Die EZB versucht die Konjunktur zu retten, ohne sie retten zu können

Was für eine herrliche Vision, oder? Nicht so schnell! Dieses geldpolitische Projekt „Aktienkauf“ setzt nämlich voraus, dass die EZB einen sehr langen Atem hat. Sie ist dann ohnmächtig dazu gezwungen – wie bei Anleihen – immer allmächtig zu sein. Denn hält sie sich bei Aktienkäufen zurück oder verkauft sie sogar Aktien, käme es umgehend zu massiven Kurseinbrüchen mit wirtschaftspsychologischer Stimmungseintrübung. Und erst recht bei exogenen Schocks an den Aktienmärkten durch schwarze Schwäne wäre der „polit-moralische“ Druck auf die EZB riesengroß, stützend einzugreifen. Das müsste unsere Notenbank schon aus eigenen Motiven tun, da über Kursverluste die Anlagebestände der EZB Schaden nähmen. Aus dieser neuen geldpolitischen Rettungsnummer käme die EZB nicht mehr heraus. Sie säße in der Falle, im Mauseloch und draußen warten die Katzen.

Planwirtschaftliche Aktienkursbevormundung

Übrigens stellen sich bei dieser neuen unkonventionellen geldpolitischen Lust viele technische Fragen. Im Vergleich zur japanischen Notenbank ist die EZB eine Dach-Notenbank. Sie müsste sich nicht nur um einen, sondern um gleich 19 nationale Aktienmärkte kümmern. Aber welche Aktien soll sie denn nach welchen Schlüsseln kaufen? Kauft sie Aktien strukturschwacher Länder, um diesen gegenüber den wirtschaftsstärkeren Euro-Ländern besondere Unterstützung zukommen zu lassen? Oder kauft sie nach Größe des Aktienmarkts? Dann würden deutsche Aktien wie deutsche Anleihen besonders profitieren. Böses Blut der ohnehin kritischen Euro-Staaten wäre vorprogrammiert. Gibt es Bonitätsvorgaben der aufzukaufenden Unternehmensaktien? Wenn ja, kämen ausgerechnet die Unternehmen in den Genuss von Aktienkäufen, die diesen Vorteil am wenigsten benötigen. Werden dagegen schwerpunktmäßig finanzschwache Unternehmen begünstigt, gewährt man ihnen im Extremfall lebensverlängernde Maßnahmen zu gewähren, obwohl sie die in einem ordentlichen marktwirtschaftlichen Umfeld abgewickelt werden sollten.

Und stellen Sie sich einmal die arbeitstechnische Revolution bei Aktienanalysten vor. Waren bis dato fundamentale Argumente für Kauf bzw. Verkauf einer Aktie ausschlaggebend, gerieten diese gegenüber dem Totschlag-Kaufargument der Geldpolitik ins Hintertreffen. Diesen Problemen auf Einzelaktienebene könnte man mit dem Kauf von ETF’s, die auf Aktienindices basieren, zwar teilweise entgegenwirken. Doch die grundsätzlichen Konflikte planwirtschaftlicher Aktienkursbevormundung blieben bestehen. Die Marktwirtschaft ist bereits an den Anleihemärkten durch das dirigistische Eingreifen der EZB beendet worden. Kauft sie auch noch hemmungslos Aktien auf, setzt sich der Siegeszug des geldpolitischen Sozialismus fort.

Seite drei: Zweifel an Investitionstätigkeit

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