Exklusiv-Beitrag: Neue Investitionschancen auf dem Subkontinent

Foto: PantherMedia/motioncenter
Indien als Investmentziel

Indien zählt zu den Gewinnern der neuen Weltordnung. Weshalb der indische Aktienmarkt eine interessante Investitionsmöglichkeit darstellt und was es zu beachten gilt.

Im neuen Umfeld der „Großen Transformation“ stehen nationale Sicherheitsinteressen im Fokus. Durch die Veränderungen der geopolitischen Rahmenbedingungen wollen Staaten und Unternehmen ihre eigene Wettbewerbsfähigkeit und die Resilienz ihrer Lieferketten stärken. Anders ausgedrückt: Stand im Zeitalter der Globalisierung die Effizienz von Lieferketten im Vordergrund, gerät nun der Aspekt der Resilienz verstärkt in den Fokus. Die asiatisch-pazifische Region – hier vor allem Indien – gehört dabei zu den Gewinnern der neuen Weltordnung, denn sie bieten sich als Alternative zu China an. Indien profitiert dabei besonders vom Zusammenspiel verschiedener, sich gegenseitig verstärkender Faktoren, welche ein Sprungbrett für die volkswirtschaftliche Entwicklung der kommenden Jahre darstellen.


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Vier Faktoren sprechen für Indien

  1. Günstige sozioökonomische Bedingungen: Nach Schätzungen der Vereinten Nationen hat Indien mit seinen 1,4 Milliarden Einwohnern China als das bevölkerungsreichste Land der Erde abgelöst. Gleichzeitig ist die Bevölkerung noch recht jung. Diese demografischen Rahmenbedingungen bedeuten einen attraktiven Absatzmarkt sowie ein großes Angebot an (spezialisierten) Arbeitskräften.
  • Strukturelle wirtschaftspolitische Fortschritte: Der Staat treibt die finanzielle Inklusion und die Digitalisierung massiv voran. Die Graubereiche der Wirtschaft werden zurückgedrängt, was zu steigenden Steuereinnahmen des indischen Fiskus‘ führt. Hinzu kommen politische Maßnahmen zur Förderung des Standorts Indien („Make in India“) und Unterstützungsleistungen für Unternehmen, die sich in Indien niederlassen wollen. Ein wesentlicher Schritt um die Unternehmenstätigkeit zu erleichtern, stellte schließlich die Einführung eines einheitlichen Mehrwertsteuersystems dar.
  • Alternativer Produktionsstandort zu China: Unter dem Stichwort „China plus One“ wollen westliche Staaten und Unternehmen ihre Produktionsstrukturen diverser, ausländische Direktinvestitionen breiter und Lieferketten resilienter machen. Vor allem Indien bietet sich dabei als Alternative zu China an. Ein zunehmendes wirtschaftliches Engagement eröffnet einerseits die Chance, den indischen Absatzmarkt besser bedienen zu können. Andererseits helfen die dort entstehenden Produktionsstätten bei der internationalen Diversifizierung.
  • Anziehender Investitionszyklus: Zahlreiche ausländische Unternehmen fahren ihre Direktinvestitionen in Indien deutlich hoch – Acer, Foxconn Technology oder Infineon Technologies haben bereits umfangreiche Projekte angekündigt. Seit dem Jahresanfang 2022 haben sich die angekündigten Investitionsvolumina auf mehr als 75 Milliarden US-Dollar verdreifacht. Die Greenfield Investments, also die für eine Neuerrichtung einer Produktionsstätte im Ausland notwendigen Investitionen, finden dabei zunehmend in der Breite des Landes sowie im verarbeitenden Gewerbe statt. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass Indien nicht mehr nur das „verlängerte Rechenzentrum des Westens“ ist, sondern dass bewusst hochwertige Wertschöpfungsprozesse in dem Land angesiedelt werden. Hinzu kommt die steigende Investitionstätigkeit des indischen Staates im Bereich der Infrastruktur.

Zwei Risikofaktoren nicht außer Acht lassen

Die Euphorie rund um Indien lässt sich durch viele positive Entwicklungen unterfüttern. Allerdings gilt es auch einige Risikofaktoren im Auge zu behalten. Ein Unsicherheitsfaktor stellt die indische Parlamentswahl dar, welche bereits am 19. April startet und gut secttartei streben die dritte Regierungsverantwortung in Folge an. Gemäß Umfragen aus dem Januar und Februar sind fast 80 Prozent der Befragten mit Modis Regierungsführung zufrieden. Die Volkswirte von Union Investment und auch der Aktienmarkt gehen daher von einer Wiederwahl Modis aus. Sollte dieses Szenario nicht eintreten, wäre das negativ für das Sentiment.

Die Autoren: Marco Weber und Anna Velikova, beide Union Investment (Fotos: Union Investment; Montage: Cash.)

Außerdem ist die ungleiche Partizipation am steigenden Wohlstand des Landes ein großer Unsicherheitsfaktor. Besonders zwischen dem armen Norden und dem prosperierenden Süden Indiens existiert ein großes Wachstumsgefälle. Auch bei der Integration breiter Bevölkerungsschichten in den heimischen Arbeitsmarkt gibt es Nachholbedarf. Vor allem das weibliche Erwerbspotenzial wird nur unzureichend ausgeschöpft. Diese Risiken verdienen ein genaues Augenmerk, konterkarieren aber nicht das Bild Indiens als zukünftigem Wachstumsmarkt.

Indischer Aktienmarkt im Aufschwung

Am Kapitalmarkt gewinnt Indien zunehmend an Bedeutung. Ein beeindruckendes Zeichnen dafür ist die steigende Gewichtung Indiens im MSCI EM Index. In den letzten zwei Jahren ist diese um 7,5 Prozentpunkte auf einen Wert von 17 Prozent im Jahr 2023 angestiegen. Parallel dazu verliert China an Bedeutung. Machten chinesische Unternehmen 2021 noch über 35 Prozent des Indizes aus, so sind es mittlerweile nur noch 24 Prozent. Aufgrund der positiveren Wachstumsaussichten Indiens gegenüber China, dürfte diese gegenläufige Entwicklung in den kommenden Jahren anhalten.

Auch die Kursentwicklung der letzten drei Jahre belegt die Attraktivität des indischen Aktienmarktes. In diesem Zeitraum konnte Indien gegenüber anderen Schwellenländern (vor allem gegenüber China, Indonesien und Taiwan) eine deutliche Outperformance erzielen. Dass diese Outperformance gegenüber globalen Aktien in der Vergangenheit schwächer ausgefallen ist, konterkariert nicht die Anlagechancen, welche Indien bietet. Unsere Aktienstrategen erwarten vielmehr, dass Indien die vergleichsweise starke Kursentwicklung auch gegenüber globalen Aktien aufholen wird.

Warum jetzt in Indien investieren?

Klar ist, dass der indische Aktienmarkt auch nach vorne blickend von der prosperierenden volkswirtschaftlichen sowie demographischen Entwicklung profitieren wird. Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass indische Aktien ein großes Gewinnpotenzial aufweisen. Für den indischen Aktienmarkt sprechen des Weiteren die zu erwartenden Zuflüsse aus- und inländischer Investoren. Bislang entwickelten sich internationale Zuflüsse in den indischen Aktienmarkt verhalten – aus unserer Sicht eine Chance zum Einstieg. Parallel dazu sind die Nettozuflüsse von inländischen Investoren zwar positiv, gleichwohl legen die Inder noch unter fünf Prozent ihrer Ersparnisse in heimischen Aktien an. Ein Wert, der in den kommenden Jahren deutlich ansteigen sollte.

Anna Velikova ist Analystin bei Union Investment und Marco Weber ist Volkswirt bei Union Investment.

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