SDK-Vertriebsvorstand Olaf Engemann: „Die bKV gehört zu einer ordentlichen Visitenkarte eines Unternehmens“

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Olaf Engemann, SDK.

Die betriebliche Krankenversicherung (bKV) verzeichnet Wachstumsraten im zweistelligen Prozentbereich. Nur ist es der Branche bislang nicht gelungen, in der Breite in die Unternehmen hineinzukommen. Ein Gespräch mit SDK-Vertriebs- und Marketingvorstand Olaf Engemann über die Marktchancen, Wertigkeiten, neue Vertriebsansätze und die Bedeutung der bKV für eine nachhaltige Ausrichtung. Von Cash. Redakteur Jörg Droste.

Herr Engemann, welche Bedeutung hat die betriebliche Krankenversicherung für die SDK?
Engemann: Einer der Top-Drei-Markt-Trends bei Maklern ist das Thema bKV. Eine aktuelle Studie der Allianz bestätigt dies. Gegenüber 2020 hatte die SDK bei der bKV eine Steigerung um 60 Prozent. Mein Gefühl ist, dass sich viele Unternehmen derzeit darum kümmern, ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern etwas Gutes im Kontext Gesundheit und Gesundheitserhaltung zu tun. Die Relevanz der betrieblichen Gesundheitsvorsorge steigt und damit auch das Geschäftspotenzial.

Die Pandemie hat die Welt verändert. Insbesondere die bKV scheint trotz oder gerade wegen der Pandemie sehr gut zu laufen, richtig?
Engemann: Die Pandemie hat Unternehmen deutlich aufgezeigt, wie wertvoll es ist, gesunde Mitarbeiter zu haben. Zum einen aus dem Blickwinkel der Fürsorge-Verantwortung. Und andererseits kann der Geschäftsbetrieb nur mit einer fitten Belegschaft erfolgreich aufrechterhalten werden. Ist die Produktivität erst einmal nicht mehr vollumfänglich sichergestellt, wird es schwer, Umsatz und Ertrag zu erhalten. Dieses Bewusstsein ist in der Pandemie geschärft worden. Zumindest haben wir das an unseren bKV-Umsätzen und der Nachfrage gesehen.

Warum laufen ihre Tarife unter dem Label „Die Gesundwerker“?
Engemann: Wir haben 2013 die Genossenschaft „gesundwerker eG“ gegründet. Damals schon in dem Bewusstsein, dass wir über das klassische Anbieten von Produkten in der PKV und auch im Kontext von Firmenversicherungen hinausgehen wollten. 2018 haben wir dann vor dem Hintergrund unseres Markenrelaunches überlegt, das Firmenkundengeschäft besonders zu positionieren und unser Portfolio aus BGM und bKV erweitert und einen Dreiklang daraus entwickelt. Denn das Zusammenspiel aus Absicherung, betrieblichem Gesundheitsmanagement und ergänzenden Dienstleistungen ist aus unserer Sicht der richtige Weg zu einem nachhaltigen und ganzheitlichen Konzept für Gesundheit im Betrieb. Die Positionierung unseres Dreiklangs ist über die Gesundwerker gut gelungen. „Die „Gesundwerker“ sind somit eine Vertriebsmarke, sie soll dem Thema eine entsprechend angemessene Bedeutung im Markt geben.

Die SDK begleitet den bKV-Markt seit über zwei Jahrzehnten. Welche Trends sehen wir in der Sparte?
Engemann: Zum einen sehen wir das steigende Bewusstsein – wie bereits erwähnt nochmals verschärft durch Corona – und seit drei oder vier Jahren in Folge steigende Absatzzahlen. Früher lag der Fokus darauf, die bKV über klassische Zusatztarife anzubieten. Im Prinzip waren die Produkte sehr stark an klassische Privatkundentarife wie die ambulante Absicherung oder die Zahnzusatzversicherung angelehnt. 2018/2019 wurde dann mit den Budgettarifen der Markt neu belebt. Die bKV hat seither ein an Stellenwert gewonnen. Nur ist es der Branche bislang nicht gelungen, in der Breite in die Unternehmen hineinzukommen.

Woran liegt es?
Engemann: Es gilt den Unternehmer zu überzeugen, den Geschäftsführer, gegebenfalls auch den Betriebsrat dafür zu gewinnen. Deswegen sind ja die Budget-Tarife entstanden. Es geht um einen schlanken, schnellen und vor allem einfachen Einstieg in die Produktwelt. Mit den ersten Budget-Tarifen hat sich der Markt stark entwickelt. Mittlerweile sind viele Gesellschaften hier gefolgt. Wir haben den Schritt in 2021 bewusst gemacht, obwohl wir erst 2020 die komplette bKV-Palette mit unserem Baukasten-System überarbeitet hatten. So können wir unsere hochwertigen Produkte nun auch Unternehmen anbieten, die dem Thema zuvor eher zurückhaltend gegenübergestanden hatten. Darüber hinaus gewinnen Serviceleistungen und Gesundheitsdienstleistungen an Bedeutung. Es geht darum, den Mitarbeitenden zu helfen, sie zu unterstützen und zu entlasten. Diese Services erwarten die Firmen von einem Gesundheitsdienstleister.

Es wird in der Branche zunehmend darüber diskutiert, die bKV als Pendant zur bAV zu etablieren, um darüber auch die eigentlich nötige Pflegeabsicherung sicherstellen zu können. Eine gute Idee?
Engemann: Auf jeden Fall ist das ein bedeutsames Thema. Ich glaube, gerade im Kontext Pflege sehen wir, wie eklatant die Finanzierungslücken in der gesetzlichen Absicherung sind. Es reicht nicht aus, sich auf die staatliche Grundversorgung zu verlassen. Denn der Staat wird zu den heutigen Beitragssätzen auf Dauer die Versorgung nicht sicherstellen können. Auf Seiten des Gesetzgebers müssen Ideen für eine entsprechende Förderung entwickelt werden. Und es geht darum, das Bewusstsein in Richtung privater Pflegevorsorge zu schärfen. Im Grunde braucht es auch hier den Dreiklang aus gesetzlicher, privater und betrieblicher Absicherung. Es geht darum, dass die bKV eine andere gesetzliche Förderung erhält. Und um eine Entlastung des Systems auf der gesetzlichen Seite. Wenn wir uns die enormen staatlichen Finanzzuschüsse ansehen, werden wir gar nicht umhinkommen, neue Ideen zu entwickeln, wie wir über die bKV die Pflege langfristig finanzierbar machen können.

2021 hatten rund 17.500 Unternehmen eine bKV abgeschlossen. Das ist wenig mit Blick auf den Gesamtmarkt. Wer schließt bei der SDK ab?
Engemann: Wir bieten die bKV bereits ab einer Gruppe von fünf Personen an. Und das müssen nicht nur Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sein, sondern können auch Familienangehörige sein. Wir sind gerade im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen traditionell sehr stark unterwegs. Mit unseren neuen bKV-Tarifen sprechen wir aber nicht nur kleinere Firmen an, sondern bewusst auch KMUs und auch größere Unternehmen mit mehr als 500 Mitarbeitenden an.

Ich würde sehr gerne auf die Wertigkeit der bKV zu sprechen kommen: Welche Bedeutung spielt sie im Konzert der Betriebszusatzleistungen?
Engemann: Ein guter Impuls war, dass Arbeitgeber ihren Mitarbeitenden statt der 44 Euro nun eine bKV im Rahmen der 50-Euro-Freigrenze für Sachbezüge steuer- und sozialversicherungsfrei gewähren können. Wenn man die bKV aber mit der bAV gleichsetzt, müsste man über weitergehende Förderungsmöglichkeiten nachdenken. Für ein Unternehmen ist das auch unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten maßgeblich. Zudem sind die Vorteile einer bKV sofort erlebbar. Rechnungen werden sofort bezahlt und man genießt den Status eines Privatpatienten im Rahmen der bKV. Hinzu kommt der zunehmende Wettbewerb um Fachkräfte. Insofern gehört eine bKV zu einer ordentlichen Visitenkarte eines Unternehmens dazu. Sie ist ein zentrales Element dessen, was einen attraktiven Arbeitgeber ausmacht. Meiner Ansicht nach darf es heutzutage nicht sein, dass eine bKV mit einem Tankgutschein konkurriert. Gesundheit ist ein Megatrend und in den ESG-Zielen ist als direktes Ziel „Gesundheit und Wohlergehen“ definiert. Ich würde niemals auf die Idee kommen, einen Tankgutschein mit der Wertigkeit einer bKV gleichzustellen.

Im Geschäftsfeld bKV setzen sich nur wenige hundert Vermittler mit dem Thema auseinander. Wo sehen Sie hier die Herausforderungen?
Engemann: Es sind leider zu wenige, die sich mit dem Thema intensiver auseinandersetzen. Dies war mitunter auch ein Auslöser für die Überlegungen zu den Budgettarifen. Der Gedanke dabei war, über einfachere Produkte den Markt zu erobern. Denn das Potenzial ist ja da. Wir bauen auf die Makler, die den Kontakt zu den Unternehmen haben. Eigentlich reicht es für Vermittler, das Thema anzusprechen und für die Beratung dann die bKV-Spezialisten hinzuzuziehen, wie eben etwa unsere SDK Gesundwerker. Die bKV hat enormes Potenzial und wir versuchen, es nun in die Breite zu bekommen. Es geht darum, einen Anker zu setzen, das Bewusstsein des Arbeitgebers für die betriebliche Gesundheitsversorgung zu wecken. Und es geht um niedrigschwellige Angebote. Wir haben eine App entwickelt, mit der personalisiert über den Arbeitgeber auf das bKV-Angebot hingewiesen wird. Zugleich werden die Zusatzoptionen aufgezeigt. Über die App kann der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin, Zusatzversicherungsmöglichkeiten suchen, kann Kinder oder den Partner mit aufnehmen, das Angebot rechnen lassen und dann über die App abschließen. Das ist ebenso simpel wie attraktiv.

Welchen Stellenwert wird die bKV im Markt erhalten?
Engemann: Das Wachstum, das wir in den vergangenen zwei Jahren hatten, setzen wir mit Sicherheit fort. Das Bewusstsein um die Gesundheit ist gewachsen, die Pandemie hat die Bedeutung noch einmal gesteigert. Und jedes Unternehmen muss schauen, mit welchen Mehrwerten, mit welcher Wertschätzung gegenüber den Mitarbeitenden gepunktet wird. Da ist die bKV etwas, das direkt wahrgenommen wird und erheblich zur Arbeitgeber-
attraktivität und Zufriedenheit der Mitarbeitenden beiträgt. Denn letztlich gilt ja: Nur gesunde und zufriedene Mitarbeitende können Höchstleistungen erbringen. Die Unternehmen erkennen das zunehmend.

Das Interview führte Cash. Redakteur Jörg Droste

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