Herr Mahrt, Nachhaltigkeit ist derzeit kein Selbstläufer. Wie siehst du die aktuelle Stimmung?
Mahrt: Ein Selbstläufer ist es wirklich nicht. Das liegt auch daran, dass viele Menschen momentan ganz andere Sorgen haben. Wenn man sich die politische Lage anschaut – vom Krieg in Europa über wirtschaftliche Unsicherheiten bis hin zu Ängsten um den Arbeitsplatz – dann ist das Thema CO₂-Einsparung für viele einfach nicht das dringendste. Aber das Bewusstsein ist da. In Hamburg etwa hat die Bevölkerung per Volksentscheid beschlossen, dass die Stadt gesetzlich zur Nachhaltigkeit verpflichtet wird. Auch in Berlin sehe ich immer wieder Klimaaktivisten, deren Anliegen berechtigt sind.. Denn am Ende haben wir eben nur eine Welt – und wenn man die Situation wissenschaftlich betrachtet, ist sie dramatisch. Trotzdem gilt: Wer sich bedroht fühlt, denkt selten an Klimaschutz. Die unter 40-Jährigen dagegen, vor allem die unter 30, beschäftigen sich intensiv mit Nachhaltigkeit. Für sie ist das Erhalten dieser Welt ein zentrales Thema.
Die Versicherer sind auf dem Weg. Aber Vermittler tun sich nach wie vor schwer, Nachhaltigkeit zu erklären und zu verkaufen. Wie unterstützt Pangaea Life den Vertrieb?
Mahrt: Wir schulen intensiv, weil wir als Marke ausschließlich nachhaltige Produkte anbieten – von der Police bis zum Direktinvestment. Unsere Vermittler bekommen Argumentationshilfen und praxisnahe Informationen, damit sie mit Kundinnen und Kunden sicher über Nachhaltigkeit sprechen können. Trotzdem erlebe ich häufig, dass manche Vermittler das Thema einfach umgehen. Sie sagen: „Ich frage meine Kunden gar nicht nach Nachhaltigkeitspräferenzen, ich mache alles wie immer.“ Das ist schade, denn gerade jüngere Kundinnen und Kunden lassen sich das nicht mehr gefallen. Was mich aber zuversichtlich stimmt: Viele Vermittler, die anfangs skeptisch waren, kommen mittlerweile zurück und sagen: „Meine Kunden fragen gezielt nach nachhaltigen Produkten – erklär mir das noch einmal.“ Das Thema ist also raus aus der Nische, in der Mitte der Gesellschaft angekommen und jetzt irgendwo dazwischen gelandet. Aber ich bin sicher: Wenn die jüngere Generation in Führungspositionen kommt, wird Nachhaltigkeit zum Standard. Dann wird es keine betriebliche Altersversorgung mehr geben, die nicht nachhaltig ist.
Die regulatorischen Anforderungen gelten als sehr komplex. Wo sehen Sie die größten Stolpersteine für Anbieter und Vermittler – und was müsste vereinfacht werden?
Mahrt: Die Komplexität ist tatsächlich das Hauptproblem. Wenn Vermittler sagen: „Ich halte mich gar nicht daran“, zeigt das, dass sie überfordert sind. Dabei sollte alles verständlich und nachvollziehbar bleiben – für Kunden wie für Berater. Viele sprechen zum Beispiel ständig über ETFs, wissen aber gar nicht genau, was im MSCI World steckt.
Ich bin kein Gegner von ETFs – sie gehören genauso zur Altersvorsorge wie Sachwertfonds. Aber man muss erklären können, was man verkauft. Nachhaltigkeit muss vom großen regulatorischen Überbau wieder heruntergebrochen werden – auf die Ebene des Kunden. Am Ende ist es einfach: Ich frage meinen Kunden, ob er lieber etwas Nachhaltiges oder ein klassisches Produkt möchte. Es geht um Transparenz und um Wahlfreiheit. Der Kunde darf entscheiden – und soll die Konsequenzen seiner Entscheidung kennen. Das ist ehrlicher und praxisnäher als jedes komplizierte Formular.
Pangaea Life steht für Nachhaltigkeit. Wie setzt Sie das im Unternehmen und in den Produkten um?
Mahrt: Für mich sind das zwei Seiten derselben Medaille – Unternehmensstrategie und Produktgestaltung. Wir wollten, dass die Bayerische als Muttergesellschaft mitzieht. Bei Pangaea Life fahren wir nur Elektroautos, und die Bayerische wird bald nachziehen – mit Ausnahme weniger Hybridfahrzeuge. Gerade beim Thema Dienstwagen gibt es viele Diskussionen, aber wir haben gesagt: Wenn wir glaubwürdig sein wollen, müssen wir mit gutem Beispiel vorangehen. Auch intern haben wir vieles verändert – von fair gehandeltem Kaffee über nachhaltige Büromaterialien bis hin zu CO₂-Kompensation. Wir sind seit Jahren klimaneutral, anfangs mithilfe von Zertifikaten, aber wir verbessern uns stetig. Produktseitig liegt unser Fokus klar auf Pangaea Life. Wir bieten Sachwertinvestments, die nachvollziehbar und greifbar sind – und verbinden so Rendite mit ökologischer Wirkung.
In der EU wird diskutiert, ob Nachhaltigkeitsziele gelockert werden sollen. Wie sehen Sie den Ansatz?
Mahrt: Grundsätzlich braucht es Regeln und Grenzen – aber sie müssen praktikabel bleiben. Ich habe testweise schon Kunden gefragt: „Wie viel Taxonomie möchten Sie in Ihrem Produkt?“ Da schauen sie mich nur verständnislos an. Es ist absurd, dass Verbraucher solche Entscheidungen treffen sollen. Ich finde Regulierung richtig, aber sie darf nicht überzogen sein. Banken und Versicherer haben eine enorme Hebelwirkung, weil sie Kapital lenken können. Wenn wir sagen, wir wollen den Wandel mitgestalten, dann müssen wir das ernst nehmen. Aber es darf nicht passieren, dass nachhaltige Investments am Ende benachteiligt werden – etwa durch höhere Eigenkapitalanforderungen. Das wäre kontraproduktiv.
Wie definiert Pangaea Life Nachhaltigkeit und wo zieht Sie die Grenze zwischen Wirkung und Greenwashing?
Mahrt: Greenwashing wird immer seltener. Die Branche ist transparenter geworden, viele Anbieter haben gelernt. Bei uns ist Nachhaltigkeit klar definiert, weil wir in reale, nachvollziehbare Projekte investieren – in erneuerbare Energien oder klimaneutrale Immobilien. Ein Beispiel: In Köln bauen wir an der „Kölner Welle“ rund 750 Wohnungen mit Dreifachverglasung und Kita. Das ist nicht nur ökologisch, sondern auch sozial nachhaltig. In Hamburg wiederum arbeiten wir eng mit dem Finanzsenator Andreas Dressel zusammen, der unsere Bauweise ausdrücklich unterstützt. Die Stadt will bis 2040 klimaneutral werden – dafür braucht es Partner, die so bauen, wie wir bauen. Aber man darf die Menschen dabei nicht überfordern. Da, wo Nachhaltigkeit machbar ist, sollte man sie umsetzen – wo nicht, darf man sie nicht erzwingen. Der Wandel braucht Pragmatismus.
Welche Zielgruppen sprecht Sie mit Ihren nachhaltigen Produkten an?
Mahrt: Vor allem jüngere Kundinnen und Kunden, viele aus technischen Berufen, Lehrerinnen, Akademiker. Sie denken langfristig, auch für ihre Kinder. In der betrieblichen Altersversorgung erleben wir derzeit besonders viel Bewegung – auch, weil immer mehr Unternehmen Nachhaltigkeit als Kriterium bei der Vergabe berücksichtigen.
Nachhaltigkeit ist längst Mainstream. Wie will sich Pangaea Life künftig differenzieren – und wo liegt das größte Potenzial?
Mahrt: Ich glaube, der nächste Schritt wird stärker in Richtung Investment gehen. Junge Leute handeln heute mit Apps wie Trade Republic, investieren in ETFs oder sogar Private Equity. Das war früher undenkbar. Auch wir haben uns in dieser Hinsicht weiterentwickelt, mit unserem US-Co-Invest bieten wir eine neue Investmentlösung an, die einfach und transparent bleiben – und natürlich nachhaltig.
Welche Bedeutung hat Pangaea Life innerhalb der Bayerischen?
Mahrt: Ich hoffe, eine große. Wir sind Impulsgeber und manchmal auch Antreiber. Ich habe immer gesagt: „Ihr müsst euren Deckungsstock auf Artikel 8 bringen.“ Und das haben wir geschafft – wir gehören zu den wenigen Versicherern mit grünem Deckungsstock. Dafür haben wir ein sehr gutes Rating erhalten. Pangaea Life ist für die Bayerische ein wichtiger Motor, um Nachhaltigkeit glaubwürdig zu leben – und das nicht nur als Produktmerkmal, sondern als Haltung.
















