ELTIF: Eine neue Generation Sachwertfonds

Foto: hep solar
ELTIFs können auch Solarprojekte finanzieren (Symbolbild: „Solarpark Nordendorf“ von hep solar).

Seit ihr rechtlicher Rahmen Anfang 2024 reformiert wurde, bieten European Long Term Investment Funds (ELTIFs) einen neuen Mantel zur Investition in Sachwerte und andere Private Markets. Jetzt nimmt das Segment Fahrt auf.

Gerade in unsicheren Zeiten, bei Achterbahn-Börsenkursen und votalilen Zinspapieren, gar Sorgen um die generelle Stabilität des Finanzsystems darf ein Anlagesegment im Portfolio nicht fehlen: Sachwerte. In Deutschland gab es dafür bislang eine dominierende Form: Alternative Investmentfonds (AIFs). Dieses Vehikel war 2013 vom Gesetzgeber eigens eingeführt worden, um Privatanlegern gemeinsame und durch eine beaufsichtigte Kapitalverwaltungsgesellschaft (KVG) professionell gemanagte Investitionen in bestimmte Sachwerte zu ermöglichen, also etwa Immobilien oder Erneuerbare-Energien-Anlagen. Geschlossene Publikums-AIFs stehen demnach für gezielte Investitionen in ein bestimmtes oder eine kleine Anzahl von Projekten, die nach engen Anlagekriterien ausgewählt werden. Kaum ein anderes Anlagevehikel ist näher am konkreten Sachwert.

Nun gibt es einen weiteren, ebenfalls voll regulierten Mantel für solche Investitionen, der erheblich mehr Flexibilität bietet: Den European Long Term Investment Fund (ELTIF), der seit der grundlegenden Reform der entsprechenden EU-Verordnung im Januar 2024 zunehmend an Bedeutung gewinnt. Der aus Anlegersicht wohl wichtigste Unterschied zu AIFs: Obwohl ein ELTIF ebenfalls auf langfristige Investitionen („Long Term“) ausgerichtet ist, kann er Kündigungs- oder Rückgaberechte der Anleger während der Laufzeit vorsehen. Das ist bei geschlossenen AIFs grundsätzlich nicht erlaubt. Zudem kann ein ELTIF auf unbestimmte Zeit angelegt sein und laufend Mittelzu- und -abflüsse zulassen sowie Investitionen vornehmen („Evergreen“).


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Aus Sicht der Manager gibt es einen weiteren Vorteil: Sobald ein ELTIF in einem EU-Land von der dortigen Aufsicht zugelassen worden ist, darf er in allen Mitgliedstaaten angeboten werden. Dabei geht es nicht nur darum, die in Deutschland konzipierten Vehikel auch Investoren im EU-Ausland anzubieten. Vielmehr können deutsche Asset Manager ihre Fonds nun – über einen Kooperationspartner oder eine dortige Tochtergesellschaft – auch in einem anderen EU-Land genehmigen lassen und dann in Deutschland in den Vertrieb geben. 

Bislang ist Luxemburg bevorzugter Standort für ELTIFs. Die deutsche Finanzaufsicht BaFin wird das nicht gerne hören und keine KVG sagt es öffentlich, aber die Spatzen pfeifen es von den Dächern: Das macht vieles einfacher und schneller. Umgekehrt ziehen die neuen Möglichkeiten und der Standort Luxemburg große internationale Investmentgesellschaften an, die dann auch in Deutschland aktiv werden. So hat das Segment inzwischen Fahrt aufgenommen: Insgesamt 24 ELTIFs, die aktiv im Vertrieb an deutsche Privatanleger sind, hat die Cash.-Redaktion Mitte April auf Basis der Datenbank der EU-Wertpapieraufsicht ESMA sowie Pressemitteilungen und Anbieter-Websites gezählt. Die meisten stammen von großen Investmentgesellschaften, ein Großteil ist als Evergreen konzipiert. 

Die Bandbreite der Konzepte ist groß und reicht von Infrastrukturund Energieprojekten über Private Equity bis zu sehr breit angelegten Fonds. Nicht selten sind die Anlagebedingungen so weit gefasst, dass kaum Rückschlüsse darauf möglich sind, in welcher Assetklasse und wo in der Welt das Geld am Ende landet. Das gibt dem Management Spielraum, auf Marktveränderungen und -chancen zu reagieren, lässt aber unter Umständen den Sachwertanteil offen. So wirbt einer der internationalen Investment-Riesen für seinen ersten Publikums-ELTIF, dieser könne die Bereiche Infrastruktur, Immobilien, Private Debt und Private Equity abdecken und werde „mehr als 1.000 Private-Market-Investments rund um den Globus“ enthalten. Eine bestimmte angestrebte Aufteilung auf die Segmente oder Regionen nennt er indes nicht. 

Anders gehen in der Regel die noch wenigen bereits zugelassenen und auch die angekündigten ELTIFs aus den Reihen der bisherigen AIF-Manager das Thema an. Sie setzen nicht auf Breite, sondern auf das Gegenteil: Ihre Spezialisierung. Als AIF-Anbieter haben sie sich regelmäßig über viele Jahre auf ein besonderes Marktsegment fokussiert, in dem sie sich bestens auskennen. Diese Stärke spielen sie nun auch bei ihren ELTIFs aus und sind wesentlich enger auf spezielle Assets oder Investitionsstrategien fokussiert. Damit sind sie gegebenenfalls auch viel näher am konkreten Sachwert.

Auch diese ELTIF-Konzepte enthalten teilweise Kündigungsmöglichkeiten der Anlegerschaft. Regulatorisch, also in den Augen der Finanz- und der Gewerbeaufsicht, sind es dann „offene“ Fonds. Folge: Die Anteile dürfen von Finanzdienstleistern mit Erlaubnis nach Paragraf 34f Absatz 1 Nummer 1 GewO (kurz 34f1) vermittelt werden. Das erweitert den Kreis potenzieller Vertriebspartner gegenüber AIFs und auch gegenüber geschlossenen ELTIFs erheblich, da für diese die speziellere (und seltenere) Zulassung nach 34f2 erforderlich ist.

Für den Vertrieb hat ein offener ELTIF gegenüber einem AIF einen weiteren Vorteil, der sich jedoch zunächst als Bremsklotz entpuppte: Die Anteile können – wie andere Wertpapiere oder Investmentfonds auch – grundsätzlich direkt ins Kundendepot eingebucht werden. Dies erwies sich jedoch als komplexer als erwartet, unter anderem deshalb, weil eine regelmäßige Bewertung des Fonds und damit der Assets erforderlich ist. Eine solche ist für Sachwerte jedoch nicht durch Börsenkurse oder Ähnliches unmittelbar und laufend verfügbar. Erste Depotbanken haben dieses Thema nun gelöst und es ist sicher davon auszugehen, dass bald breit akzeptierte Lösungen verfügbar sind. Dann wird das Vehikel ELTIF wohl noch mehr durchstarten.

Dieser Artikel ist Teil des EXKLUSIV hep Solar. Alle Artikel des EXKLUSIV finden Sie hier.

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