Herr Wiersig, Ihre erste größere Geldanlage – erinnern Sie sich?
Wiersig: Ich komme aus sehr einfachen Verhältnissen und war nie in der Situation, mit irgendwelchen Erbschaften gesegnet zu sein. Eigentlich habe ich immer in mich selbst investiert. Als Kind habe ich Eicheln und Kastanien gesammelt und verkauft. Vom Verkaufserlös habe ich mir dann einen Fahrradanhänger gekauft. Meine Eltern sind völlig ausgeflippt, sie haben das nicht verstanden. Aber für mich war der Anhänger wichtig, um noch mehr Eicheln und Kastanien transportieren zu können. Mir war das, was ich mache, immer schon wichtiger als das Geld, das ich damit verdienen kann.
Worin investieren Sie heute und warum?
Wiersig: Man ist ja besonders vorsichtig, wenn man kein dickes Polster hat, auf das man zurückfallen kann – wenn man ohne Netz und doppelten Boden unterwegs ist, so wie ich im Meer. Für mich geht Geld mit Vertrauen einher. Mir ist wichtig, einen vertrauensvollen Gesprächspartner zu haben, der mich in Geldfragen berät. Ich hatte einen geringen Teil meines Geldes in Kryptowährungen investiert. Als sie kürzlich auf ihrem Höchststand waren, habe ich das Geld da wieder rausgeholt. Ich habe nicht darauf gewartet, dass der Bitcoin noch höher steigt, sondern habe mir von dem Geld neues Kameraequipment gekauft. So habe ich in etwas investiert, das ich selbst steuern kann. Ich bin kein Spieler, ich lasse mich nicht gern auf Dinge ein, die ich nicht beeinflussen kann.
Welche Rolle spielt der Faktor Nachhaltigkeit beim Investieren für Sie?
Wiersig: Manche Extremsportler wollen einfach nur den Gipfel erreichen und sehen nicht, was um sie herum mit der Umwelt passiert. Sie sind blind, wie in einem Tunnel. Ich bin jemand, der Augen und Ohren immer ganz weit offen hat. Ich bin da draußen im Meer ja mittendrin. Überfischung, Anstieg der Meeresspiegel, Plastikmüll – ich bin dort ein Teil dessen und erfahre das alles direkt, während andere Menschen nur darüber lesen oder schreiben. Wenn ich nachts draußen im Ozean in eine Plastikplane oder gegen eine Europalette schwimme und lauter Tieren mit Angelhaken in ihren Körpern begegne, dann lässt mich das nicht kalt. Dann überlegt man sich, mit seinem Geld Dinge zu tun, die in die Zukunft gerichtet einfach gut sind. Ich brauche ein gutes Gefühl und könnte mein Geld nicht in Aktien von irgendwelchen Rüstungskonzernen investieren. Damit wäre ich total unglücklich. Das Extremschwimmen hat natürlich immer noch eine sportliche Komponente, aber mittlerweile ist meine Hauptmotivation, die Menschen zu sensibilisieren und zu animieren, sich mehr für die Ozeane einzusetzen.
Sie haben als erster Deutscher die „Ocean’s Seven“ geschafft, die größte Herausforderung im Langstreckenschwimmen. Wie haben Sie sich gegen die speziellen Risiken Ihres Sports abgesichert?
Wiersig: Ich habe eine Risikolebensversicherung abgeschlossen, damit meine Frau und meine Kinder abgesichert sind, falls mir bei einer meiner Aktionen etwas zustößt. Ich bin einfach beruhigter, wenn ich weiß, dass für meine Familie und meine Mitarbeiter gesorgt ist, denn ich habe ja eine gewisse Verantwortung für sie. Das Extremschwimmen wird vernünftig versichert, ganz ohne Risikozuschläge. Es gibt aber einen knallharten Fakt: Wenn es zu einem tödlichen Unfall kommen sollte, muss noch irgendein Körperteil aus dem Meer gezogen werden, denn erst dann wird man für tot erklärt – sonst gilt man als vermisst. Und dann zahlt die Versicherung erstmal nicht.
Das Gespräch führte Kim Brodtmann, Cash.