US-Immobilien: Wie vom Nordkap bis zur Stiefelspitze

Foto: Smarterpix
Das Kapitol in Washington, Herzkammer der US-Demokratie. Unweit davon baut BVT 386 Wohnungen.

Der plötzliche Zinsanstieg ab Frühjahr 2022 hat auch den US-Immobilienmarkt einschließlich Mietwohnungsbau durcheinandergewürfelt, wenn auch zunächst etwas anders als in Deutschland. Doch nun zeichnet sich eine Trendwende bei Wohnungen ab – jedenfalls in Teilen des riesigen Landes.

Die USA sind ein Land der Gegensätze – nicht nur in Bezug auf die politische Polarisierung. Der riesige Staat erstreckt sich über mehrere Klima- und Zeitzonen, vielfältigste Naturräume und eine Bevölkerungs- und Gesellschaftsstruktur, die in den einzelnen Landesteilen höchst unterschiedlich ist. Das prägt auch das Thema „Wohnen“.

Einerseits gibt es die ländlichen Bereiche mit Farmern, Kleinstädten, entsprechend großzügigen Häusern und unendlich viel Land. Auf der anderen Seite stehen die Metropolen, vor allem an der Ost- und Westküste: Riesige Vorstädte mit Einfamilienhäusern so weit das Auge reicht, in der Mitte die Wolkenkratzer der Central Business Districts, aber auch schmuddelige Straßenschluchten zwischen Hochhäusern in Wohnvierteln, die oft als Kulisse für Filme oder TV-Serien dienen und vielfach die Vorstellung vom Leben in einer US-Großstadt prägen.

Ein weiteres Segment ist wohl weniger bekannt: Hochwertige Mehrfamilienhäuser, sogenannte Class-A-Gebäude. Auch bei diesen Luxusimmobilien handelt sich in Regel um Mietwohnungen. Während bei Einfamilienhäusern Eigentum dominiert, spielen Eigentumswohnungen in den USA kaum eine Rolle. So sind nach der Statistik der National Association of Home Builders (NHAB) 2024 in den USA insgesamt 608.000 Wohneinheiten in Mehrfamilienhäusern aller Klassen fertigstellt worden, davon 95 Prozent (580.000) zur Vermietung.

Class-A-Gebäude sind dabei kaum mit dem typischen Mietwohnungsbau in Deutschland vergleichbar, sondern weitaus hochwertiger. So hat die BVT Unternehmensgruppe unlängst mit drei ihrer Investmentgesellschaften eine Projektentwicklung mit 386 geplanten Class-A-Apartments in Bethesda, Maryland, angekauft und will sie mit dem Projektpartner NRP Group aus Cleveland, Ohio realisieren. Das Bauvorhaben rund 13 Meilen nordwestlich vom Zentrum der Hauptstadt Washington D.C. sieht Gemeinschaftseinrichtungen wie Swimmingpool, Fitnessstudio, Hunde-Spa, Home-Working- und Loungebereiche vor. Besonderheit: Das Parkhaus mit 450 Stellplätzen befindet sich im Kern des Gebäudeensembles und von jeder Wohnung ist der Stellplatz auf der jeweiligen Etage zu erreichen.

Für den Zeitpunkt der geplanten Fertigstellung werden „nahezu ideale Marktbedingungen“ für die Vermietung prognostiziert, so BVT. Der vor Ort verfügbare Wohnungsbestand ist demnach stark limitiert, es bestehe nur ein geringer Leerstand. Zudem sei der Baustart neuer Projekte seit der im Jahr 2022 eingeleiteten Leitzinserhöhung der US-Notenbank Fed und der 2023 vom Montgomery County deutlich verschärften Neubauauflagen stetig zurückgegangen. Auch die Anzahl der insgesamt im Bau befindlichen Wohnungen zeige mittelfristig einen Abwärtstrend. Der herrschende Nachfrageüberhang dürfte sich demnach bis zum geplanten Vermietungsstart Ende 2027 entscheidend verschärfen, so BVT. 

Damit ist die Region dem landesweiten Trend etwas voraus. Denn anders als in Deutschland stieg in den USA nach dem Jahr 2022 die Zahl der Fertigstellungen von Wohnungen in Mehrfamilienhäusern zunächst deutlich an und erreichte 2024 einen Höchststand. Das führte zu einem durchaus spürbaren Leerstand an Wohnungen, wobei die verfügbaren Marktdaten dazu unterschiedlich sind. Nach einem Bericht von Cushman & Wakefield stieg die landesweite Leerstandsrate bis zum vierten Quartal 2024 auf 9,2 Prozent und ist seitdem leicht rückläufig. Das Multi Family Research Center des Baufinanzierers Freddy Mac nennt hingegen für das dritte Quartal 2024 eine Belegungsrate von insgesamt 94,4 Prozent (also lediglich 5,6 Prozent Leerstand). 

Die Immobilienberatung CBRE berichtet für die 69 Städte, die von dem Unternehmen beobachtet werden, ebenfalls von einem Anstieg des Leerstands auf rund 5,6 Prozent – bis Anfang 2024. Anschließend ist die Rate dieser Untersuchung zufolge bis zum zweiten Quartal 2025 spürbar auf nur noch 4,1 Prozent gefallen. Seit Frühjahr 2024 ist die Absorbtion von Wohnungen wieder über die Zahl der Fertigstellungen gestiegen. So wurden im zweiten Quartal 2025 laut CBRE lediglich 83.000 Einheiten fertiggestellt, aber 188.000 vom Markt absorbiert. 

Die durchschnittlichen Monatsmieten pro Einheit wiederum sind bis Ende 2022 deutlich angestiegen und verlaufen seitdem seitwärts, zuletzt mit etwas steigender Tendenz. Die Kaufpreise hingegen sind Freddy Mac zufolge seit ihrem Höchststand Mitte 2022 neun Quartale in Folge gesunken und in diesem Zeitraum laut RCA um insgesamt fast 20 Prozent gefallen. Der Preisrückgang habe sich jedoch abgeflacht und betrug im dritten Quartal 2024 lediglich 1,0 Prozent. Dabei ist die Zahl der Einheiten im Bau erstmals seit 2017 wieder unter 500.000 gefallen. Es zeichnet sich also ab, dass das Angebot bald knapper wird. 

Allerdings: Die landesweiten Zahlen können allenfalls generelle Trends aufzeigen. Die Entwicklung in den einzelnen Regionen und Städten des riesigen Landes ist, soweit in den Marktberichten angegeben, teilweise höchst unterschiedlich. Dazu kommen die lokalen Eigenheiten. So dürfte es einen meilenweiten Unterschied machen, ob eine Investition zum Beispiel in Seattle oder in Miami vorgenommen wird. Damit ist nicht nur die riesige geografische Distanz von über 3.000 Meilen (fast 5.000 Kilometer) zwischen diesen beiden US-Städten gemeint, die etwa der Strecke von Nord-Norwegen bis an die Stiefelspitze Italiens entspricht. Auch die Unterschiede sowohl der regionalen Gegebenheiten als auch der Mentalitäten dürften in beiden Fällen ähnlich gewaltig sein.

Dieser Artikel ist Teil des EXKLUSIV US-Immobilien in Kooperation mit BVT. Alle Artikel des EXKLUSIV finden Sie hier.

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