„Der Immobilienmarkt ist aus seiner Lethargie erwacht und es wird verstärkt Kapital investiert. Der große Immobilienboom wird in diesem Jahr aber ausbleiben“, so Florian Wenner, Head of Research & ESG bei Praemia REIM Germany. Dennoch bleibe die Weltlage ein Unsicherheitsfaktor, der auf das Investorenvertrauen drücke.
Bis März 2025 hätte sich das Immobilienklima sukzessive verbessert, bevor es im April einen spürbaren Dämpfer erhalten habe. „Der Hauptgrund – und dafür bedarf es keiner großen Fantasie – ist die Anfang April begonnene US-Zollpolitik, die zu erheblichen Verwerfungen an den globalen Kapitalmärkten geführt hat“, erklärt Wenner. Bei den Assetklassen stehe laut Stimmungsbarometer erneut Wohnen an erster Stelle, gefolgt von Hotel und Logistik. Büroimmobilien liegen nach wie vor auf dem letzten Platz.
Trotz aller Risiken könnten sich Europas Immobilienmärkte als Gewinner dieser unruhigen Weltlage erweisen – dank liberaler Demokratie, wirtschaftlicher und politischer Stabilität, sowie hoher Rechtssicherheit. Die Assetklassen im Detail:
Büroimmobilien
Das Transaktionsvolumen im Bürosegment lag im ersten Quartal 2025 bei 1,1 Milliarden Euro und damit zwar unter dem Zehnjahresdurchschnitt, aber höher als im Vorjahresquartal. „Die Fundamentaldaten geben allerdings weiterhin Anlass zur Zurückhaltung“, so Wenner. „Eine kleine Renaissance erlebten hingegen B-Städte.“ Die Spitzenrenditen seien sowohl in A- als auch in B-Städten bei jeweils 4,6 Prozent bzw. 5,1 Prozent stabil geblieben.
Der Bürovermietungsmarkt zeige sich trotz der konjunkturellen Lage stabil. Der Flächenumsatz in den Top-7-Märkten sei aufgrund einzelner Großanmietungen leicht gestiegen. Gleichzeitig nehme der Leerstand aufgrund nur gering nachgefragter Objekte in Randlagen weiter zu. „Für den weiteren Jahresverlauf ist eher mit einer Seitwärtsbewegung der wichtigsten Bürokennzahlen zu rechnen, da das gesamtwirtschaftliche Umfeld die Unsicherheit für Büroimmobilien erhöht“, so Wenner.
Wohnimmobilien
Wohninvestments behaupteten mit einem Transaktionsvolumen von 2,6 Milliarden Euro und einem Marktanteil von 31 Prozent erneut die Spitzenposition im Assetklassen-Vergleich. Die hohe Investorennachfrage spiegele sich auch in anhaltend niedrigen Spitzenrenditen wider, die unverändert bei 3,4 Prozent lag.
Bei den Wohnungsbaugenehmigungen habe die Talfahrt in den ersten Monaten gestoppt werden können. Trotzdem seien die Fertigstellungs- und Genehmigungszahlen auf einem niedrigen Niveau geblieben. „Sobald die Regierungsbildung abgeschlossen ist, wird sich zeigen, wie der im Wahlkampf angekündigte ‚Wohnungsbau-Turbo‘ in den nächsten Monaten tatsächlich aussehen wird und ob er ‚zündet‘“, so Wenner.
„Neben den klassischen Wohnformen stehen zukünftig auch Apartmentkonzepte immer stärker in den Fokus der Investoren“, betont Wenner. Diese richteten sich an Zielgruppen, die nur schwer eine Wohnung auf dem klassischen Wohnungsmarkt finden könnten. Außerdem seien möblierte Angebote in der Regel von der Mietpreisregulierung ausgenommen.
Einzelhandelsimmobilien
Einzelhandelsimmobilien erzielten mit 1,4 Milliarden Euro das höchste Transaktionsvolumen seit drei Jahren. Ein wesentlicher Antreiber dafür sei der Verkauf des Designer-Outlets in Wustermark gewesen. Die Nachfrage nach Einzelhandelsimmobilien bleibe bei ausländischen Investoren mit 71 Prozent hoch. Die Spitzenrenditen zeigten sich stabil: High-Street-Shops erzielten 4,2 Prozent, während Supermärkte auf 4,8 Prozent und Shoppingcenter auf 5,9 Prozent kommen.
Doch die Konsumstimmung bleibe getrübt. „Auch die geopolitischen Unsicherheiten rund um die Zollpolitik von Trump könnten sich negativ auf das Konsumverhalten auswirken, da die Verbraucher aus Angst vor steigenden Preisen weniger konsumieren“, warnt Wenner. Vor diesem Hintergrund bleibe der Lebensmitteleinzelhandel in diesem Jahr ein Stabilitätsanker.
Gesundheitsimmobilien
Gesundheitsimmobilien erlebten mit 0,5 Milliarden Euro das stärkste Quartal der letzten zehn Jahre – ein Rekordwert, der insbesondere durch den Rückkauf der Kette „Pflege und Wohnen“ durch die Stadt Hamburg beeinflusst worden sei. Für Aufsehen habe dagegen der Insolvenzantrag von Argentum gesorgt. Allerdings hätten die meisten Pflegeheimbetreiber in den letzten Monaten ihre Liquiditätsprobleme überwinden und sich finanziell stabilisieren können.
„Akteure mit frischem oder vorhandenem Kapital nutzten die günstigen Kaufpreise, um ihren Bestand an Gesundheitsimmobilien auf- oder auszubauen. Als konjunkturunabhängige Assetklasse steht Healthcare bei Investoren weiterhin hoch im Kurs, sodass für das Gesamtjahr mit einer anhaltenden Belebung des Transaktionsgeschehens zu rechnen ist“, prognostiziert Wenner.
Hotelimmobilien
Das Hotelsegment hat einen sehr guten Jahresauftakt verzeichnet und das Transaktionsvolumen im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 0,7 Milliarden Euro nahezu verdreifachen können. Dieser Erfolg lag insbesondere an drei Großtransaktionen.
„Trotz eines leichten Rückgangs der touristischen Übernachtungszahlen im Februar 2025 präsentiert sich die Hotellerie weiterhin in guter Verfassung“, resümiert Wenner. Zudem deuteten steigende Zimmerpreise auf eine nach wie vor hohe Zahlungsbereitschaft der Gäste hin. Im Hinblick auf das Gesamtjahr sei damit von einer anhaltenden Belebung des Transaktionsgeschehens auszugehen.
Logistikimmobilien
Trotz konjunktureller Schwächephase sei das Logistiksegment im ersten Quartal eine gefragte Assetklasse geblieben. Mit einem Transaktionsvolumen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro, belege Logistik den zweiten Platz im Assetklassen-Vergleich. Die Spitzenrendite lag unverändert bei 4,4 Prozent. „Die anhaltend hohe Nachfrage ausländischer Investoren und die hohen Flächenumsätze dürften den deutschen Logistikmarkt weiter beflügeln“, so Wenner.
Auch der Vermietungsmarkt zeige sich dynamisch: So lag die Vermietungsleistung bei 1,2 Millionen Quadratmetern, ein Plus von 16 Prozent zum Vorjahr. „Allerdings könnte die Flächenknappheit das Transaktionsvolumen begrenzen und die Preise für Logistikflächen, insbesondere in gefragten Lagen, in die Höhe treiben.“
Praemia REIM verwaltet nach eigenen Angaben ein Vermögen im Wert von 36 Milliarden Euro, davon 50 Prozent Gesundheits-/Bildungs-, 30 Prozent Büro-, acht Prozent Wohn- und insgesamt zwölf Prozent weitere Immobilienarten. Die Plattform von Praemia REIM verwaltet demnach 97 Fonds für mehr als 80.000 Einzelanleger und institutionelle Investoren. Das Immobilienportfolio umfasst rund 1.600 Objekte in elf europäischen Ländern.