Goldpreis auf Rekordkurs: Wie FOMO und Krisenängste den Markt antreiben

Goldbarren
Foto: PantherMedia/dpcrestock (Kristina Afanasyeva)
Holt der Goldpreis nur kurzfristig Luft?

Der Goldpreis hat im Oktober die Marke von 4.300 US-Dollar je Feinunze überschritten – getrieben von geopolitischen Spannungen, Inflationssorgen und der Angst vieler Anleger, eine historische Rallye zu verpassen. Doch wie nachhaltig ist dieser Höhenflug?

Das Tempo kann konservativen Anlegern schon Angst machen: Am 10. Oktober klettert der Goldpreis über die magische 4.000-Dollar-Marke und kennt fortan kein Halten mehr: In nur sechs Tagen erreicht die Feinunze Gold 4.365 US-Dollar. 

FOMO stützt Goldkurs – kurzfristig

Die Triebkräfte der jüngsten Goldpreis-Kapriolen sind auch psychologischer Natur. Die Entscheidung, trotz historisch hoher Preise in Gold zu investieren, ist auch Ausdruck zweier wesentlicher Ängste von Anlegern: Einerseits der Angst, dass unser Finanz- und Geldsystem angesichts eskalierender Krisenherde kollabieren und alle darauf basierenden Vermögensbestandteile dramatische Wertverluste erleiden könnten. Dann wäre Gold sicher unter den wenigen Vermögensklassen, die ihre Kaufkraft erhalten und ihren monetären Wert sogar steigern könnten. 

Andererseits war es eine andere Angst, die dem Goldpreis zuletzt deutlichen Schub verlieh: Die Angst, große Renditechancen zu verpassen. Modern ausgedrückt, handelt es sich um FOMO, die „Fear of Missing out“ unter Investoren, die die bisherige Gold-Rally weitgehend verpasst haben. Viele dieser Anleger steigen aus Angst vor weiteren Kursgewinnen zu jedem Preis ein. Dieses Verhalten signalisiert oftmals eine Überhitzung des Marktes, die den Goldpreis häufig nur kurzfristig weiter in die Höhe treibt.

Die spekulative Übertreibung beim Goldpreis ist durch die anschließende Korrektur zum größten Teil schon wieder abgebaut. Dies bedeutet aber nicht, dass Gold mittel- bis langfristig kein Potenzial mehr bietet, im Gegenteil. Vor allem Goldinvestments zur Portfolioabsicherung dürften den Kurs auch künftig stützen. Die wesentlichen Gründe dafür haben sich seit Monaten kaum geändert:

Die geopolitischen Risiken sind nicht gesunken: Der Krieg in der Ukraine, die Eskalation im Nahen Osten und globale Handelsstreitigkeiten rund um Zölle und Sanktionen schüren weiterhin die Angst vor eskalierenden oder neuen Konflikten, die der globalen Wirtschaft schaden. Als „sicherer Hafen“ und „Krisenwährung“ bleibt Gold in Zeiten politischer Instabilität und wirtschaftlicher Unsicherheit besonders gefragt.

Das Vertrauen in Währungen sinkt: Die expansive Geldpolitik der Zentralbanken, allen voran von der US-Notenbank und der Europäischen Zentralbank lässt Investoren eine steigende Inflation befürchten. Die Aussicht auf weitere Leitzinssenkungen der US-Notenbank Fed macht unverzinste Anlagen wie Gold im Vergleich attraktiver. Anleger suchen daher in Gold einen realen Wertanker.

Staatsanleihen sind keine sichere Alternative mehr: Die ungesund wachsende Staatsverschuldung in den großen Volkswirtschaften untergräbt das Vertrauen in die traditionellen Papierwährungen. Vor allem der US-Dollar zeigt sich vor diesem Hintergrund schwach. Damit steigen auch die Risiken am Rentenmarkt, die Kurse sicher geglaubter Staatsanleihen stehen unter Druck. Gleichzeitig schichten vor allem zahlreiche Notenbanken in den Schwellenländern ihre Devisenreserven und Staatsanleihen-Bestände seit etwa zwei Jahren kontinuierlich in höhere Goldreserven um, um die Währungsrisiken in ihren Bilanzen zu senken. Sie sorgen so für eine anhaltend hohe Nachfrage nach Gold. 

Bewährter Portfolioschutz und spekulative Wetten 

Für Goldanleger zahlen sich in dieser Gemengelage gleich mehrere Faktoren aus: Die vorhandene Goldmenge bleibt unabhängig von beliebig vermehrbaren Banknoten und Staatsschulden begrenzt, der Goldpreis ist nicht mit Aktien- und Anleihemärkten korreliert und Gold ist als bewährter Wertspeicher der ideale Inflationsschutz. Deshalb ist das Edelmetall auch bei Profianlegern zunehmend beliebt. Das mag vorübergehend zu spekulativen Übertreibungen führen, ist im Kern aber gut begründet. Die langfristigen Prognosen der Analysten erwarten daher einen Bullenmarkt für Gold, der bis 2030 und darüber hinaus anhalten und zu einem Goldpreis von mehr als 5.000 Dollar je Feinunze führen kann. Als langfristige Beimischung in einem diversifizierten Portfolio dient es als Krisenversicherung und Renditestabilisator, obwohl Gold kein Renditetreiber im klassischen Sinne ist. 

Angesichts des wilden Ritts, den der Goldpreis zuletzt gezeigt hat, sind Preisrückgänge mögliche Kaufgelegenheiten. Ein gutes Timing ist allerdings schwierig. Wer langfristig auf Gold als schützenden Bestandteil seines Vermögensportfolios setzen will, kann es daher besser regelmäßig im Sparplan erwerben. So kaufen Anleger ihr Gold zu einem Durchschnittspreis.

In einer Hinsicht gleicht Gold anderen Börseninvestments wie Aktien aber dennoch: Kurzfristig steuert auch die Psychologie den Kurs, langfristig werden sie jedoch von den Fundamentaldaten bestimmt. Gold bleibt ein essenzielles Element im Portfolio, solange das Umfeld von Unsicherheit, Inflation und geopolitischer Instabilität geprägt ist. Die jüngste Rallye ist eine Mahnung, dass ein Schutzmechanismus wie Gold in turbulenten Zeiten unverzichtbar ist. Aber gleichzeitig sollten Anleger nicht vergessen, dass die Gier, getrieben von FOMO, den Goldpreis in der Regel nur vorübergehend in die Höhe treiben kann und das Risiko einer Korrektur damit steigt.

Autor Önder Çiftçi ist CEO der Ophirum Group, Frankfurt .

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