„Als Allianz haben wir einen sehr guten Zugang über unser starkes Firmenkundengeschäft“

Foto: Allianz
Nina Klingspor, Vorstandsvorsitzende der Allianz PKV.

Die Allianz PKV ist Marktführer im Segement der betrieblichen Krankenversicherung. Im ersten Quartal 2022 konnte der Versicherer das bkV-Geschäft im Vergleich zur Vorjahresquartal mehr als verdoppeln. Cash. sprach mit der APKV-Vorstandsvorsitzenden Nina Klingspor über die Gründe für den Erfolg und die Chancen, die bKV als "dritte Säule" der Krankenversicherung fest zu etablieren.

Frau Klingspor, wir hatten im Sommer 2020 ein Interview geführt. Seinerzeit sagten Sie, dass sich jeder dritte Arbeitgeber für eine neue bKV bei der Allianz entschieden hätte. Wo steht die Allianz Private Krankenversicherung beim Thema bKV heute?

Klingspor: Auch 2021 hat sich jeder dritte Arbeitgeber bei einem Neuabschluss für die Allianz entschieden. Wir haben diese starke Position sogar prozentual noch weiter ausgebaut. Das ist ein wirklich grandioses Ergebnis, und ich möchte mich ganz explizit bei unseren Vertriebspartnern bedanken.

Welche Bedeutung spielt die betriebliche Krankenversicherung für die APKV?

Klingspor: Die bKV ist und bleibt ein Wachstumsmarkt für uns. Im vergangenen Jahr legte die APKV mit der bKV nach Monatsbeiträgen um 56 Prozent im Vergleich zum sehr guten Vorjahr zu. Überaus erfreulich ist nun auch der Start in 2022: Das erste Quartal ist mehr als doppelt so erfolgreich als der Vergleichszeitraum in 2021. Aus meiner Sicht kommen hier verschiedene Faktoren zusammen. Zum einen bieten wir Produkte an, die die Arbeitgeber offenkundig überzeugen. Zugleich hat die Pandemie uns allen noch einmal verdeutlicht, wie wichtig eine gute Gesundheit ist. Mit der bKV zeigen Arbeitgeber glaubwürdig, dass sie sich um ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern und nachhaltig etwas für deren Gesundheit tun wollen.

Wir bekommen von Unternehmen immer wieder gespiegelt, was für ein wichtiges Instrument die bKV ist, um Mitarbeitende für sich zu gewinnen und ebenso sie zu halten. Auf sehr gutes Feedback stößt auch, dass wir für die bei uns bKV-Versicherten sehr viele zusätzliche Services bieten. Gerade kommt beispielsweise die Pflege Assistance hinzu – ein Service für alle Tarife und sowohl für Neu- als auch Bestandkunden.

Werden Angehörige von Versicherten plötzlich pflegebedürftig, steht ihnen nun diese Pflege Assistance kostenfrei zur Seite. Sie organisiert bei Bedarf Hilfe beim Einkauf und im Haushalt oder kümmert sich um psychologische Unterstützung. Sie kann auch einen Platz in der Tagespflege oder, wenn die Beteiligten es wünschen, in einem Pflegeheim beschaffen. Die Allianz garantiert in diesem Fall, für Versicherte oder ihre Angehörigen innerhalb von 24 Stunden einen Pflegeheimplatz zu finden.

Sie haben kürzlich eine Studie zur bKV veröffentlicht. Was war für Sie das überraschendste Ergebnis?

Klingspor: Mich hat sehr gefreut, wie groß heute das Interesse bei den Unternehmen an einer betrieblichen Krankenversicherung ist. In der repräsentativen Studie des Marktforschungsinstituts Infas quo haben 54 Prozent der befragten Arbeitgeber, die noch keine bKV anbieten, angegeben, dass sie der bKV offen gegenüberstehen, sich konkret mit ihr beschäftigen oder sogar schon planen, eine für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter abzuschließen. Das ist beachtlich. Noch vor drei bis vier Jahren wussten viele Arbeitgeber wenig über eine bKV. Heute hat sich die „Versicherung vom Chef“ zu einem Trendthema entwickelt.

Wie groß ist mittlerweile die Bereitschaft, sich auf die betriebliche Krankenversicherung einzulassen?

Klingspor: Die Studie gibt uns hierbei gute Einblicke. Aktuell ist das Interesse besonders hoch und konkret bei mittelgroßen und größeren Unternehmen. Unter den befragten Arbeitgebern mit 50 bis 249 Mitarbeitenden beschäftigt sich nahezu jeder vierte näher mit dem Thema bKV oder plant, eine solche Versicherung abzuschließen. Bei größeren Betrieben mit 250 und mehr Beschäftigten trifft das auf rund jeden fünften zu.

Betrachten wir die Branchen, sehen wir eine besondere Nachfrage im Pflegebereich und bei Krankenhäusern. Zudem zeigen sich IT-Unternehmen und das Transportwesen sehr aufgeschlossen. Diese Branchen ringen ja besonders um Fachkräfte, und die bKV ist eine Möglichkeit, um sich den Mitarbeitenden zusätzlich attraktiv zu zeigen.

Sie schreiben, dass sich mittlerweile rund 17.500 Firmen in Deutschland für einen bKV entschieden hatten. Das klingt viel, ist aber im Verhältnis zum Gesamtmarkt sehr wenig, wenn man sich den Gesamtmarkt anschaut.

Klingspor: Sie haben vollkommen recht: Wir haben noch ein unglaublich großes Potenzial an Unternehmen, die wir erreichen können. Das ist eine hervorragende Nachricht. Wir beobachten immer wieder, wie schnell sich die Verantwortlichen für eine bKV begeistern, sobald sie mehr darüber hören. Denn wie funktioniert unsere bKV? Sie ist für den Arbeitgeber und Arbeitnehmer maximal transparent und einfach: Es gibt einen Einheitspreis für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer – unabhängig von ihrem Alter.

Sprich: Das Unternehmen sagt, wie viele Mitarbeitende es hat und welche bKV-Variante es für seine Beschäftigten möchte, und wir nennen sofort den Preis. Es gibt keine Risikoprüfung, keine Zahnstaffeln und keine Wartezeiten. Wir sind für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter selbst bei einer laufenden Behandlung da. Das überzeugt. Zusammen mit unseren Vertrieben und Vertriebspartnern sorgen wir dafür, dass immer mehr Betriebe und Konzerne von der bKV wissen. Als Allianz haben wir beispielsweise einen sehr guten Zugang zu Unternehmen über unser starkes Firmenkundengeschäft in der betrieblichen Altersvorsorge. Das nutzen wir natürlich.

Und welche Unternehmen schließen bei Ihnen eine bKV ab?

Klingspor: Wir haben die Erfahrung gemacht, dass kleinere und mittlere Firmen als Erste die bKV für sich entdeckt hatten, um ihren Mitarbeitenden sofort erlebbare Personalzusatzleistungen zu bieten. Der Fachkräftemangel trifft sie besonders stark, und mit der bKV konnten sie sich unkompliziert und schnell einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. Inzwischen interessieren sich auch große Unternehmen und Konzerne stark für unsere bKV, denn sie lässt sich problemlos in ihr vielleicht schon bestehendes betriebliches Gesundheitsmanagement integrieren.

Ein großer Vorteil der bKV ist dabei, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die Angebote individuell nutzen können. Sie müssen nicht mehr an den Firmenstandort kommen, wenn sie zum Beispiel Vorsorgeuntersuchungen oder Gesundheitskurse wahrnehmen möchten. Gerade in Zeiten, in denen Homeoffice eine immer größere Rolle spielt, ist das ein Gewinn.

Lassen Sie uns über Ihr Konzept sprechen. Einige Anbieter offerieren Budgettarife, andere setzen auf Bausteintarife. Sie bieten beides und darüber hinaus noch ein Kombi-Modell. Für welche Variante entscheiden sich die Kunden?

Klingspor: Wir haben unsere Produktpalette im Frühjahr 2021 um die Budgetkomponenten erweitert. Bei diesen stellen Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden ein jährliches Budget zwischen 300 und 1500 Euro pro Person zur Verfügung, und die Arbeitnehmer entscheiden dann selbst, welche Gesundheitsleistungen sie dafür in Anspruch nehmen. Die Beiträge zahlt der Arbeitgeber. Wir haben uns zu dieser Produkterweiterung aus einem wichtigen Grund entschieden: Jede Branche, jedes Unternehmen und jede Belegschaft hat andere Bedürfnisse. Darauf gehen wir mit unseren unterschiedlichen Produktkonzepten ein und bieten Arbeitgebern dabei eine maximale Entscheidungsfreiheit.

Sie bestimmen, was am besten zu ihnen und ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern passt, ob Baustein- oder Budgetmodell – oder eine Kombination aus beidem. Damit machen wir die bKV extrem individuell für das jeweilige Unternehmen. Entsprechend ist die Nachfrage: Die Unternehmen suchen sich das Optimale für sich und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus. Die Budgetangebote kommen dabei sehr gut an.

Welche Bausteine, welche bKV-Leistungen sind besonders beliebt?

Klingspor: Am beliebtesten sind unsere Zahntarife, häufig auch in Kombination mit unseren Budget- oder Vorsorgetarifen. Seit zwei Jahren beobachten wir außerdem mehr Abschlüsse von Krankenhaustarifen – auch wenn diese etwas teurer sind. Mag sein, dass dabei der steuerliche Aspekt auch eine Rolle spielt. Die bKV kann seit 2020 als Sachlohn bis zu 44 Euro steuer- und sozialversicherungsfrei gewährt werden. Jetzt in 2022 ist die Freigrenze auf 50 Euro gestiegen. Mir ist hier aber wichtig zu betonen, dass wir die bKV nicht als Steuersparmodell sehen und anbieten. Wir erleben, dass Arbeitgeber den Mehrwert der bKV auch unabhängig von einem steuerlichen Vorteil überzeugt.

Was macht die bKV so besonders für die Personalpolitik der Firmen?

Klingspor: Die bKV hat für Firmen den doppelten Vorteil, dass sie gegenüber ihren Beschäftigten sehr hohe Wertschätzung vermittelt – und das langfristig. Eine einmalige Bonuszahlung ist schnell vergessen, aber über den Gesundheitsschutz freut man sich bei jedem Arztbesuch. Es kommt bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern an, wenn sie eine Vorsorgeuntersuchung oder den Zahnersatz durch den Chef oder die Chefin finanziert bekommen. Der Arbeitgeber sorgt sich mit der bKV um die Gesundheit seiner Beschäftigten. Das ist eine sehr emotionale Bindung.

Wir wissen aus Gesprächen, dass es im qualifizierten Geschäftsfeld der bKV nur wenige hundert Vermittler gibt, die sich strategisch mit dem Thema bKV auseinandersetzen. Wo liegen aus Ihrer Sicht die vertrieblichen Herausforderungen?

Klingspor: Ich beobachte auch, dass bislang eher wenige Vermittler den Markt für sich erschlossen haben. Aus Gesprächen wissen wir, dass das Thema für Vertriebe oft noch neu ist und nicht jedem fällt die Ansprache der Firmenkunden mit dem passenden Argument leicht. Daher unterstützen wir im Vertrieb in allen Phasen der Kundengewinnung. Um beispielsweise das jeweils am besten passende Produkt für den Arbeitgeber zu finden, ist es wichtig, nach seinem größten Druckpunkt zu suchen: Hat er eher Schwierigkeiten, junge Menschen zu finden, um sie auszubilden? Oder geht es darum, Fachkräfte langfristig an das Unternehmen zu binden?

Und will er die Arbeitsmotivation fördern oder einer steigenden Zahl an Krankentagen der Mitarbeitenden entgegenwirken? Nachdem das geklärt ist, geht es in die entscheidende Phase. Dabei begleiten wir unsere Vermittler von der ersten Ansprache der Firmenkunden über den Abschluss des Vertrages bis hin zur Information der Belegschaft über den neuen Service ihres Chefs oder ihrer Chefin. All das ist auch online möglich. Und bei fachlichen Fragen zu Details der Policen können Vermittler und Arbeitgeber unsere hauseigenen Spezialisten zurate ziehen.

Wo sollte beziehungsweise muss der Gesetzgeber bei der betrieblichen Krankenversicherung Ihrer Meinung nach nachschärfen?

Klingspor: Ich bin davon überzeugt, dass die Zahl der Unternehmen deutlich steigen wird, die ihren Beschäftigten eine bKV anbieten. Für einen Arbeitgeber ist es eine maximal einfach zu handhabende Zusatzleistung, die bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern besonders wertschätzend ankommt. Sollte sich der Gesetzgeber dazu entscheiden, dies zu fördern, würde das die Gesundheitsversorgung in Deutschland natürlich weiter stärken. Um die bKV fest als „dritte Säule der Krankenversicherung“ zu etablieren, bedarf es jedoch – analog zur betrieblichen Altersvorsorge –  mittelfristig einer eigenen Förderung. Die bKV könnte darüber hinaus auch ein echter Treiber in der Pflegeabsicherung werden. Wir beobachten aufmerksam, wie sich die neue Bundesregierung dazu positionieren wird.

Das Interview führte Cash. Redakteur Jörg Droste

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