Ausufernde Staatsschulden: Zinslasten schnüren USA die Luft ab

Auch die Trump-Regierung ist sich der heiklen Lage bewusst. Sie versucht, dem Problem unkonventionell beizukommen, wobei vier Ansatzpunkte gewählt werden: DOGE, Zölle, die Fed und KI.

Zunächst wurde Elon Musk ins Rennen geschickt. Unter seiner Ägide sollte das neu errichtete Department of Government Efficiency (DOGE) 1.000 Milliarden US-Dollar im öffentlichen Haushalt einsparen – also genau die Summe, um die voraussichtlich die Zinslast steigen wird. Auch wenn die Behörde mit brachialer Gewalt vorgeht (»Kettensäge«), ist der Einsparerfolg bislang ernüchternd. Nach eigenen Angaben wurden inzwischen 200 Milliarden US-Dollar an öffentlichem Geld eingespart (z.B. durch Stellenstreichungen oder Vertragskündigungen). Nur ein Bruchteil davon ist aber verifiziert. Darüber hinaus haben Faktenchecker (z.B. New York Times, Politico, CBS News) bereits zahlreiche übertriebene Angaben, Doppelzählungen und Falschmeldungen entlarvt. In Wirklichkeit dürfte der Sparbetrag höchstens halb so hoch liegen.

Die Konsolidierung der Staatsfinanzen kann darüber hinaus auch über die Einnahmenseite erfolgen. Allerdings sollten dabei in den Augen von Trump statt der eigenen Bevölkerung die Ausländer zur Kasse gebeten werden. Die Zölle sind daher nicht nur ein Instrument zur Reduzierung des Handelsbilanzdefizits, sondern auch zur Sanierung des Staatshaushalts.

Das Trump-Lager ist optimistisch und rechnet mit jährlichen Zusatzeinnahmen aus den Zöllen von 500 Mrd. bis 600 Mrd. US-Dollar. Bei einem Importvolumen von rund 3.200 Mrd. US-Dollar (= Einfuhr im Jahr 2024) wird dabei ein durchschnittlicher Importzoll von 20% unterstellt. Die Rechnung dürfte aus zwei Gründen nicht aufgehen. Zum einen hätte ein so hoher Durchschnittszoll massive wirtschaftliche Verwerfungen zur Folge – allen voran würde ein mächtiger Inflationsschub drohen. Realistischer erscheint daher auf Dauer ein effektiver Zollsatz von 10 bis 15 Prozent

Darüber hinaus ist das wesentliche Ziel der Maßnahme, das Handelsbilanzdefizit zu verkleinern, indem die Importe zurückgedrängt werden, d.h. die Basis für die Zolleinnahmen nimmt sukzessive ab. Im Ergebnis dürfte es auf 200 bis 300 Milliarden US-Dollar an zusätzlichen Zolleinnahmen pro Jahr hinauslaufen. Dies ist jedoch genau der Betrag, den das neu beschlossene Haushaltsgesetz (OBBBA) an jährlichen Einnahmeausfällen verursacht. Damit rechnet unter anderem das CBO, wobei die günstige Annahme unterstellt wird, dass die neuen Steuerersenkungen 2028/2029 wieder auslaufen. Stand heute ist also nicht damit zu rechnen, dass sich die Einnahmequote in den nächsten Jahren erkennbar erhöht.

Abb. 6: Keine nachhaltige Entspannung

Quellen: Department of the Treasury, Bantleon

Die Entwicklung im laufenden Fiskaljahr (Oktober 2024 bis September 2025) deutet bereits in diese Richtung. Das Treasury-Department hat hierzu Daten bis Juli vorgelegt (vgl. Abb. 6). Demnach hat sich das Haushaltsdefizit des Bundes gegenüber 2024 weiter ausgeweitet und dies, obwohl die Zolleinnahmen seit April in die Höhe gesprungen sind (kumuliert sind es bis einschließlich Juli 136 Mrd. US-Dollar versus 63 Mrd. US-Dollar im Vorjahr). Am Ende dürfte das Budgetdefizit mindestens die Größenordnung des Vorjahres erreichen und damit im Fiskaljahr 2025 etwa bei 6 Prozent des BIP liegen. Die wundersame Haushaltssanierung ist somit bislang ausgeblieben.

Ein weiterer Baustein in Trumps Konzept ist die Unterwerfung der Federal Reserve. Das Kalkül des US-Präsidenten ist, dass eine ihm freundlich gesonnene Notenbank die Leitzinsen künstlich tief hält und damit auch die Zinslasten für den Staat. Mit der Nominierung des engen Vertrauten Stephen Miran zum Fed-Gouverneur ist ein erster Schritt zum Umbau der US-Notenbank gemacht. Allerderdings hat Trump einmal mehr die Sache nicht bis zu Ende gedacht.

Die Fed selbst weist stets darauf hin, dass sie mit dem Leitzins nur das kurze Ende der Renditekurve steuern kann. Das lange Ende wird viel stärker von den Inflationserwartungen dominiert und deren Schwankungsintensität hängt nicht zuletzt von der Glaubwürdigkeit der Notenbank in der Inflationsbekämpfung ab. Würde die Fed ihre Präferenz für Preisstabilität senken, würden automatisch die Inflationserwartungen in die Höhe schnellen. Ungerechtfertigte Leitzinssenkungen dürfte der Markt entsprechend mit steigenden Renditen am langen Ende quittieren. Über kurz oder lang sollten sich somit die Tauben in der Fed wieder zu Falken verwandeln. Die US-Notenbank kann somit die langfristigen Renditen nicht künstlich tief halten.

Es sei denn, die Fed kauft einen Großteil der Staatsanleihen auf, wie das zuletzt die Bank of Japan praktiziert hat. Eine solche Maßnahme ist aber höchst riskant und sollte nur in einem deflationären Umfeld – sprich aus geldpolitischen Gründen durchgeführt werden. Ansonsten läuft die Notenbank Gefahr, nicht nur die eigene Glaubwürdigkeit, sondern das Vertrauen in das gesamte Finanzsystem aufs Spiel zu setzen.

Schließlich setzt die Trump-Administration darauf, die Vormachtstellung der USA im Bereich der Künstlichen Intelligenz weiter auszubauen. Milliarden US-Dollar werden unter anderem in den Ausbau neuer Rechenkapazitäten gesteckt. Damit soll das Produktivitätswachstum angeschoben und die Wirtschaft auf einen höheren Wachstumspfad gehoben werden. Im Idealfall würden die USA damit aus den Schulden hinauswachsen.

Noch ist allerdings strittig, welche Effekte KI auf die Wirtschaft entfalten wird. Im Endeffekt ist schon viel gewonnen, wenn durch den verstärkten Einsatz von Chatbots und Robotern die zuletzt schwache Entwicklung des Produktivitätswachstums (Arbeitsproduktivität pro Beschäftigten) bei 1,5 Prozent stabilisiert werden kann.

Während die Wirkung von KI auf das Wachstumspotenzial also noch unklar ist, hat eine andere Stoßrichtung der Trump’schen Politik eindeutig negative Effekte: die Unterbindung der Einwanderung. Die Nettozuwanderung hat in den vergangenen Jahren maßgeblich das Arbeitskräftepotenzial erhöht – die US-Bevölkerung selbst wächst dagegen kaum noch (vgl. Abb. 7). Bleibt der Rückenwind von der Immigration aus, fällt somit ein wesentlicher Wachstumstreiber weg. Im Ergebnis spricht viel dafür, dass das Potenzialwachstum in den nächsten zehn Jahren eher unter als über 2,0 Prozent liegt.

Abb. 7: Ohne Zuwanderung kein Wachstum

Quellen: CBO, Bantleon

Die Fiskalpolitik hat als Feuerwehr ausgedient

Lesen Sie hier, wie es weitergeht.

1 2 3 4 5Startseite
Weitere Artikel
Abonnieren
Benachrichtige mich bei
0 Comments
Inline Feedbacks
View all comments