Kolumne Dr. Reitzler: So ergänzen Nettotarife Ihr Geschäftsmodell

Rainer Reitzler
Foto: Alexander von Spreti
Dr. Rainer Reitzler, CEO Münchener Verein Versicherungsgruppe

In Nettotarifen schlummert viel ungenutztes Potenzial. Denn Nettotarife können sich finanziell für Kunden lohnen. Aber was genau steckt hinter einer Nettopolice? Und inwiefern unterscheidet sie sich von einem "normalen" Bruttotarif?

Seit Jahren steigt in Deutschland die Angst vor Altersarmut. In einer aktuellen Erhebung des Bankenverbands geben fast 40 Prozent der 18- bis 29-Jährigen an, sich vor Altersarmut zu fürchten. Vor zwei Jahren wurde diese Angst nur von 20 Prozent geäußert.

Die Furcht ist nicht unbegründet, denn schon lange ist bekannt, dass auf die staatliche Rente für die Versorgung im Alter kein Verlass mehr ist. Vor kurzem warnte sogar der wissenschaftliche Beirat von Wirtschaftsminister Robert Habeck in einem Brandbrief, dass die aktuelle Finanzierung der Rente nicht ausreichen wird, um das angestrebte Mindestsicherungsniveau von 48 Prozent des Einkommens zu halten. Auch das geplante Generationenkapital (auch Aktienrente genannt) wird nur geringe Abhilfe verschaffen.

Gerade deswegen gewinnt die private Altersvorsorge an immenser Bedeutung. Was viele Vermittler dabei noch nicht auf dem Schirm haben, sind Nettotarife. Hier schlummert viel ungenutztes Potenzial, denn Nettotarife können sich finanziell für Kunden lohnen. Aber was genau steckt hinter einer Nettopolice? Und inwiefern unterscheidet sie sich von einem „normalen“ Bruttotarif? Ein echter Nettotarif bedeutet: es sind keine Abschlusskosten enthalten und es sind die Verwaltungskosten stark reduziert. Bei Nettotarifen werden – anders als bei Bruttotarifen – keine Provisionen durch den Versicherer an den Vermittler gezahlt, stattdessen erhält der Vermittler eine Vergütung direkt vom Kunden.

Auch wenn es für Kunden im ersten Moment etwas ungewohnt scheinen mag, dem Versicherungsvermittler ein Honorar zu zahlen, gibt es gute Argumente, Versicherte von Nettotarifen zu überzeugen. So ermöglichen Nettopolicen den Kunden in der Regel deutlich höhere Ablaufleistungen.

Jederzeit Einzahlungen und kostenfreie Teilauszahlungen

Eine Nettopolice rentiert sich vor allem deshalb, da bei einer Bruttopolice für gewöhnlich innerhalb der ersten fünf Jahre der Vertragslaufzeit der Sparbeitrag teilweise für die Abdeckung der Abschluss- und Vertriebskosten verwendet wird. Somit wird zu Beginn nur ein Teil des Sparbeitrags in den eigentlichen Vertrag investiert. Das heißt konkret: weniger Investition und weniger Rendite.
Ein weiterer Vorteil von Nettotarifen: Sie können flexibler als Brutto-Versicherungsverträge gestaltet werden. So haben wir unsere Netto-Fondspolice derart konzipiert, dass sie sich an der Flexibilität eines Bankenprodukts orientiert. Es können jederzeit Einzahlungen und kostenfreie Teilauszahlungen getätigt werden. Auch die vollständige Auflösung des Vertrages löst nur eine Gebühr von 200 Euro aus, egal wie groß der Vertrag ist.

Mit unserem langjährigen Partner, Honoris Finance, wollen wir die Honorarvermittlung aus der Nische holen und weitere Vermittler gewinnen, die planen, zumindest Teile ihres Geschäftes auf Honorarvermittlung umzustellen. Wichtig dabei ist, dass wir uns nicht für ein Entweder-Oder aussprechen, sondern für ein Miteinander. Vermittler können neben Brutto- auch Nettotarife anbieten und ihre Kunden damit bestmöglich und nach individuellen Bedürfnissen versorgen.

Front-up-Honorar oder laufende Vergütung

Die Erfahrung hat gezeigt, dass Vermittler, die Netto getestet haben, den Weg verstärkt einsetzen. Der Münchener Verein bietet derzeit zwei Varianten an: einen reinen Nettotarif und einen NAV-Tarif, bei welchem eine laufende Vergütung auf das Fondsguthaben an den Vermittler gezahlt wird. Das heißt, Vermittler können entweder ein Front-up-Honorar mit dem Kunden vereinbaren oder alternativ kann der Kunde eine laufende Vergütung wählen und der Vermittler partizipiert am Erfolg der Portfolioentwicklung bzw. auch am Misserfolg. Vermittler und Kunde sitzen somit in einem Boot.

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