Konjunktur, Insolvenzen, Rente: Unternehmen zweifeln an Aufschwung 2026

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Deutsche Unternehmen zweifeln an Aufschwung 2026

Deutsche Unternehmen blicken mit Skepsis auf das Jahr 2026. Eine aktuelle Umfrage des Kreditversicherers Atradius zeigt: Viele Firmen erwarten keine konjunkturelle Erholung, rechnen mit steigenden Insolvenzen und äußern wenig Vertrauen in die wirtschaftliche Handlungsfähigkeit der Bundesregierung.

Die Stimmung in Deutschlands Unternehmen bleibt verhalten. Laut einer Umfrage des Kreditversicherers Atradius unter mehr als 470 Firmen rechnet jede vierte damit, dass sich die Konjunktur im kommenden Jahr verschlechtert. Knapp die Hälfte geht davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage nicht verändert.

„Die Politik muss die drängendsten Herausforderungen angehen, wenn es nicht ein viertes Rezessionsjahr in Folge geben soll“, sagt Frank Liebold, Country Director Deutschland bei Atradius. Die Ergebnisse der Befragung unterstreichen diese Einschätzung.

Als zentrale Stellschrauben nennen die Unternehmen vor allem den Bürokratieabbau. 73,1 Prozent sehen darin eine Voraussetzung für mehr wirtschaftliche Dynamik. 69,7 Prozent fordern niedrigere Energiekosten, 48,3 Prozent sprechen sich für Steuererleichterungen aus, 46,2 Prozent für mehr politische Stabilität.

Bekannte Probleme, wenig Vertrauen in Lösungen

Darüber hinaus wünschen sich viele Unternehmen eine Senkung der Sozialabgaben, höhere öffentliche Investitionen, ein verbessertes Investitionsklima sowie wirksamere Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. „Die Ursachen für die Schwäche des Standorts Deutschland sind seit langem bekannt, was fehlt, ist deren Bekämpfung“, sagt Liebold.

Die wirtschaftliche Unsicherheit schlägt sich auch in den Erwartungen zu Insolvenzen nieder. 67,2 Prozent der befragten Unternehmen rechnen im Jahr 2026 mit steigenden Firmenpleiten im Inland. 30,1 Prozent erwarten eine Stagnation, lediglich 2,7 Prozent gehen von einem Rückgang aus. In den eigenen Branchen schätzen 30,1 Prozent der Unternehmen das Insolvenzrisiko als hoch ein. 50,7 Prozent sehen ein unverändertes Risiko, 19,1 Prozent ein geringes. Bei der Zahlungsmoral ergibt sich ein gemischtes Bild: 29,6 Prozent rechnen mit mehr Zahlungsverzögerungen, 31,3 Prozent dagegen nicht.

Produktion bleibt überwiegend in Deutschland

Trotz der angespannten Lage planen die meisten Unternehmen keine Verlagerung ihrer Produktion ins Ausland. 77,4 Prozent geben an, dies nicht zu beabsichtigen. 9,5 Prozent erwägen eine Verlagerung, 13,1 Prozent sind noch unentschlossen. Als Hauptgründe für mögliche Produktionsverlagerungen nennen die Unternehmen hohe Energiekosten, Bürokratie, Steuern, Standortnachteile, politische Rahmenbedingungen sowie den Fachkräftemangel. Von einer breiten Abwanderung kann jedoch keine Rede sein.


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Auch am Arbeitsmarkt zeigt sich bislang Zurückhaltung. 71,3 Prozent der Unternehmen planen für 2026 keinen Stellenabbau. 8,2 Prozent wollen Arbeitsplätze streichen, 20,5 Prozent antworten mit „vielleicht“. Neueinstellungen planen 29,3 Prozent, während 32,4 Prozent dies ausschließen. 38,3 Prozent halten sich diese Option offen.

Kritik an Regierung und Rentenplänen

Deutlich skeptisch äußern sich die Unternehmen zur wirtschaftlichen Handlungsfähigkeit der Bundesregierung. Seit dem Amtsantritt von Bundeskanzler Friedrich Merz sehen 40,5 Prozent der Befragten ihr Vertrauen eher oder deutlich gesunken. Für 43 Prozent hat sich nichts verändert. Nur 16,5 Prozent berichten von einem gestiegenen Vertrauen.

Keine Unterstützung finden in der Wirtschaft Überlegungen zu einem höheren Renteneintrittsalter. Knapp 58 Prozent der Unternehmen halten eine Rente mit 70 für nicht sinnvoll. 15 Prozent befürworten ein späteres Rentenalter, 23 Prozent teilweise. „Dieses Rentenpaket behebt allerdings nicht die strukturellen Defizite des deutschen Rentensystems und droht zur Belastung für die junge Generation zu werden“, sagt Liebold. Stattdessen sprechen sich 70 Prozent der Unternehmen für eine freiwillige Verlängerung der Lebensarbeitszeit aus. Mehr als 64 Prozent halten eine Aktivrente für wirksamer, rund 46 Prozent eine Erwerbstätigenversicherung. Weniger als vier Prozent sehen im sogenannten Boomer-Soli eine geeignete Maßnahme.

Die Umfrage wurde im November durchgeführt. Befragt wurden Unternehmen aus zahlreichen Branchen, darunter Automotive, Bauwirtschaft, Chemie, Dienstleistungen, IT, Maschinenbau und Handel. Die Jahresumsätze reichen von unter fünf Millionen bis über eine Milliarde Euro, die Zahl der Beschäftigten von unter 100 bis mehr als 1.500.

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