Der Erstmarkt ist die Basis für den Zweitmarkt. Das ist eine Binsenweisheit. Doch wieviele geschlossene alternative Investmentfonds (AIFs) für Privatanleger gibt es überhaupt in Deutschland? Ganz genau weiß das wohl niemand. Maximal sind es 323. Das jedenfalls ist die Zahl der Publikums-AIFs, die von Finanzaufsicht BaFin laut ihren Jahresberichten seit der Regulierung des Marktes Mitte 2013 bis Ende 2024 insgesamt zugelassen wurden.
Im Schnitt sind das keine 30 neuen Fonds pro Jahr, vermutlich sogar spürbar weniger. Denn in der Summe enthalten sind offenbar auch einige Altfonds, die nachträglich an die neue Gesetzeslage angepasst werden mussten. Zudem sind einzelne der genehmigten Fonds dann doch nicht in den Vertrieb gegangen oder später rückabgewickelt worden, und die Zahl der Publikums-AIFs, die bereits regulär wieder aufgelöst wurden, ist unbekannt; immerhin ist 2013 inzwischen zwölf Jahre her.
So ist davon auszugehen, dass es insgesamt kaum mehr als 250 bis 270 noch bestehende Publikums-AIFs gibt, die nach 2013 platziert wurden. Vor der Regulierung durch das KAGB war das die Größenordnung der Neuemissionen eines einzelnen Jahres – mindestens. Eine Belebung der Aktivität ist indes weiterhin nicht in Sicht, eher im Gegenteil. Tiefpunkt war 2022. In dem Jahr genehmigte die BaFin gerade einmal neun neue Publikums-AIFs, 2023 waren es immerhin 18, ein Jahr später 20 Fonds. Es geht also allenfalls im Schneckentempo voran.
Weiterhin rund 4.500 geschlossene Fonds gelistet
Doch wer glaubt, damit trockne auch der Zweitmarkt für geschlossene Fonds allmählich aus, liegt falsch – bislang jedenfalls: Bei der Fondsbörse Deutschland sind weiterhin rund 4.500 geschlossene Fonds gelistet. So steht es auf der Website. Die Fondsbörse differenziert im Suchfilter nicht nach AIFs und den sogenanten Altfonds aus der unregulierten Ära. Bei einer Stichprobe finden sich in der Fondsliste aber bei allen aktiven Anbietern auch deren Publikums-AIFs, wenn auch nicht in jedem Fall alle bisherigen Fonds und zum großen Teil ohne Umsatz in den vergangenen zwölf Monaten. Insgesamt sind die regulierten Produkte damit durchaus im Zweitmarkt angekommen, sie machen aber noch immer nur einen winzigen Teil des Handels aus.
Doch wie lange reicht der Bestand an Altfonds noch für einen funktionierenden Zweitmarkt? „Diese Frage haben wir uns auch schon vor zehn Jahren gestellt und sehen heute dennoch einen sehr aktiven Zweitmarkt für die sogenannten Altfonds“, antwortet Jan-Peter Schmidt, Bereichsvorstand der Fondsbörse Private Markets. Dafür sieht er unterschiedliche Gründe. Zum einen sei der Bestand an ursprünglich platzierten Altfonds weiterhin sehr hoch, zumal insbesondere im Immobilienbereich, auch aufgrund der schwierigen Marktphase, nur wenige Assets verkauft und damit die Fonds nicht aufgelöst wurden. Somit sind sie weiterhin handelbar. Zum anderen sei der Zweitmarkthandel eines Fondsanteils keine einmalige Transaktion.
Vermehrt aktiver Zweitmarkthandel
„Wir sehen vermehrt bisherige Käufer am Zweitmarkt, die ihre Anteile über uns wieder in den Markt geben und damit die Grundlage für einen aktiven Zweitmarkthandel schaffen“, berichtet er. Eine konkrete Zahl, wie lange der Bestand an Altfonds noch für einen funktionierenden Zweitmarkt reicht, könne insofern nicht seriös genannt werden. „Daher gehen wir, auch aufgrund der Erfahrung der letzten zehn Jahre, davon aus, dass wir auch in den nächsten zehn Jahren einen funktionierenden Zweitmarkt für geschlossene Publikumsfonds haben werden“, prognostiziert Schmidt.
Zur aktuellen Lage am Zweitmarkt berichtet er: „Man merkt, dass es wechselhafte Zeiten an den Kapitalmärkten sind. Sowohl in unserer Zweitmarktsparte für geschlossene Publikumsfonds als auch in unserer Sekundärmarktsparte für institutionelle Spezial-AIF kommt es zu mehr Aktivität.“ Die große Verunsicherung der Zinswende und nach der US-Wahl sei „verraucht“, die Marktteilnehmer wollten ihre Portfolios neu strukturieren. „Gewinner realisieren, Verlierer aussortieren, neue Chancen wahrnehmen. Da treffen sehr unterschiedliche Mentalitäten zusammen: die konservativen Bewerter, die ihre Schäfchen ins Trockene bringen wollen, und die opportunistischen Investoren, die sich für die nächsten Marktphasen neu aufstellen wollen“, so Schmidt.