USA: Arbeit sucht Arbeiterinnen und Arbeiter

Bauarbeiter mit Helm vor US-Flagge
Foto: PantherMedia/ svershinsky
Auch in den USA herrscht ein eklatanter Mangel an Arbeitskräften.

Noch nie seit dem Zweiten Weltkrieg trafen in den USA so viele offene Stellen auf so wenige Arbeitssuchende. Ein Grund mehr, warum die US-Notenbank auf Nummer sicher gehen dürfte.

Eigentlich könnte man jede Woche damit rechnen, dass das National Bureau of Economic Research (NBER) eine Rezession für die USA ausruft. Eigentlich, denn der Arbeitsmarkt zieht nicht mit. Er ist, wie auch die Arbeitslosenquote von 3,4 Prozent1) im Januar wieder zeigte, für diese Konjunkturphase außergewöhnlich stark. Die große Jobsicherheit wiederum trägt zu einem robusteren Konsum bei, als es die Belastungen durch hohe Inflations- und Hypothekenraten erwarten ließen. Was sich wiederum auf die Inflationserwartungen2) auswirkt. Hier wirken Märkte und Zentralbanken gleichermaßen überfordert. Allein im Februar sind die Inflationserwartungen für die kommenden zwei Jahre um 80 Basispunkte auf 3,15 Prozent angestiegen.

Wie ungewöhnlich die Situation ist, zeigt unser „Chart der Woche“. Er zeigt das Verhältnis zwischen der Arbeitslosenquote und der Anzahl offener Stellen (als Anteil der Erwerbsbevölkerung) in den USA. Derzeit gibt es fast zweimal so viele offene Stellen wie Arbeitssuchende. Dieses Verhältnis gab es zuletzt zu Zeiten des Zweiten Weltkriegs, als radikal auf Rüstungsproduktion umgestellt wurde.

Arbeits- und Arbeitersuchende in den USA

Für das heutige Stellenüberangebot gibt es viele Erklärungsansätze. Einmal auf der (Arbeits-)Nachfrageseite: die Firmen zögern Entlassungen hinaus, da sie Angst haben, im Bedarfsfall nicht wieder genügend Mitarbeiter zu finden; oder aber die im Zuge der Reshoring-Initiativen geschaffenen Stellen entsprechen nicht dem Arbeitskräfteprofil in den USA. Auf der (Arbeits-)Angebotsseite gibt es noch mehr mögliche Gründe, die in diesem Fall die Knappheit erklären könnten: Die Arbeitnehmer sind wählerischer geworden, da sie sie durch die üppigen finanziellen Hilfen während der Covid-Krise ein Polster anlegen konnten, das ihnen entsprechenden Spielraum verschafft; die verbesserten Möglichkeiten des Arbeitens von zu Hause ermöglichen mehr Teilzeitarbeit; im Laufe der Covid-Krise haben sich überdurchschnittlich viele Menschen in den Ruhestand verabschiedet.

Bis alle Gründe für die Verzerrungen am Arbeitsmarkt verstanden worden sind, dürften wohl mindestens noch ein paar Quartale vergehen. Doch Zentralbanker und Anleger müssen sich hier und heute Gedanken über Arbeitslosenquoten, Lohnentwicklung und Inflation machen. Kein Wunder, dass weiter auf Sicht gefahren wird und die Zins- und Inflationserwartungen am Markt so volatil bleiben. „Ginge es allein nach dem Arbeitsmarkt, der zumindest aktuell keinerlei Zeichen von Abschwächung zeigt, müsste die US-Notenbank den Zins auf fünf bis sechs Prozent anheben“, fasst Christian Scherrmann, USA-Volkswirt der DWS, die Lage zusammen.

1) Bei allen Unschärfen, die dieser Zahl anhaften

2) Gemessen an den Break-Even Raten, wie sie sich aus 2-jährigen inflationsindexierten Treasuries ergeben

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