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USA: Warum Konsum und Konjunktur auch 2026 an Dynamik gewinnen könnten

Foto: Union Investment
Gregor Eder, Union Investment

Das erfreuliche Umsatzwachstum in der Black Week hat einmal mehr gezeigt: Der private Konsum bleibt eine Wachstumsstütze in den USA. Das sollte sich auch im kommenden Jahr fortsetzen. 2026 dürfte die Konjunkturdynamik jenseits des Atlantiks insgesamt anziehen. Unterstützend wirkt neben dem Konsum auch eine weiter solide Investitionstätigkeit der Unternehmen, nicht nur im Bereich KI.

Spätestens, wenn in den USA die Black Week beginnt, ist jedem klar, dass Weihnachten sich mit großen Schritten nähert. Die Rabattschlacht in der Woche vor dem letzten Freitag im November läutet das Weihnachtsgeschäft ein, der Einzelhandel reibt sich angesichts der zahlreichen Geschenkekäufer die Hände. Das mag in Europa nur in gedämpftem Maße der Fall sein, doch jenseits des Atlantiks brummt der Konsummotor in dieser Zeit besonders laut. Dieses Jahr bildet da trotz der selbstverursachten wirtschaftlichen Probleme in den USA – Stichwort Handels- und Migrationspolitik – keine Ausnahme. Die Einzelhandels- und Online-Shopping-Umsätze legten nach ersten Schätzungen am Black Friday selbst noch stärker zu als im Jahr davor. Erstmals spielten auch KI-gestützte Einkaufsservices eine Rolle bei den Kaufentscheidungen.

Konsum bleibt Wachstumsstütze       

Noch liegen wegen des mehrwöchigen Government Shutdowns keine Zahlen für die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts im dritten Quartal vor. Die Volkswirte von Union Investment gehen jedoch davon aus, dass der private Konsum um drei Prozent gegenüber dem Vorquartal gewachsen sein sollte. Der Konsum in den USA ist und bleibt also solide, auch wenn er sich im vierten Quartal etwas abschwächen dürfte. Im Jahr 2026 ist aber sowohl bei Konsum als auch bei der Konjunktur insgesamt mit einer höheren Dynamik zu rechnen. Unterstützung kommt unter anderem von der Kaufkraft, da die Kerninflation von derzeit rund drei Prozent auf etwa 2,5 Prozent zurückgehen sollte. Damit liegt sie zwar immer noch über dem Ziel der US-Notenbank Federal Reserve (Fed), doch der Kaufkraftentzug lässt nach, die Menschen haben mehr Geld im Portemonnaie. Der private Konsum trägt also weiter und dürfte im kommenden Jahr um knapp zwei Prozent steigen. Das ist für die USA kein überbordendes Wachstum, aber angesichts der selbstgemachten Probleme ordentlich.


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Auch die Lohndynamik sollte in der Tendenz im kommenden Jahr eher wieder etwas zu- als abnehmen, weil die Migrationspolitik für einen Mangel an Arbeitskräften in Sektoren wie der Landwirtschaft und dem Bau sorgt. Es ist nicht auszuschließen, dass die Regierung in Washington versuchen wird, hier gegenzusteuern, indem sie die Einwanderungsbestimmungen wieder lockert. Das bleibt aber abzuwarten. So oder so sollte der Arbeitsmarkt stabil bleiben, auch wenn die Beschäftigungsentwicklung laut der Daten des Arbeitsmarktdienstleisters ADP im November leicht rückläufig war. Mut macht die anhaltend geringe Anzahl der Erstanträge auf Arbeitslosengeld (Jobless Claims). Konsum und Konjunktur sollten also 2026 in Summe gut oder sogar etwas besser weiterlaufen. Das gilt aber nur für die oberen und mittleren Einkommensschichten. Bei den Haushalten mit geringen Einkommen läuft der Konsum sehr schleppend, sie stehen aber auch nicht einmal für zehn Prozent des gesamten privaten Konsums in den Vereinigten Staaten (K-shaped Recovery).         

Einkaufsmanagerindizes zuletzt uneinheitlich

Einige Konjunkturindikatoren fielen zuletzt etwas schwächer aus. Das sollte jedoch ähnlich wie bei den Arbeitsmarktdaten nicht überbewertet werden. So ging der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe (ISM Manufacturing) im November überraschend leicht zurück. Hier blieb dieDiskrepanz zum Markit PMI, die sich Anfang 2025 aufgetan hat, bestehen. Dieser war zuletzt deutlich positiver. Das entspricht eher unserem Bild: Wir rechnen nach dem moderaten Wachstumstempo der zweiten Jahreshälfte 2025 mit einer etwas anziehenden Dynamik. So verbesserte sich der ISM Services-Index für Dienstleistungen im November leicht – ebenfalls entsprechend unseres Bilds und entgegen den Markterwartungen.

Geldpolitik weniger fundamental getrieben

Die US-Geldpolitik sollte sich im kommenden Jahr unter dem politischen Druck aus dem Weißen Haus etwas lockerer entwickeln, als es aus fundamentaler Sicht – also mit Blick auf Arbeitsmarkt und Inflation – angemessen wäre. Die Fed hat im Dezember die Zinsen zum dritten Mal in Folge gesenkt. Wir erwarten in der zweiten Jahreshälfte 2026 zwei weitere Zinssenkungen. Das unterstützt zwar das Wirtschaftswachstum, ist für uns aber fundamental nicht gerechtfertigt und reflektiert eine graduelle Aushöhlung der Unabhängigkeit der Fed. Die Amtszeit von Jerome Powell als Chef der US-Notenbank endet im Mai 2026. Donald Trump hat als möglichen Nachfolger bereits einen seiner Favoriten in Stellung gebracht: Kevin Allen Hassett. Der Wirtschaftswissenschaftler steht aktuell an der Spitze des National Economic Council und ist damit einer der wichtigsten Berater Trumps in Sachen Wirtschaftspolitik. Zuletzt verdichteten sich die Zeichen, dass er die Nachfolge des von Trump ungeliebten, weil zu unabhängigen Powell antreten dürfte. Unter einem neuen Chairman dürfte die Fed im kommenden Jahr damit eine expansivere Geldpolitik verfolgen. Basierend auf der derzeitigen wirtschaftlichen Lage sehen wir das Leitzinsniveau etwa 50 Basispunkte unter dem neutralen Zins.

Konjunkturdynamik zieht 2026 an

Insgesamt bleibt das Bild unserer Experten für die wirtschaftliche Entwicklung der größten Volkswirtschaft der Welt konstruktiv. Die Konjunktur jenseits des Atlantiks dürfte sich 2026 im Vergleich mit dem laufenden Jahr sogar leicht verbessern – trotz der selbst verursachten Probleme durch die Regierungspolitik in Washington. Das Wachstum dürfte dank des privaten Konsums und solider Investitionen anziehen, der Preisdruck etwas sinken. Ein limitierender Faktor bleibt das Arbeitskräfteangebot, falls das Weiße Haus nicht bei der Migrationspolitik gegensteuert. Die langfristigen Auswirkungen einer weniger unabhängigen Geldpolitik bleiben dabei abzuwarten.

Autor Gregor Eder ist Senior Economist bei Union Investment.

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