VKS-Kongress: Sind Vermögensanlagen am Ende? „Ja“

Blick in den Vortragsaal VKS Kongress
Foto: Stephan Rech
Blick in den Vortragssaal. Auf der Bühne: André Wreth, Solvium (rechts) und Moderator Frank Rottenbacher, AfW.

Weder Solvium-Geschäftsführer André Wreth noch Malte Thies, Chef der One Group, rechnet damit, dass prospektpflichtige Emissionen nach dem Vermögensanlagengesetz noch eine Zukunft haben. Doch es gibt eine neue Alternative.

„Ich bin der Überzeugung, dass es keine prospektpflichtigen Vermögensanlagen mehr geben wird“, sagte Thies auf dem „Sachwert Kongress“ des Verbands der Kapitalverwaltungsgesellschaften und Sachwertanbieter (VKS) in Frankfurt/Main bei einer Diskussion zum Thema „Sind Vermögensanlagen am Ende?“. Wreth formulierte etwas vorsichtiger: „Prospektpflichtige Vermögensanlagen scheinen am Ende zu sein.“

Die Finanzaufsicht BaFin würde diese Art der Kapitalanlage für Privatanleger nicht mehr wollen und die Billigung verweigern oder die Genehmigungsverfahren so sehr verkomplizieren und in die Länge ziehen, dass die Maximalfrist dafür überschritten werde, berichteten beide sinngemäß. 

Hintergrund ist das seit August 2021 geltenden Blindpool-Verbot für Publikums-Emissionen im Bereich des Vermögensanlagengesetzes. Sowohl One Group (Finanzierung von Immobilien-Projektentwicklungen) als auch Solvium (Logistik-Equipment) hatten zuletzt Vermögensanlagen in Form von Namensschuldverschreibungen angeboten. 

Seit Oktober 2022 die Zähne ausgebissen

Solvium hatte zwar im Februar 2022 noch die Billigung der BaFin für die erste Emission nach der neuen Rechtslage erhalten, beißt sich aber seit Oktober 2022 mit dem Nachfolger bei der Behörde die Zähne aus. Auch die One Group hatte sich lange um die Billigung für eine neue „ProReal“-Emission bemüht, ist damit aber bislang ebenfalls gescheitert und hat das Vorhaben nun offenbar aufgegeben.

Beide Unternehmen bieten weiterhin (nur) noch Private Placements ab 200.000 Euro Mindestbeteiligung an, die nicht unter das Blindpool-Verbot fallen und die nicht prospekt- und billigungspflichtig sind. Solvium platziert daneben auch „Club Deal“-Vermögensanlagen für jeweils maximal 20 Anleger, die ebenfalls ohne offiziellen Prospekt zulässig sind. Die One Group hat zudem eine Inhaberschuldverschreibung aufgelegt, die aber nur über Banken und Wertpapierinstitute vermittelt werden darf. 

Für des breite Publikumsgeschäft planen nun beide einen alternativen Investmentfonds (AIF). Bei der One Group steht die Vertriebserlaubnis der BaFin nach Thies‘ Worten unmittelbar bevor. Solvium rechnet damit im vierten Quartal. 

Neue Chance durch ELTIF-Reform

Zudem will sowohl Solvium als auch One Group die neuen Möglichkeiten der jüngst reformierten EU-Verordnung für European Long Term Investment Funds (ELTIF) nutzen, die am 10. Januar 2024 in Kraft tritt. Diese bietet zukünftig wesentlich mehr Möglichkeiten für Sachwertinvestments als bislang, wie Dr. Gunter Reiff, Rechtsanwalt und Steuerberater in der WRG Finvestra Legal GmbH, auf der Veranstaltung berichtete.

Anders als bisher können ELTIF zukünftig in alle Sachwerte investieren, die einen Ertrag erwarten lassen, also zum Beispiel Immobilien oder Erneuerbare-Energien-Anlagen (nicht aber Assets wie Kunst, Wein, Schmuck oder auch Rohstoffe), so Reiff. Auch die Investition in nicht-börsennotierte Unternehmen ist mit einem Publikums-ELTIF zulässig. Dies sei nicht nur durch Beteiligungen, sondern – anders als bei Publikums-AIFs – auch durch Darlehensvergabe möglich.

Vertriebspartner-Kreis um 34f Nummer 1 erweitert

Anders als geschlossene Publikums-AIFs können ELTIFs zudem eine Rückgabemöglichkeit der Anteile vorsehen. In diesem Fall gelten sie als offene Fonds, womit sich nach aktueller Gesetzeslage der Vertriebspartner-Kreis um Finanzdienstleister mit Zulassung nach Paragraf 34f Absatz 1 Nummer 1 GewO erweitert. Für AIFs ist hingegen die seltenere Zulassung nach Nummer 2 der Vorschrift erforderlich. „Hier wäre allerdings eine Klarstellung des deutschen Gesetzgebers noch wünschenswert“, so Reiff. 

Die Zulassung eines ELTIF ist nicht an eine bestimmte Rechtsform gebunden. Sie kann in jedem Land der EU erfolgen und ist dann grundsätzlich in der gesamten EU gültig. So ist es zum Beispiel möglich, einen ELTIF in Luxemburg für den Vertrieb (auch) in Deutschland zulassen zu lassen. Die BaFin ist dann im Wesentlichen außen vor. Reiff rechnet damit, dass die neuen Möglichkeiten vielfach genutzt werden und ist gespannt „wie kreativ die Anbieter sein werden“, sagte er. 

„Bis zu 35.000 neue Vermittler“

„Wir glauben, dass wir mit dem ELTIF bis zu 35.000 neue Vermittler als Multiplikatoren erschließen können. Wir denken dabei an eine offene Fondsstruktur und eine Laufzeit von vier bis fünf Jahren, wobei wir jedes Jahr 10 bis 20 Prozent des Anlegerkapitals kündbar machen. Es ist unsere Aufgabe, im Vertrieb die Dinge zu kommunizieren“, präzisierte André Wreth die Pläne seines Hauses. 

Thies hielt sich etwas bedeckter, kündigte aber an, er sei guter Dinge, im ersten Quartal 2024 mit einem ELTIF zu kommen. Dieser soll voraussichtlich die Darlehens-Konzeption der bisherigen „ProReal“-Serie der One Group fortsetzen. 

Auf dem „VKS Sachwert Kongress“ haben sich am Dienstag und Mittwoch dieser Woche insgesamt knapp 200 Teilnehmer aus dem Kreis der VKS-Mitglieder und Vertriebspartner getroffen. Moderiert wurde die Veranstaltung von Frank Rottenbacher, Vorstand des Bundesverband Finanzdienstleistung AfW. 

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