Versicherungsverband will Provisionen begrenzen

Diese Nachricht dürfte Versicherungsvermittler gehörig aufschrecken: Aus einem Schreiben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) an Mitgliedsunternehmen geht laut „Süddeutscher Zeitung“ hervor, dass sich der GDV für eine Provisionenbegrenzung bei Lebensversicherungen einsetzen will.

Wie die SZ in ihrer heutigen Ausgabe berichtet, will die Versicherungswirtschaft die nächste Bundesregierung dafür gewinnen, ähnlich wie in der privaten Krankenversicherung bereits der Fall, eine Höchstgrenze für Provisionszahlungen bei Lebens- und Rentenversicherungen einzuführen.

Hiobsbotschaft für Großvertriebe

Bei vielen Vertriebsorganisationen dürfte die GDV-Initiative mit Bestürzung aufgenommen werden. So seien die vorgeschlagenen Höchstgrenzen so knapp bemessen, dass sie vor allem Großvertriebe wie DVAG, MLP, oder Swiss Life Select in ernsthafte Schwierigkeiten bringen dürfte, heißt es in dem Bericht.

Für eine kurzfristige Stellungnahme gegenüber Cash.-Online waren die genannten Unternehmen zunächst nicht zu erreichen. MLP-Sprecher Jan Berg betonte allerdings gegenüber der SZ, dass man es für falsch halte, „so in die Märkte einzugreifen. Die Beratungsqualität hängt nicht von der Höhe der Provisionen ab.“

Kritik kommt auch vom Verband Unabhängiger Finanzdienstleistungs-Unternehmen in Europa (Votum): „Mit gutem Grund unterscheiden sich die Vergütungen im Markt, weil sich auch die Beratungs- und Betreuungsleistungen der freien Finanzvermittler in Qualität und Umfang von gebundenen Vertrieben unterscheiden“, sagt Lüder Mehren, Vorstandsvorsitzender von Votum.

Obergrenze von vier Prozent im Gespräch

Laut SZ erhalten Großvertriebe heute regelmäßig über fünf Prozent der Beitragssumme als Provision, in der Spitze sogar bis zu sieben Prozent. Ein möglicher Deckel würde die Auszahlung an Vermittler auf 3,5 bis vier Prozent reduzieren, bei einer Heraufsetzung der „Stornohaftung“ von fünf auf zehn Jahre – so sieht es ein Vorschlag einer GDV-Arbeitsgruppe vor.

Ein Alternativ-Vorschlag sieht laut SZ eine Obergrenze von zwei bis 2,5 Prozent vor, bei Erhalt der fünfjährigen Haftungszeit. Weitere zwei Prozent soll es über die gesamte Laufzeit des Vertrages geben.

Auch unabhängige Versicherungsmakler müssten im Falle einer Deckelung auf Einnahmen verzichten. Diese erhalten nach SZ-Angaben rund 4,5 Prozent bis 4,8 Prozent der Beitragssumme als Provision, bei freien Handelsvertretern, die nur für eine Gesellschaft tätig sind, beträgt die Provision 2,6 Prozent. Mehrfachagenten erzielen demnach rund 3,5 Prozent – so dass ein Deckel keine Auswirkungen auf sie hätte.

GDV will auf Niedrigzinsphase und Entwicklungen im Ausland reagieren

Mit der Forderung nach einer gesetzliche Regelung wolle der GDV auf die aktuelle Niedrigzinsphase reagieren, heißt es weiter. So sei man sich im Verband einig, dass abgeschlossene Verträge auch bei einem Garantiezins von nur einem Prozent nach zehn Jahren die eingezahlten Beiträge „wieder einspielen“ sollten. Derzeit liegt der Garantiezins bei 1,75 Prozent – eine baldige Senkung durch die nächste Bundesregierung ist allerdings wahrscheinlich.

Votum-Chef Mehren will die Niedrigzinsphase allerdings nicht als Begründung gelten lassen: So seien Vermittlervergütungen kein „Steinbruch“ für die Versicherer, „um die wegen der niedrigen Kapitalmarktzinsen schwachen Renditen aufzubessern“. Die Arbeit des Vermittlers müsse leistungsgerecht vergütet werden, so Mehren weiter. Nur wenn das Geschäftsmodell der Vermittlung auskömmlich sei, könne der Vermittler auch für Qualität sorgen.

Darüber hinaus fürchtet die Versicherungswirtschaft, dass die neue Bundesregierung dem Beispiel einiger europäischer Länder nacheifern könnte. So sind den Niederlanden, in Großbritannien und in mehreren skandinavischen Ländern Provisionen auf Lebensversicherungen und andere Altersvorsorgeverträge gänzlich verboten. Dort erhalten Berater vom Kunden ein Honorar, das sich nach der Beratungszeit bemisst. Der GDV will nun gewissermaßen die Flucht nach vorn ergreifen und von sich aus eine Obergrenze anbieten – wie die Sache ausgehen wird, bleibt offen. (lk)

Foto: Shutterstock

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