Rechtsschutzversicherer erwarten rund 250 Millionen Euro Mehrbelastung

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Justiz und Recht

Ab dem 1. Juni 2025 werden unter anderem die Rechtsanwalts- und Gerichtsgebühren deutlich angehoben. Allein für die Rechtsschutzversicherer entstehen laut Berechnungen des GDV Mehrkosten von etwa 250 Millionen Euro jährlich.

Ab dem 1. Juni 2025 treten in Deutschland umfangreiche Änderungen im Kosten- und Vergütungsrecht in Kraft. Mit dem Inkrafttreten des „Kosten- und Betreuervergütungsrechtsänderungsgesetzes“ steigen unter anderem die Gebühren für Anwälte und Gerichte deutlich – mit weitreichenden Folgen für Verbraucherinnen und Verbraucher, aber auch für die Versicherungswirtschaft.

Allein für die Rechtsschutzversicherer entstehen laut Berechnungen des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) Mehrkosten von etwa 250 Millionen Euro jährlich. „Ohne Rechtsschutzversicherung kann ein Rechtsstreit zu einer erheblichen finanziellen Belastung werden“, warnt Anja Käfer-Rohrbach, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des GDV. Schon in den vergangenen Jahren sei es zu mehrfachen Gebührenerhöhungen gekommen – zuletzt durch die Kostenrechtsnovelle 2021. Die aktuelle Reform verschärfe diese Entwicklung weiter.

Rechtsschutz wird zur Eintrittskarte ins Rechtssystem

Inzwischen verfügen rund 60 Prozent der Haushalte über eine Rechtsschutzversicherung, die viele dieser Kosten zumindest teilweise auffängt. Wer jedoch nicht abgesichert ist, muss steigende Anwalts- und Gerichtskosten aus eigener Tasche zahlen. Dass dies viele davon abhält, ihre Rechte einzuklagen, zeigt eine Studie im Auftrag des Bundesjustizministeriums: Fast 60 Prozent der befragten Anwältinnen und Anwälte gaben an, dass ihre Mandanten wegen der zu erwartenden Kosten auf eine Klage verzichteten. Umgekehrt rieten über die Hälfte der Anwälte ihren Mandanten aktiv von einem Verfahren ab – ebenfalls aus Kostengründen.


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„Wenn die Kosten stetig steigen, wächst das Risiko, dass immer mehr Menschen auf die Durchsetzung ihres Rechtes verzichten“, sagt Käfer-Rohrbach. Für sie ist das nicht nur eine Frage der individuellen finanziellen Belastung, sondern eine grundsätzliche Herausforderung für den Zugang zum Recht.

Gebührenrecht nicht mehr zeitgemäß

Dabei ist für viele Experten klar: Das aktuelle Gebührenrecht bildet die veränderten Realitäten juristischer Arbeit längst nicht mehr ab. Digitalisierung, Automatisierung und der zunehmende Einsatz von Künstlicher Intelligenz verändern die anwaltliche Praxis tiefgreifend. Statt darauf zu reagieren, verharrt das Gesetz in alten Strukturen.

„Wir brauchen dringend ein Gebührenrecht, das die Möglichkeiten moderner Arbeitsweisen berücksichtigt – etwa bei Massenverfahren wie dem Dieselskandal“, fordert Käfer-Rohrbach. Wenn gleichgelagerte Fälle mit industriellen Methoden effizient bearbeitet werden, müsse dies auch zu spürbaren Kostenvorteilen für Mandantinnen und Mandanten führen. Gleiches gelte für KI-gestützte Leistungen wie juristische Recherche, Sachverhaltsanalyse oder die Erstellung von Schriftsätzen.

Wachsende Bedeutung der Rechtsschutzversicherung

2024 existierten in Deutschland rund 27,3 Millionen Rechtsschutzversicherungsverträge. In über 4,8 Millionen Fällen leisteten die Versicherer finanzielle Unterstützung – insgesamt in Höhe von mehr als 3,8 Milliarden Euro. Der Löwenanteil dieser Summe entfiel auf Anwaltskosten.

Angesichts steigender Gebühren und wachsender finanzieller Hürden wird die Rechtsschutzversicherung für viele Bürgerinnen und Bürger zunehmend zum entscheidenden Faktor, um überhaupt Zugang zum Rechtssystem zu behalten. Doch auch für die Versicherer steigt der finanzielle Druck – eine Entwicklung, die ohne politische Nachjustierung langfristig alle Beteiligten belasten könnte.

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