Atradius: Insolvenzen und Forderungsausfälle steigen 2026 auf neue Rekordwerte

Insolvenz, Paragraf 42 Bürgerliches Gesetzbuch
Foto: Smarterpix /Kiwar
Deutschlands Wirtschaft geht nach Einschätzung von Atradius auf ein Jahr mit außergewöhnlich vielen Insolvenzen zu.

Die Zahl der Firmenpleiten und Forderungsausfälle in Deutschland steigt weiter deutlich an. Der Kreditversicherer Atradius rechnet für 2026 mit bis zu dreißigtausend Insolvenzen und einem Ausfallvolumen von rund fünfundsechzig Milliarden Euro. Welche Branchen von der Transformation besonders betroffen sind.

Die Transformation schlägt voll durch: Deutschlands Wirtschaft geht nach Einschätzung von Atradius auf ein Jahr mit außergewöhnlich vielen Insolvenzen zu. Für 2026 erwartet der Kreditversicherer bis zu dreißigtausend Unternehmenspleiten, nach rund fünfundzwanzigtausend in diesem Jahr. Noch stärker fällt der Anstieg bei den Forderungsausfällen aus: Sie könnten auf bis zu fünfundsechzig Milliarden Euro klettern, nachdem sie 2024 bei sechsundfünfzig Milliarden Euro lagen. Frank Liebold, Country Director Deutschland von Atradius, spricht von tief sitzenden strukturellen Herausforderungen und dämpft Hoffnungen auf eine schnelle Erholung.

Die deutsche Unternehmenslandschaft befinde sich nach den Worten von Liebold nicht in einer v-förmigen Krise, sondern eher in einer u-förmigen, ohne zu wissen, wie breit das U werden wird. So sehen sich Unternehmen heute mit Risiken konfrontiert, die morgen nicht vorbei sein werden. Da sind etwa die hohen Rohstoff- und Energiepreise, die nicht wieder das Vorkrisenniveau erreichen werden, oder die schwache Binnenkonjunktur, das gestiegene Zinsniveau, die Lieferschwierigkeiten etwa bei Chips, Billigimporte, Handelskonflikte, Zölle oder geopolitische Unsicherheiten. „Diese Polykrise trifft jeden – es gibt kaum eine Branche, wo alles wunderbar läuft“, so Liebold und ergänzt: „Diese Polykrise trifft Deutschland mitten in einem Strukturwandel und, das darf man nicht vergessen, Deutschland hat, wenn man es ganz realistisch betrachtet, auch nicht die besten Rahmenbedingungen.“

Besonders betroffen sind die Automobilhersteller und -zulieferer, die Stahl- und Metallindustrie sowie die Bauwirtschaft. Doch auch andere Branchen spüren die Auswirkungen der aktuellen Polykrisen.

Insolvenzen als Sanierungschance

Trotz der angespannten Lage sieht Atradius Fortschritte in der Qualität von Insolvenzverfahren. Professionalisierte Abläufe, digitale Werkzeuge und Künstliche Intelligenz führten dazu, dass Sanierungen häufiger gelingen. „Unser Ziel als Kreditversicherer ist es schließlich, (…) dass wir bei den Unternehmen, die bei uns auf die Intensivstation kommen, keine Sterbebegleitung machen wollen, sondern unsere Patienten wieder geheilt entlassen möchten“, sagt Liebold. Neue rechtliche Instrumente wie das StaRUG-Verfahren eröffneten zusätzliche Optionen, damit Unternehmen und Gläubiger gemeinsam tragfähige Lösungen finden.


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Ein zentrales Element sei die frühzeitige Risikoerkennung. Hinweise wie verzögerte Zahlungen, Stundungswünsche, steigende Kreditlinien oder auffällige Veränderungen im Management könnten früh auf eine Schieflage hinweisen. Besonders für mittelständische Unternehmen, die personell oft begrenzte Möglichkeiten zur Risikoprüfung haben, empfiehlt Atradius den Rückgriff auf konsolidierte Ratings und externe Expertise. Auch Eigentumsvorbehalte, belastbare Allgemeine Geschäftsbedingungen und Lieferantenpools können dazu beitragen, Forderungen besser abzusichern.

Zuversicht trotz Polykrise

Claudia Kaiser, Director Risk Services für Deutschland, Österreich und die Schweiz, unterstreicht, dass Kreditversicherer Unternehmen ganzheitlich bewerten. Entscheidend seien Strategie, Umsetzungskraft und transparente Kommunikation. Wenn diese Faktoren stimmten, begleite Atradius Firmen auch durch vorübergehende Krisen.

Gleichzeitig sieht Kaiser Chancen für die deutsche Wirtschaft. Die Transformation eröffne neue Potenziale, etwa in Bereichen wie Künstlicher Intelligenz, Robotik, Chipdesign oder Quantencomputing. Deutschland verfügt ihrer Ansicht nach über innovative Unternehmen und ein starkes Zusammenspiel zwischen Forschung, Wissenschaft und Industrie. „Ich glaube nach wie vor an diesen berühmten deutschen Erfinder und Tüftlergeist“, sagt Kaiser.

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