Vertriebshaftung: Weitere Schlappen für Anlegeranwälte

Der BGH hat in mehreren Urteilen erneut Ansprüche von Anlegern abgeschmettert. Wendet sich nun das Blatt zugunsten des Vertriebs?

Der Löwer-Kommentar

„Die Hoffnung, dass der BGH keine grundsätzlich neuen Forderungen an den Vertrieb mehr aufstellen wird, erscheint nicht unberechtigt.“

Das jüngste Urteil zur Vertriebshaftung veröffentlichte der Bundesgerichtshof (BGH) in der vergangenen Woche: Demnach ist es kein Prospektfehler, wenn es dort zur Fungibilität der Anteile heißt, ein Zweitmarkt sei „zur Zeit“ nicht vorhanden (III ZR 385/14).

Dadurch werde bei einem geschlossenen Fonds nicht der – unzutreffende – Eindruck erweckt, dass lediglich für einen absehbaren und vorübergehenden Zeitraum keine Möglichkeit besteht, den Anteil zu veräußern, so der BGH in seinem Leitsatz.

Eine gegenteilige Entscheidung hätte durchaus das Potenzial gehabt, erneut unzählige Vermittler chancenlos ins Unglück zu stürzen. Schließlich enthielt eine Vielzahl von Prospekten eine solche Formulierung, die dann auch dem Vertrieb angelastet worden wäre. Dieser Kelch geht nun an der Branche vorbei.

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Erneutes Anwalts-Fiasko bei Güteanträgen

Schon zuvor hatte der BGH Anlegeranwälten eine weitere schwere Schlappe zugefügt. In Zusammenhang mit Güteanträgen hatte er Anfang September erneut entschieden und präzisiert, dass ein nicht ausreichend individualisierter Antrag die Verjährung nicht hemmt (III ZR 347/14).

Der Antrag auf ein Güteverfahren war ein beliebtes Mittel der Anlegeranwälte gewesen, um ohne sofortige Klage (und deren Begründung) die Verjährung einfach zu verhindern.

Nicht wenige dieser Fälle waren Massenverfahren mit vorgefertigten und entsprechend allgemein gehaltenen Angaben für eine Vielzahl von Anlegern. Dieser Praxis schob der BGH nun nachträglich einen Riegel vor und erklärte solche Anträge für unzureichend.

Ansprüche verjährt und wertlos

Pech für die Anleger: Ihre Ansprüche sind damit verjährt und wertlos. Die Anzahl der Betroffenen dürfte nach Einschätzung von Branchenkennern sogar höher sein als die Zahl jener Anleger, deren Anwälte vergeblich versucht hatten, die Verjährung per Mahnbescheid zu hemmen.

Unangenehm könnte es damit auch für die Anwälte selbst werden. Jedenfalls empfiehlt Rechtsanwalt Oliver Renner in seinem Gastbeitrag zu dem BGH-Urteil auf Cash.Online wie schon bei den Mahnbescheids-Fällen auch zu den Güteanträgen, dass betroffene Anleger nun Regressansprüche gegen ihre Rechtsberater prüfen sollten.

Es könnte also auf eine weitere Klagewelle hinauslaufen – diesmal allerdings gegen die Anwälte. Vor allem für „Anlegerschutzkanzleien“, die mehrere 100 oder gar 1.000e solcher Fälle übernommen hatten und mit scheinbar einfachen Mitteln die Verjährung verhindern wollten, könnte es nun eng werden.

Seite 2: Zwischen den Zeilen der BGH-Urteile

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