Europäische Sachwert-Investmentfonds: „ELTIFs für Alle?“

Dr. Frank Ulbricht, BCA/BfV
Foto: Dirk Beichert BusinessPhoto
Frank Ulbricht, BCA: „Für Anleger und Vertrieb sind ELTIFs eine sehr gute Möglichkeit zur Diversifizierung.“

Immer öfter taucht neuerdings ein Kürzel auf: „ELTIF“. Das gibt es zwar schon lange, es fand im breiten Vertrieb bislang aber kaum Beachtung. Doch nun könnten solche Fonds den Markt der Sachwertanlagen nachhaltig verändern. BCA-Chef Frank Ulbricht jedenfalls will damit ordentlich Gas geben.

Seit 2015 schon gibt es das Vehikel European Long Term Investment Funds (ELTIFs), also langfristig ausgelegte Investmentfonds nach europäischem Recht. Sie bieten den Rechtsrahmen für Investitionen in bestimmte Sachwerte sowie Private Equity einschließlich Darlehenskonzepte (Dept) in diesen Bereichen.
Wirklich Fuß fassen jedoch konnten ELTIFs – mit Ausnahme des Klimavest der Commerzbank-Tochter Commerzreal, der bereits über eine Milliarde Euro eingesammelt hat – in Deutschland bislang nicht, jedenfalls nicht im Privatkundengeschäft. Kaum mehr als eine Handvoll ELTIFs für Privatanleger sind bislang insgesamt auf den deutschen Markt gekommen.

Doch das wird sich wohl bald ändern, denn mit Wirkung ab 10. Januar 2024 wurde die europäische ELTIF-Verordnung reformiert. Dann fallen zwei wesentliche Hürden, die eine größere Bedeutung bislang behindern. Zum einen dürfen ELTIFs künftig in ein erheblich breiteres Spektrum von Sachwerten investieren als bisher, genauer gesagt grundsätzlich in alle Sachwerte, die eine Rendite erwarten lassen (also keine passiven Anlagen wie Gold oder Gemälde, die allein von der Wertentwicklung abhängig sind und keine Erträge erwirtschaften). Damit sind auch alle Arten von Immobilien erlaubt.

Zum anderen entfällt die gesetzliche Mindestbeteiligung von 10.000 Euro und die Begrenzung auf maximal zehn Prozent des liquiden Vermögens. Beides zusammen bedeutet ein liquides Gesamtvermögen – also ohne Immobilien, Lebensversicherungen und dergleichen – von 100.000 Euro, um überhaupt in einen ELTIF investieren zu dürfen. Das schränkt den Kundenkreis bisher stark ein.

ELTIF 2.0 steht grundsätzlich allen Anlegern offen

Die neue Generation, die oft auch als „ELTIF 2.0“ bezeichnet wird, steht damit grundsätzlich allen Anlegern offen (wobei die einzelnen Emittenten weiterhin Mindestbeteiligungen festlegen dürfen). So betitelte Dr. Frank Ulbricht, Vorstand des Vertriebspools BCA und der dazu gehörenden BfV Bank für Vermögen, seinen Vortrag auf der Messe DKM mit der griffigen Überschrift: „ELTIFs für Alle?“.

Mit der Reform würden die hohen Eintrittsbarrieren für Privatanleger reduziert, betonte er. ELTIFs können mit ihrer Wertpapier-Kennnummer zudem ins Depot des Kunden eingebucht werden und werden vierteljährlich bewertet. Sie werden auch zu einer Alternative zu Publikums-AIFs, also zu der bisherigen Verpackung für kollektive Sachwertanlagen, so Ulbricht. „Für Anleger und Vertrieb sind ELTIFs eine sehr gute Möglichkeit zur Diversifizierung“, sagte der BCA-Chef.

ELTIFs haben zudem einen weiteren Vorteil: Anders als AIFs dürfen sie die Möglichkeit vorsehen, dass die Anleger ihren Anteil zurückgeben. Sie ähneln damit eher dem Konzept von offenen Immobilienfonds, nur mit mehr Assetklassen. Damit haben sie allerdings auch das gleiche Problempotenzial: Wenn zu viele Anleger gleichzeitig ihr Geld abziehen, muss der Emittent die Rücknahme stoppen, weil das Kapital in den Sachwerten festsitzt.

Veranstaltungsreihe „ELTIF-Gipfel“ von BCA

Allerdings müssen ELTIFs lediglich mindestens 55 Prozent ihres Vermögens in illiquide Assets investieren und können den Rest in liquiden Assets wie Wertpapieren halten, was dann jedoch wiederum den Charakter als Sachwertanlage verwässert. Doch so oder so dürfte die Rückgabemöglichkeit im Vertrieb ein erheblicher Vorteil gegenüber AIFs sein, bei denen Anleger oft wegen der langen Laufzeiten und eben der Unkündbarkeit zurückschrecken.

Ulbricht jedenfalls erwartet einen „ELTIF-Boom“, sagte er. BCA/BfV sei im Kontakt mit vielen Asset Managern, kenne die Pipelines und wird ab Januar 2024 sieben bis acht verschiedene ELTIFs in das Vertriebs-Portfolio aufnehmen, kündigte er an. Zu Einzelheiten der geplanten Produkte äußerte BCA sich indes auf Nachfrage noch nicht. Die Produkte werden demnach erst Anfang 2024 vorgestellt.

Auf zumindest einige der voraussichtlichen Produktpartner lässt indes die Veranstaltungsreihe „ELTIF-Gipfel“ schließen, die BCA eigens in Frankfurt, Düsseldorf und München durchgeführt hat. Dort waren unter anderem Vertreter von Amundi, Neuberger Berman und Pangaea Life mit von der Partie.

Erst ab 500 Millionen Euro Volumen sinnvoll?

Auch Ludger Wibbeke, Geschäftsführer der Service-KVG Hansainvest, erwartet, dass ELTIFs mit der Reform eine sehr große Bedeutung bekommen werden, gerade für Investitionen in Erneuerbare Energien und andere Infrastrukturbereiche. „Daran gibt es extrem großes Interesse von allen Seiten, sowohl aus den Reihen der Asset Manager als auch der Investoren“, sagt Wibbeke. Hansainvest hat demnach verschiedene ELTIFs in Planung und steht in einem Fall kurz vor der Zulassung, wobei diese in Luxemburg angestrebt wird.

Generell hält Wibbeke die Konzeption eines ELTIFs allerdings erst ab einem angestrebten Investitionsvolumen von circa 500 Millionen Euro für sinnvoll. „Der administrative Aufwand ist sonst in Relation zum Volumen zu hoch, und je nach Investitionskonzept kann es mit einem geringeren Volumen unter Umständen schwierig werden, eine ausreichende Risikomischung zu erreichen“, sagt er. Als Ersatz oder Bedrohung für die bisher üblichen Publikums-AIFs mit einem oder wenigen Objekten und meistens deutlich kleinerem Volumen sieht er ELTIFs insofern nicht.

Für reine Immobilien- und Infrastrukturanlagen biete sich ein ELTIF weniger an, weil es in Deutschland dafür bereits das etablierte Vehikel des offenen Immobilienfonds gibt, sagt Wibbeke. Für diese war geplant, dass sie künftig bis zu 15 Prozent des Investitionsvolumens auch in Erneuerbare Energien einschließlich separate Wind- und Solarparks investieren dürfen. Auch dafür gab es großes Interesse von Investoren und Fondsanbietern sowie diverse Kooperationen zwischen Immobilien- und Erneuerbare-Energien-Managern in Anbahnung, berichtet Wibbeke.

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