Canada Life Deutschland CEO Markus Drews: „Wer langfristig am Kapitalmarkt investiert ist, braucht keine Garantien“

Foto: Canada Life
Markus Drews, Canada Life

Rekordinflation, galoppierende Energiepreise, rapide steigende Zinsen und der Ukraine-Krieg hinterlassen Bremsspuren, auch bei Canada Life. Allerdings weniger stark, als befürchtet. Cash. sprach mit Canada Life Deutschland CEO Markus Drews über ein herausforderndes Geschäftsjahr, eine Altersvorsorge ohne Garantien, die Beteiligung an der Konsoldierungsplattform Summitas und seine Erwartungen für 2023.

Seit Ende Februar ist das konjunkturelle Umfeld, Stichwort Rekordinflation, noch einmal schwieriger geworden. Ist Canada Life noch auf Wachstumskurs?

Drews: Ja, das sind wir. Trotz des schwierigen Umfelds erwarten wir ein Wachstum der Beitragseinahmen. Im Neugeschäft sind wir super in das Jahr gestartet. Mit einem Rekord im ersten Quartal. Wir haben dann aufgrund der Marktsituation und der Verunsicherung der Verbraucher natürlich die Einschläge gespürt. Aktuell stehen wir leicht unter dem Niveau des Vorjahres, was hervorragend war. Damit sind wir zufrieden. Wir sind in Deutschland nach wie vor der am stärksten wachsende Teil in der Gruppe.

Können Sie Details nennen?

Drews: Wir sind stabil bei den laufenden Prämien. Altersvorsorge oder betriebliche Altersvorsorge laufen sehr gut. Auch die AKS wird nachgefragt. Weniger gut läuft es bei den Einmalbeiträgen. Das ist marktbedingt und hat nichts mit uns tun. Allerdings hatten wir im vierten Quartal 2021 ein hervorragendes Einmalbeitragsgeschäft. Wir müssen hier also noch gegen die Statistik anarbeiten.

Warum laufen die Einmalbeiträge in diesem Jahr weniger gut?

Drews: Im vergangenen Jahr war das Umfeld für viele Anleger, die investieren wollten, attraktiver. In diesem Jahr überlegen die Leute zweimal, ob sie Geld anlegen. Aufgrund der hohen Energiepreise ist das Abwarten völlig nachvollziehbar. Wenn man gezielt ins Neugeschäft schaut, merkt man schon die Verunsicherung der Verbraucher.

Welchen Einfluss hat die wirtschaftliche Großwetterlage die Altersvorsorge?

Drews: In der bAV merkt man sehr stark den „war for talents“ hierzulande. Auch die Arbeitskraftabsicherung ist den Leuten wichtig. Genauso wie das langfristige Ansparen auf ein lebenslanges Einkommen. Wir haben mit Civey eine Umfrage durchgeführt, weil uns interessiert hat, welche Folgen die Inflation und die Krise auf die Altersvorsorge haben. Dabei kam heraus, dass die Menschen in Deutschland eher bei Anschaffungen für das Haus, bei Renovierungen oder Urlauben Einsparungen machen; aber weniger bei Versicherungen. Wenn dort gespart werden soll, dann sind es Sachversicherungen, bei denen kurzfristig optimiert oder gewechselt wird.

Hat Sie das Ergebnis überrascht?

Drews: Nein. Die Masse unserer Kunden entscheiden sich bewusst für die Altersvorsorge. Und hier spielt die Langfristigkeit eine Rolle. Eine Kfz-Versicherung ist schnell abgeschlossen oder auch gewechselt. Eine vernünftige Altersvorsorge muss gut beraten sein. Der Langlebigkeitsaspekt spielt – trotz der Krise – hier eine wichtige Rolle.

Dass die gesetzliche Rente für die Altersvorsorge nicht ausreicht, wird von der Branche stets betont. Doch wie sieht es bei denen aus, die es betrifft? Haben junge Menschen aktuell Lust über Altersvorsorge nachzudenken? Was hören Sie?

Drews: Der durchschnittliche Kunde bei uns ist Mitte 30. Viele haben aber bereits Erfahrungen mit Versicherungen. Wenn man sich Vertriebspartner anschaut, die es eher mit jungen Menschen zu tun haben, ist es in der Privatvorsorge schwieriger. Dagegen funktioniert die bAV dort sehr gut. Die ist altersunabhängig, weil der Motivator oft der Arbeitgeber ist. Mittlerweile gibt es deutlich mehr arbeitgeberfinanzierte bAV als früher.

Trotz Krise läuft die bAV?

Drews: Eindeutig. Und das finde ich wiederum erstaunlich. Meine Befürchtung war, dass die Arbeitgeber – wie zu Beginn der Corona-Pandemie – auf die Bremse treten. Den Effekt sehen wir bei uns nicht. Die Arbeitgeber stellen sich sprichwörtlich auf die Hinterfüße, um eine vernünftige bAV oder bKV anzubieten. Es geht darum, die Pakete für Mitarbeiter deutlich attraktiver zu machen. Weil qualifiziertes Personal überall händeringend gesucht wird. Unsere Kunden haben wir eher im kleinen und mittelständischen Bereich. Wir sind hier über die Vermittlerinnen und Vermittler in das Geschäft hineingewachsen. Das Segment ist sehr wichtig. Rund ein Drittel des Neugeschäft schreiben wir in der betrieblichen Altersversorgung. Auch, weil wir als Versicherer in den letzten Jahren stark in Technologien und bAV-Spezialisten investiert haben.

Wir leben jetzt seit elf Monaten in einer 0,25 Prozent-Garantiezinswelt. Mittlerweile steigen die Zinsen. Erleben wir eventuell ein Revival der Klassik? Und vor dem Hintergrund von Garantien auf Nullniveau: Braucht es noch Garantien?

Drews: Ich kann mir die Rückkehr der Klassik nicht vorstellen. Wir haben seit Jahresbeginn keine Garantien mehr, die über die Beiträge hinausgehen. Und wir kommen damit gut zurecht. Wenn wir unsere Erfahrungen mit der endfälligen Garantie nehmen, die wir seit über 20 Jahren hier in Deutschland anbieten: Dort hat sich das Sicherheitsnetz nach unten mit dem Glättungsverfahren in Kombination mit dem UWP-Mischfonds bewährt und mehrere Finanzkrisen gemeistert. Die langfristige Wertentwicklung des Fonds liegt zwischen vier und fünf Prozent. Wer langfristig am Kapitalmarkt investiert ist, braucht also keine Garantien. Die Nachfrage nach Garantien wie in der Klassik ist ein deutsches Phänomen. Und es ist meiner Meinung nach Vergangenheit. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das noch mal wiederkommt. Auch weil viele Versicherer ebenfalls in sehr gute und moderne Fondspolicen investieren. Der bessere Zugang zu den Altersvorsorgelösungen, etwa über ein breites Angebot an ETFs und nachhaltigen Fonds, das ist für mich die Zukunft.

Braucht es angesichts der hohen Inflationsraten ein deutlich offensiveres Anlageverhalten der Kunden?

Drews: Eindeutig ja. Das ist unser Credo seit über 20 Jahren. Momentan fahren wir eine Kampagne mit dem Ansatz „Wer jetzt einsteigt, kauft mit Rabatt“. Es ist schwierig, antizyklisches Denken in eine Gesellschaft zu bringen, die nach wie vor noch Garantien in der Altersvorsorge kennt. Ganz entscheidend ist, wie die Beraterinnen und Berater dieses Feld prägen. Ich hoffe, dass wir hier ein gutes Beispiel sind. Unser Prinzip des UWP-Fonds hat sich bewährt. Durch die Bankenkrise, über die Pandemie und auch jetzt.

Wie offen sind die Berater bei dem Thema Investments ohne Garantien. Und wie steht es mit börsennahen Anlagen in der Rentenphase?

Drews: Die Vermittlerinnen und Vermittler, die mit uns zusammenarbeiten, haben dies verinnerlicht. Wenn man sich die Zahlen im Markt anschaut, sieht man, dass die Zuwächse hier am größten sind. Ich bin seit 35 Jahren in der Branche und mit der guten alten Garantie groß geworden. Und es hat auch bei mir gedauert, bis ich die erste fondsgebundene Police abgeschlossen habe. Aber der Zug fährt weiter in diese Richtung. Die Entwicklung ist aber auch ganz entscheidend von der Güte der Produktangebote beeinflusst. Und man sieht, sie werden immer besser. Und damit zum zweiten Teil ihrer Frage. Selbstkritisch muss man sagen, dass wir dort noch nicht so gut sind, wie ich es gerne hätte. Wenn wir darüber sprechen, dass immer mehr Menschen 100 Jahre alt werden, dann halte ich es für völlig legitim, mit einem 60- oder 65-jährigen darüber zu sprechen, weiter in Aktien zu investieren. Und wenn es nicht in der Versicherung ist, dann eben im Depot. Ich denke, da gibt es noch genug Potenzial für die Versicherer, hier gute Produktlösungen nachzulegen.

Stichwort Nachhaltigkeit: Seit 2. August sind die Vermittlerinnen und Vermittler verpflichtet, Kundinnen und Kunden bei Thema Nachhaltigkeit zu beraten. Ist das Thema bei Kunden angekommen, verstehen sie das Thema?

Drews: Seit Anfang des Jahres haben wir das Thema in unsere Beratungswelt integriert. Und wir sehen, dass die Vermittlerinnen und Vermittler das Angebot nutzen. Allerdings ist weder die Nachfrage der Kunden gigantisch noch haben die Berater ein Umfeld, das Klarheit und Sicherheit schafft. Im vergangenen Jahr hätten Sie kein Atomkraftwerk in Frankreich als grünes Investment klassifiziert, jetzt ist es nachhaltig. Selbst Rüstungsfirmen erscheinen vor dem Hintergrund der Krise auf einmal in einem anderen Licht. Da ist noch einiges unklar. Jeder will mit einem ruhigen Gewissen anlegen. Was genau dahinter steckt, ist vielfach nicht eindeutig. Für uns ist das Thema Nachhaltigkeit von strategischer Bedeutung. Wir haben es vor zwei Jahren in unserer Strategie verankert und es ist integraler Bestandteil des Unternehmens. Weil wir davon ausgehen, dass es sehr schnell zum Hygienefaktor in der Branche wird. Jede Mitarbeiterin, jeder Mitarbeiter ist beim Thema ESG bei uns in der Verantwortung. „Bring it to your own desk“ ist das Motto. Natürlich haben wir als Lebensversicherer große Hebel, mit unseren enormen Investments den Wandel entscheidend zu beeinflussen. Ich glaube aber, dass es für unsere Branche noch eine Menge Hausaufgaben bei diesem Thema gibt.

Eine Frage zu Summitas: Warum beteiligt sich Canada Lifes Muttergesellschaft an einer Konsolidierungsplattform für Versicherungsmakler. Was steckt dahinter?

Drews: Im Endeffekt war es die gleiche Motivation wie die, als wir die Beteiligung an JDC eingegangen sind. Der Hintergrund ist, dass wir im Markt bestimmte Bewegungen beobachten, die wir vom Thema her vernünftig finden, wo es vielleicht aber Sinn macht, dass ein Versicherer mit einer langfristigen Anlageperspektive eine bestimmte Rolle spielt. Das war die Hauptmotivation.

Was bedeutet eine bestimme Rolle?

Drews: Wir wollen Ruhe hineinbringen. Und Maklern, die vielleicht nicht in Private Equity-Hände verkaufen wollen, eine Perspektive bieten, dass ein sehr langfristig orientierter Anleger dabei ist. Und ein Stück weit eine Rolle zu spielen. Ähnlich wie das bei JDC der Fall war. Es geht um Stabilisierung und Investition in die Zukunft. Wir glauben an den „Value of Advice“ – den Wert der professionellen Beratung für die Verbraucher. Das ist ein sehr großer Aspekt für unser Geschäft. Wir als Versicherer können nicht alles. Die Makler brauchen Service, und da sind die Dienstleistungen der Pools wie JDC super. JDC bringt für uns neues Know-how und einen Marktzugang mit, den wir nicht haben.

Wir gehen auf das Jahresende zu. Welche Produkttrends sehen wir im Markt und welche Erwartungen haben Sie für 2023

Drews: Eine wichtige Rolle wird das Thema Nachhaltigkeit spielen. Zudem arbeiten wir an Lösungen im Bereich der fondsgebundenen Produkte. Das wird für uns ein wichtiges Thema in der Produktentwicklung. Und dann sehen wir als weiteren Produkttrend die Entwicklungen von fondsgebundenen Angeboten für die Verrentungsphase. Mit der Zielrichtung ESG und ETF. Wir möchten das bestehende Angebot erweitern und modernisieren. Wir sind super aufgestellt mit unserem UWP-Produkt, auch im Bezug auf ESG. Der ist entsprechend nach Artikel 8 der Offenlegungsverordnung ausgerichtet. Wir haben nur Lebensversicherungsprodukte und wir sind Maklerversicherer. Dementsprechend müssen wir Top sein, bei dem, was wir tun. Das gilt für die Produkte, das gilt für den Service.

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