„Die vom Bundeskabinett auf den Weg gebrachte Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes
kommt spät – und sie bleibt deutlich hinter dem zurück, was der Markt dringend braucht.
Während die Bundesregierung von Entbürokratisierung spricht, erleben Projektierer jeden Tag
das Gegenteil: überlastete Netzbetreiber, undurchsichtige Prozesse, monatelange
Wartezeiten auf einfache Anschlussauskünfte – und eine massive Rechtsunsicherheit, die
Investitionen verzögert oder ganz verhindert. Das hat mit beschleunigtem Ausbau nichts zu
tun, sondern ist ein Investitionshemmnis mit Ansage.
Die geplanten gesetzlichen Änderungen versprechen Vereinfachungen, bleiben aber vage und
ohne operative Verbindlichkeit. Ohne konkrete Fristen, rechtlich durchsetzbare
Verpflichtungen und klare digitale Prozessstandards wird sich an der Anschlussrealität nichts
ändern. Denn das eigentliche Problem liegt nicht im Gesetzestext, sondern in der Praxis:
Netzbetreiber agieren oft in Intransparenz, ohne funktionierende Schnittstellen, ohne
standardisierte Verfahren, teilweise sogar ohne belastbare Ansprechpartner für Projektierer.
Und selbst dort, wo technische Anschlusskapazitäten vorhanden wären, wird blockiert oder
verschleppt.
Was uns fehlt, ist kein weiteres Symbolgesetz, sondern ein regulatorischer Durchbruch. Ein
funktionierendes, verpflichtendes digitales Anschlussregister, das bundesweit einheitlich
Auskunft über freie Kapazitäten gibt. Ein Verfahrensrahmen mit klaren Zeitvorgaben – und
Konsequenzen, wenn diese nicht eingehalten werden. Und nicht zuletzt ein Recht auf
Anschluss innerhalb angemessener Fristen; vergleichbar mit dem, was für Hausanschlüsse in
der Niederspannung längst Standard ist. Der Gleichbehandlungsgrundsatz darf nicht dort
enden, wo Photovoltaik in der Megawattklasse auf landwirtschaftlichen Flächen umgesetzt
wird.
Zusätzlich dazu verfehlt die Novelle auch den Kern der wirtschaftlichen Realität: Der Markt ist
bereit, private wie institutionelle Investoren stehen in den Startlöchern, Freiflächen werden
zügig projektiert, und der Ausbau stockt nicht wegen mangelndem Kapital, sondern weil die
Anbindung ans Netz zur Blackbox geworden ist. Dabei wird die Energiewende zur zentralen
Aufgabe unserer Zeit erklärt. Wer das ernst meint, muss bei der Infrastruktur ansetzen – und das heißt: Netzanschlüsse müssen genauso planbar und verbindlich werden wie jedes andere
technische Gewerk. Was hier aktuell auf dem Tisch liegt, ist nicht die überfällige Reform,
sondern ein minimales Korrektiv – zu wenig, zu zögerlich und zu unverbindlich. Wer jetzt nicht
handelt, verspielt Vertrauen und beschleunigt nicht den Ausbau, sondern das Ausbremsen.
Wenn die Bundesregierung glaubwürdig sein will in ihrem Anspruch, Deutschland zum
Erneuerbaren-Leitmarkt zu machen, dann braucht es jetzt ein EnWG, das Investitionen
ermöglicht, nicht erschwert. Andernfalls erleben wir weiterhin einen regulatorischen Stillstand
auf Kosten der Energie-, Standort- und Klimasicherheit dieses Landes.“
Autor Thomas Schoy ist Diplom-Kaufmann und geschäftsführender Gesellschafter der Unternehmensgruppe Privates Institut. Nach seiner Tätigkeit für Banken, Versicherungen und Finanzberatungsunternehmen war er einer der ersten Investmentberater, die sich auf das Thema erneuerbare Energien konzentrierten. Dabei setzte er etwa Beteiligungsmodelle für Onshore-Windparks um. Daneben vermittelt er sein betriebswirtschaftliches Know-how auch als Privatdozent in verschiedenen Instituten.