Warum die EZB-Entscheidung für Bauzinsen kaum eine Rolle spielt

Jörg Utecht
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Jörg Utecht, Vorstandsvorsitzender der Interhyp Gruppe

Die EZB hält die Leitzinsen stabil, doch für Bauherren bedeutet das keine Entlastung. Warum die Notenbankentscheidung kaum Wirkung zeigt und was Kreditnehmer jetzt beachten sollten.

Die Europäische Zentralbank hat entschieden, die Leitzinsen unverändert zu lassen. Für den Immobilienmarkt hat dieser Beschluss jedoch kaum praktische Auswirkungen. Bauzinsen orientieren sich nicht am Leitzins, sondern an den Entwicklungen am Kapitalmarkt, die zuletzt eine andere Richtung eingeschlagen haben.

„Wir beobachten häufig ein Missverständnis: Viele Kundinnen und Kunden gehen davon aus, dass die Entwicklung der Leitzinsen einen direkten Einfluss auf die Bauzinsen hat. Die Bauzinsen werden aber vielmehr von den Renditen der Pfandbriefe und zehnjährigen Bundesanleihen beeinflusst. Und die sind zuletzt spürbar gestiegen. Immobilienkredite werden dadurch teurer“, sagt Jörg Utecht, CEO der Interhyp Gruppe.

Entsprechend haben sich die Bauzinsen in den vergangenen Wochen wieder nach oben bewegt. Für zehnjährige Darlehen nähern sie sich der Marke von vier Prozent, einem Niveau, das zuletzt Ende 2023 erreicht wurde.

Der Hintergrund liegt in der Refinanzierung der Banken. Immobilienkredite werden überwiegend über den Pfandbriefmarkt finanziert. Pfandbriefe gelten als ähnlich sicher wie Staatsanleihen und entwickeln sich daher eng entlang der Renditen von Bundesanleihen.


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Diese Renditen sind zuletzt deutlich gestiegen. Gründe dafür sind unter anderem die geplante staatliche Neuverschuldung sowie eine Inflation, die sich weiterhin über der Marke von zwei Prozent hält. Für Banken verteuert sich damit die Refinanzierung, was sie unmittelbar an Bauherren und Käufer weitergeben.

Die Entscheidung der EZB spielt in diesem Mechanismus nur eine untergeordnete Rolle. Selbst bei stabilen Leitzinsen können Bauzinsen steigen, wenn sich die Kapitalmarktrenditen nach oben bewegen.

Auch der Blick nach vorn verspricht wenig Entlastung. Führende Vertreter der EZB stellen Zinssenkungen in absehbarer Zeit nicht in Aussicht. Am Markt wird für 2026 teilweise sogar über mögliche leichte Anhebungen diskutiert.

Für Bauzinsen bedeutet das eine anhaltend angespannte Lage. „Die erste Jahreshälfte 2026 wird voraussichtlich keine Entlastung bringen“, prognostiziert Utecht. „Unsere Empfehlung ist daher: Wer eine konkrete Immobilie im Auge hat, sollte schnell aktiv werden. Gerade jetzt kommt es darauf an, alle Möglichkeiten zu nutzen, um die Zinslast so gering wie möglich zu halten: Dazu gehört eine detaillierte Vorbereitung ebenso wie eine gut strukturierte Finanzierung. Wer so aufgestellt ist, kann schnell agieren. Abwarten ist in diesem Marktumfeld keine gute Strategie.“

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