Map-Report 940: Universa erzielt Spitzenplatz im Bilanzrating PKV

Michael Franke
Foto: Franke & Bornberg
Michael Franke: "Da es der Branche weiterhin schwer fällt den natürlichen Bestandsabrieb zu kompensieren und einige Versicherer seit Jahren schrumpfen, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie lange dieser Trend zu verkraften ist.“

Die private Krankenversicherung steht vor großen Herausforderungen: steigende Gesundheitskosten, regulatorischer Druck und eine stagnierende Neukundengewinnung. Der neue map-report 940 zeigt, welche Anbieter ihre Bilanzkennzahlen im Griff haben – und wo die Branche an Grenzen stößt.

Im Bilanzrating 2024 belegt die Universa erstmals den ersten Platz und löst damit die LVM ab. Mit 276,5 von 300 möglichen Punkten erreichte der Versicherer eine Bewertung von 92,2 Prozent und damit die Bestnote „mmm+“. Nur knapp dahinter folgen LVM (91,2 Prozent), Alte Oldenburger (90,8 Prozent) und Signal Iduna (88,2 Prozent). Diese vier Unternehmen zählen laut map-report zu den bilanzstärksten privaten Krankenversicherern Deutschlands.

Die VGH Provinzial führt mit 81,7 Prozent das Feld der mit „mmm“ für sehr gute Leistungen ausgezeichneten Anbieter an. Ebenfalls sehr gut schnitten Inter, Hallesche, Allianz, R+V und Landeskrankenhilfe ab. Bewertet wurden insgesamt zwölf Kennzahlen, die als Fünf-Jahres-Durchschnitte berechnet wurden, um kurzfristige Schwankungen auszugleichen.

Franke und Bornberg - map-report 940 - Bilanzrating Private Krankenversicherung - Gesamtergebnis

Leichtes Wachstum im Bestand

Spannend: Die Entwicklung des Neugeschäfts in der Vollversicherung. Die sei in weiten Teilen der Branche noch immer ein Geheimnis, in den Geschäftsberichten sei diesbezüglich nach wie vor kaum Angaben zu finden, schreiben die Autoren des Map-Reports.

Positive Ausnahmen bilden beispielsweise die Debeka, Allianz und Generali. Für 2024 weist die Debeka einen Neuzugang in der Vollversicherung von 74.384 (Vorjahr: 70.384) Versicherten aus, bei der Allianz sind es 14.122 (Vorjahr 11.661) Personen und bei der Generali 6.301 (2022: 5.840). Bei anderen Krankenversicherern bleibt nur der Umweg über die Bestandsentwicklung, um Rückschlüsse auf das Neugeschäft ziehen zu können. Ein trauriges Kapitel in Sachen Transparenz lautet denn auch die Schlussfolgerung hierzu.


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„Da es der Branche weiterhin schwer fällt den natürlichen Bestandsabrieb zu kompensieren und einige Versicherer seit Jahren schrumpfen, stellt sich zwangsläufig die Frage, wie lange dieser Trend zu verkraften ist“, kommentiert Michael Franke, geschäftsführender Gesellschafter von Franke und Bornberg und Herausgeber des Map-report, die widrigen Umstände für die Branche.

Ende 2024 waren 8.739.206 Personen vollversichert. Das sind 0,34 % beziehungsweise 29.563 Versicherte mehr als im Vorjahr. „Das ist nicht sonderlich spektakulär und weit entfernt vom Wachstum zur Jahrtausendwende, aber es ist der zweite Zuwachs in Folge und der höchste seit dem Jahr 2011“, ergänzt Franke. Den größten Bestand hatte die Branche im Jahr 2011 mit 8.976.400 Vollversicherten. Seitdem hat der Markt über 230.000 Vollversicherte verloren. Dieser Umstand und die schwierige Situation für die Branche werden auch politisch forciert.

Die immer weiter steigende Versicherungspflicht-Grenze erschwert es den Versicherern Neukunden zu akquirieren. 14 der 30 Anbieter mit Vollversicherten (Vigo und Ottonova wegen fehlender Geschäftsberichte nicht berücksichtigt) konnten die Bestände ausbauen. In absoluten Werten dominierte die Debeka das Feld mit einem Plus von 27.270 Kunden, gefolgt von Arag (19.987), HanseMerkur (13.172) und Barmenia (9.350). Die größten Bestandsverluste hatten wie in den vergangenen die DKV (-16.129), Continentale (-5.238), Bayerische Beamtenkranken (-4.192), Landeskrankenhilfe (-4.070) sowie Allianz (-4.060) zu verkraften. Positiv dabei: Die Bestandsverluste sind außer bei der Landeskrankenhilfe und DKV geringer als in den Vorjahren.

Franke und Bornberg - map-report 940 - Bilanzrating Private Krankenversicherung - Kunden in der Vollkostenversicherung

Wettbewerb über Umdeckung

Seit der Gesundheitsreform 2009 dürfen Vollversicherte bei einem Tarif- oder Anbieterwechsel einen Teil ihrer Alterungsrückstellungen mitnehmen – vorausgesetzt, der Vertrag wurde ab dem 1. Januar 2009 abgeschlossen. „Was als Schutzmechanismus für die Versicherten gedacht war, entwickelt sich zunehmend zu einem zentralen Schalthebel für Marktbewegungen in der Vollversicherung“, ergänzt Reinhard Klages, Verantwortlicher des Map-report.

Für Versicherer bedeuten die abgegebenen Übertragungswerte eine Belastung. Mit jedem Abgang fließt Kapital aus der Deckungsrückstellung ab, das dem Kollektiv für künftige Kalkulationen fehlt. Besonders kritisch wird es, wenn vor allem „gute Risiken“ den Anbieter verlassen und weniger attraktive Risiken zurückbleiben. Die Folge können steigende Beiträge im Bestand sein. Aus Sicht der Kunden wirkt die Mitnahme der Rückstellungen zunächst positiv. Doch übertragen wird nur ein gesetzlich definierter Teil – der Übertragungswert. Wer den Anbieter wechselt, läuft Gefahr, trotz niedrigerer Prämien schlechter gestellt zu sein. So können Gesundheitsprüfungen zu Leistungsausschlüssen führen und Wartezeiten oder Selbstbehalte steigen. Was kurzfristig nach Ersparnis aussieht, kann langfristig Versorgungslücken hinterlassen.

Nicht ganz unkritisch ist dabei die Rolle mancher Vermittler. „Externe Umdeckungen lösen neue Abschlussprovisionen aus – ein Anreiz, der nicht immer im Sinne des Kunden liegt. Fehlt die transparente Beratung, wird aus der vermeintlichen Kostenoptimierung schnell ein Risiko für die finanzielle Stabilität im Alter“, warnt Franke.

Franke und Bornberg - map-report 940 - Bilanzrating Private Krankenversicherung - Übertragungswerte

Dass Übertragungswerte längst zum harten Wettbewerbsfaktor geworden sind, belegen einmal mehr die jüngsten Zahlen. Die HanseMerkur verzeichnete im vergangenen Jahr den mit Abstand größten Nettozufluss: 41,1 Millionen Euro, gut das 2,5-Fache des Vorjahres. Die Hamburger nahmen 54 Millionen Euro, an Rückstellungen ein und gaben 12,9 Millionen Euro, ab. Auch die Arag zählt zu den Gewinnern. Mit einem positiven Saldo von 24,7 Millionen Euro, bestätigte sie einmal mehr ihre Position als Schwergewicht bei Umdeckungen. Deutlich dahinter bewegen sich die Continentale (Saldo 3,6 Mio. €), die Hallesche (1,8 Mio. €) und die Universa (1,6 Mio. €). Doch die Dynamik zeigt klar, wohin die Reise geht: Übertragungswerte sind längst mehr als eine buchhalterische Kennzahl.

Beitragseinnahmen steigen deutlich

Während das Neugeschäft schwächelt, legten die Beitragseinnahmen im Schnitt um 4,3 Prozent zu. Besonders hohe Zuwächse erzielten Arag mit 17,4 Prozent und Concordia mit 13,5 Prozent. Unter den großen Anbietern mit mehr als einer Milliarde Euro Beitragseinnahmen stachen Hallesche, Huk-Coburg, Barmenia und HanseMerkur hervor. Rückläufige Beitragseinnahmen wie im Vorjahr gab es 2024 nicht.

Belastung durch steigende Kosten

Die Schadenaufwendungen der Branche stiegen 2024 um knapp drei Milliarden Euro auf 39,74 Milliarden Euro. Damit kletterte die durchschnittliche Schadenquote von 81,7 auf 83,2 Prozent. Auch die versicherungsgeschäftliche Ergebnisquote verschlechterte sich von 9,0 auf 7,3 Prozent.

Trotz steigender Belastungen konnten die privaten Krankenversicherer ihre Kapitalanlagen und Alterungsrückstellungen ausbauen. Die Kapitalanlagen stiegen um 3,5 Prozent auf 371,9 Milliarden Euro, die Alterungsrückstellungen um 4,2 Prozent auf 341,7 Milliarden Euro. Spitzenreiter bleibt die Debeka mit Rückstellungen von 54,40 Milliarden Euro.

Digitale Lösungen als Schlüssel

Die Analyse zeigt, dass die Branche zwischen Stabilität und Druck steht. So hat die Branche in den vergangenen Jahren eine beeindruckende Dynamik in ihren Finanzkennzahlen gezeigt. Insbesondere die Kapitalanlagen und Alterungsrückstellungen verzeichneten ein robustes Wachstum. So stiegen die Kapitalanlagen innerhalb eines Jahres um 3,5 % auf 371,9 Milliarden Euro an. Parallel dazu erhöhten sich die Alterungsrückstellungen um 4,2 % auf 341,7 Milliarden Euro. Diese Entwicklung unterstreicht die solide Finanzbasis der PKV und ihre Fähigkeit, den steigenden Behandlungskosten im Alter entgegenzuwirken. Die fünf größten Versicherer kamen bereits auf 185,2 Milliarden Euro. Jahr für Jahr sind die Wachstumsraten hier teils enorm und keine Gesellschaft verzeichnete geringere Werte als im Vorjahr. Spitzenreiter mit der höchsten Alterungsrückstellung ist die Debeka mit einer Reserve von 54,40 Milliarden Euro, gefolgt von der DKV mit Milliarden Euro. 

Nicht nur nach der reinen Größe eines Unternehmens, sondern auch nach der Bestandszusammensetzung variieren diese Rückstellungen in der absoluten Höhe. Insofern können auch Gesellschaften mit höherem Beitragsvolumen mitunter niedrigere Alterungsrückstellungen als kleinere Versicherer ausweisen. Zudem gilt, dass je höher der Kapitalanlagebestand im Verhältnis zur Alterungsrückstellung ist, desto geringer fällt in der Regel die Rechnungszinsanforderung aus. Und damit auch die Höhe der zu erwirtschaftenden Nettorendite, um die Alterungsrückstellung ausreichend zu verzinsen.

Blick in die Zukunft

Die privaten Krankenversicherer sehen sich einer doppelten Herausforderung gegenüber, betont der neue Map-Report: Einerseits steigen die Gesundheitsausgaben seit Jahren unaufhaltsam, andererseits verändern sich die Erwartungen der Versicherten rasant. Wer als Anbieter bestehen will, muss Innovationen nicht nur ankündigen, sondern tatsächlich in marktreife Lösungen übersetzen. Digitale Anwendungen versprechen hier den größten Hebel – von telemedizinischen Angeboten über smarte Apps bis hin zu Serviceplattformen, die verschiedenste Leistungen bündeln, so die Map-Report-Autoren. Sie können Abläufe beschleunigen, Kosten senken und die Kundenzufriedenheit steigern.

Doch jeder Fortschritt hat seine Kehrseite. Neue Technologien verbessern zwar nicht immer die Versorgung, verteuern das System aber. Hinzu kommen Innovationen in Diagnostik und Therapie, deren hohe Preise sich unmittelbar in den Bilanzen niederschlagen. Unnötige Behandlungen und Operationen und im Ländervergleich hohe Medikamentenkosten sind bereits seit Jahren Kostentreiber. Damit wächst der Druck auf die Versicherer, Kostensteigerungen abzufedern und dennoch verlässliche Leistungen zu bieten.

Zusätzlich wirft die Praxis von nicht immer am Kundennutzen orientierten Umdeckungen ein kritisches Schlaglicht auf den Markt. Tarif- oder Anbieterwechsel mögen für einzelne Kunden kurzfristige Vorteile bringen, sie erschweren jedoch eine verlässliche Risikokalkulation und bergen die Gefahr, die Stabilität des Systems insgesamt zu unterminieren.

Die Zukunft der PKV hängt daher entscheidend davon ab, wie konsequent die Anbieter auf veränderte Rahmenbedingungen reagieren. Digitale Lösungen, präventive Ansätze, eine engere Partnerschaft mit den Versicherten und eine strategische Steuerung der Kosten werden dabei zum Prüfstein, schlussfolgern Franke und Klages.

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