und individuell anpassen lässt.

Das Konzept, Versicherungsprodukte und -dienstleistungen „as-a-Service“ für Dritte anzubieten, habe sich in der Vergangenheit bereits bei anderen Produkten bewährt, teilte der Versicherer weiter mit.

Am Pilotprojekt nehmen bereits elf Versicherungsunternehmen teil. Weitere Marktteilnehmer hätten ebenfalls Interesse an diesem Kfz-Produkt und der Telematiktechnologie bekundet, heißt es bei Neodigital.

„Wir haben bereits im Vorfeld eine sehr hohe Nachfrage erfahren und konnten im Zuge der Produktentwicklung viele Versicherungen von unserem digitalen Konzept überzeugen. Wir peilen daher innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre mindestens 400.000 Neuverträge mit Beginn der anstehenden Wechselsaison an“, erläutert Stephen Voss, Mitgründer und Vorstand Vertrieb und Marketing von Neodigital.

“Pay-how-you-drive” löst “Pay-as-you-drive” ab

Erfasst und bepreist wird bei den Telematikpolicen das reine datenbasierte Fahrverhalten, also etwa das Beschleunigen und Bremsen, aber auch Beinahe-Unfälle, die sich durch das Auswerten von G-Kräften erkennen lassen.

Für rücksichtsvolle und defensive Autofahrer garantiert die neue Police einen Nachlass auf die Versicherungsprämie. So werden künftig nicht mehr nur die groben Merkmale des Fahrzeugs oder des Halters tarifiert (Pay as you drive), sondern individuell nach dem tatsächlichen Fahrverhalten berechnet (Pay how you drive).

„Vereinfacht gesagt macht es unsere Technologie nun möglich, ein Automodell von negativen Erfahrungswerten aus der Vergangenheit, die zu einer hohen Risikoeinschätzung geführt haben, zu lösen. Traditionelle Versicherungsunternehmen arbeiten bisher bei der Berechnung eines Kfz-Versicherungstarifs mit Daten zur Häufigkeit und Schwere von Unfällen und Schäden, die von Fahrern eines bestimmten Fahrzeugtyps gemacht wurden. Diese Übertragung von negativen Erfahrungen mit völlig fremden Personen und damit einer hohen Risikoeinschätzung auf einen individuellen Fahrer sind nun vorbei. Wer ein sportliches Coupé mit hoher PS-Zahl besitzt, aber rücksichtsvoll und vorausschauend fährt, bezahlt mitunter weniger als der Fahrer eines Minivans, der eine risikoreiche Fahrweise an den Tag legt. Das Konzept „Pay-how-you-drive“ ist besonders für Fahranfänger eine interessante, weil günstigere Alternative, da so sehr viel bessere Schadensfreiheitsklassen genutzt werden können“, erklärt Voss das Prinzip des neuen Produkts.

Telematik als Zukunftsmodell für die neue Art der Mobilität

„Versicherer suchen heute nach Wegen, wie sie ihre Dienstleistung in neue Mobilitätsökosysteme integrieren können. Versicherungen müssen in Zukunft verstärkt Konzepte für die komplette Bandbreite der Mobilität, also der Versicherung von Privatfahrzeugen, Car-Sharing oder Abo-Modellen anbieten – und das gleichzeitig und oft für ein und denselben Versicherungsnehmer. Unser digitales Telematikkonzept kann hier modellübergreifend zum Einsatz kommen und für beide Parteien Kosten sparen – und letztlich sogar zur Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer beitragen“, so Voss.

Das Telematikmodell greife nicht auf Daten zurück, die von den Fahrzeugen selbst oder den Motion-Sensoren und Gyroskopen in den Smartphones der Kunden stammen, betont der Versicherer. Der zum Einsatz kommende Beacon ist nicht größer als ein Vignetten-Aufkleber und wird im Fahrzeuginnenraum angebracht. Dort erfasst er alle versicherungsrelevanten Fahrdaten. Dadurch können lückenhafte oder gar verfälschte Datensätze ausgeschlossen werden.

Foto: Florian Sonntag

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